Ein Beschäftigungsangebot – verschiedene Reaktionen. Für Beschäftigungsangebote für Menschen mit Demenz gibt es kein Rezept! In diesem Artikel möchte ich auf folgende Punkte aufmerksam machen: Die Ziele von Beschäftigungsangeboten, Auswahlkriterien für Beschäftigungsangebote und eine Orientierungen zum Umgang mit den Kranken.
Ziele von Beschäftigungsangeboten
- Kein „Lernen“ (Erwerb oder Wiedererlangen von Fähigkeiten)
- Vorhandene Fähigkeiten möglichst lange erhalten
- Kein greifbares Ergebnis (z. B. schön gebasteltes Produkt)
- Tagesstruktur, Abwechslung, Normalität
- Energien lenken, gegebenenfalls brachliegende Fähigkeiten aktivieren: „Der Weg ist das Ziel“
Ziele von Beschäftigungsangeboten
- Erfolge vermitteln: „Ich kann noch etwas!“
- Soziale Erfahrung erlebbar machen: „Ich gehöre dazu!“ (zu einer Gruppe, einer Person)
- Das „Selbst“, die Identität des Kranken stärken, Erfahrung vermitteln: „Ich bin noch jemand!“
Der/die Betroffene soll sich möglichst positiv erfahren und sich wohlfühlen!
Auswahlkriterien für Beschäftigungsangebote
- Einfach
- Erfolgversprechend
- Möglichst vertraute Tätigkeit, biografieorientiert
- Jahreszeitlich orientiert
- „Produkt“ sollte verwendbar sein (z. B. Geschenk, Geschenkpapier, Dekoration)
- Kein Gedächtnistraining im Sinne von Üben
- Keine Angst vor Wiederholungen
- Eigener Zugang zu einem Beschäftigungsangebot: Erwachsen-Sein achten!
- Materialauswahl: Vorsicht bei Kleinteilen, handlich, ungiftig. „Nur wer motiviert ist, kann auch motivieren“.
Orientierungen zum Umgang – allgemein
- Von vorne ansprechen, Blickkontakt
- Freundlichkeit, bewusster Einsatz von Körpersprache
- Langsam und deutlich sprechen, Worte bei Bedarf
- Kurze Sätze, möglichst nur eine Aufforderung
- Zeit lassen (Gestik, Mimik, Haltung, Stimme) wiederholen, nicht zu laut reden Arbeitsabläufe in Teilschritte untergliedern
- Möglichst wenig Fragen stellen (möglichst keine W-Fragen, Fragen, die mit ja oder nein beantwortet werden können)
- In Entscheidungen einbeziehen
- Nicht bevormunden, nicht korrigieren
- Gewähren lassen, möglichst keine Grenzen setzen
- Nicht in Anwesenheit der Betroffenen über sie reden
Orientierungen zum Umgang
- Setting beachten: Unterschied zwischen den Möglichkeiten in der Gruppe oder bei der Einzelbetreuung
- Angstvermeidende, freundliche, akzeptierende Atmosphäre
- Tagesverfassung/Leistungskurve beachten, flexibel sein: „Jeder Nachmittag ist ein Abenteuer“
- Mit Ritualen, wiederholenden Elementen arbeiten (z. B. eine Beschäftigung pro Tag zur gleichen Zeit, mit bestimmtem Anfang/Schluss)
- Dauer der Beschäftigung (begrenzte Konzentrationsfähigkeit)
- Den Betroffenen Demenzerkrankten motivieren, aber niemals zu sehr drängen oder gar zwingen, etwas zu tun
- Das Tempo des Kranken beachten! Warten können!
- Tätigkeiten einleiten, vormachen
- Versuchen, ihn/sie in irgendeiner Weise zu beteiligen, z. B. indem er/sie etwas hält, eine Farbe aussucht
- Durch das Gespräch mit einbeziehen
- Ideen der Kranken aufnehmen, bestätigen, damit umgehen
- Nicht unterfordern, nicht überfordern
- Leistungen des Kranken anerkennen, angemessen loben
Möglichkeiten der Beschäftigung
- Spiele (v. a. solche, die von Kindheit an vertraut sind)
- Vorlesen, Erzählen
- Künstlerisch-kreative Aktivitäten, Bastelangebote
- Mit Sprache, Schrift, Überlieferung umgehen
- Regelmäßige Spaziergänge
- Sitzgymnastik mit Hintergrundmusik: Rhythmen begleiten
- Sitzgymnastik mit verschiedenen Materialien (z. B. Bälle, Luftballons, Koosh-Bälle, Tennisringe, Chiffontücher, Gymnastikreifen)
- Bewegungsspiele, z. B. Kegelspiel, Ringwurfspiel
- Tanzen: Sitztänze, Standardtänze
Musik als „Königsweg“ zum Demenzkranken
- Bekannte Lieder singen (Gitarren-, Klavierbegleitung)
- Liederbücher mit Großdruck (auch als Einzelbeschäftigung)
- Religiöse Lieder bei religiösem Hintergrund
- Vertraute Musik hören –gezielt einsetzen!
- Lieder zum Mitmachen
- Einsatz von Musik-und Rhythmusinstrumenten
Alltagsnahe/lebenspraktische Tätigkeiten
- Hauswirtschaftliche Tätigkeiten, z. B.: Arbeiten mit Wolle, Wolle wickeln
- Bürotätigkeiten: z. B. Papier lochen und ordnen lassen
- Handwerkliche Tätigkeiten, z. B.: kochen (Obstsalat, Gemüsesuppe, Nachtisch), backen, putzen, Geschirr spülen, bügeln, Wäsche zusammenlegen
- Arbeiten mit Holz (z. B. Holz sägen, schmirgeln, Laubsägearbeiten) Umgang mit Werkzeug, Sortieren von Nägeln und Schrauben
Erinnerungspflege
- Mit Hilfe von Gegenständen aus früherer Zeit erzählen und Fotoalben anschauen
- Ein Lebensbuch (Erinnerungsalbum) erstellen
- Fokus: was erinnert die/den Erkrankten aktuell noch
- Hilfe für die biografieorientierte Betreuung
- Hilfe, dem fortgeschritten Erkrankten einen Teil seiner Geschichte zu bringen
- Eine Erinnerungskiste anlegen, erinnern, z. B. alte Kaffeemühle, Bücher mit Sütterlinschrift
Spiele (v. a. von Kindheit an vertraute)
- Gesellschaftsspiele (Spezialanfertigungen): Mensch ärgere dich nicht, Dame, Mühle, Malefiz, Mikado
- Würfelspiele, Kartenspiele, Ratespiele usw.
- Generell gilt: Spielregeln variieren, anpassen
- Weitere Spiele: Sprichwortkarten (Schriftgröße!), Wollknäuel mit Süßigkeiten usw.
Sinneserfahrungen und Berührung
- Gewürze riechen, besprechen, erinnern, erraten lassen, basteln
- Tasten: Gegenstände im Sago- oder Kirschkernbad suchen
- Bilder anschauen (wichtig: klare Konturen, Größe, Farben)
- Massagen z. B. mit Igelbällen oder mit „Willy“, Handmassage
- Berührung, vor allem im fortgeschrittenen Stadium , oder in einem Waschlappen fühlen
Künstlerisch-kreative Aktivitäten, Bastelangebote
- Malen, Umgang mit Farben
- Verschiedene Techniken, z. B. Nass-in-Nass-Technik, Klatschbilder, Seidenmalerei, Mandalas ausmalen
- Ausschneidearbeiten (Dekoration)
- Knülltechnik (Krepppapier-Böppele)
- Landkarten
- Flechtboy
- Kumquats-Puppen
- Last but not least: autonome Beschäftigungen Demenzkranker:
Ideen, Kreativität und die Lust am Ausprobieren müssen als „sinnvolles Tun“ anerkannt werden
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