Beeinflussen Zinsen die Aktienkursentwicklung?

Häufig ist zu hören, dass niedrige Zinsen für die Entwicklung von Aktienkursen gut seien, steigende Zinsen eher schlecht. Daher wird den Aktivitäten der Notenbanken bei Zinsentscheidungen immer besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Doch welche Zusammenhänge bestehen grundsätzlich zwischen Aktienkursentwicklung und Zinsentwicklung?

Nahezu weltweit sind die Zinsen auf historische Tiefstände gesunken. Nach Ansicht vieler Experten ein Umfeld, das gut ist für die
Aktienkursentwicklung. Denn niedrige Zinsen machen Anlageformen wie Spar- oder Festgelder und Anleihen seit längerem extrem unattraktiv. Selbst Anleihen mit langen Laufzeiten von 10 und mehr Jahren werfen vor Steuern oft weniger als 2,5% Rendite ab.

Nach Steuern und Abzug der Inflation ist die Rendite meist komplett aufgezehrt. Und wer auf Festgelder und Co. mit Minizinsen von 0,1 – 0,5 % setzt, verliert definitiv Geld. Auf der Suche nach höher verzinslichen Alternativen wenden sich Anleger daher verstärkt dem Aktienmarkt zu. Denn hier gibt es viele Unternehmen, die weitaus höhere Zinsen (in Form von Dividenden) anbieten.

Niedrige Zinsen sind gut für die Aktienkursentwicklung

Qualitätstitel, etwa aus der Pharma-, Finanz- oder Konsumbranche, rentieren sich vielfach immer noch mit Werten um die 3 – 3,5 % vor Steuern. Und die Chance, dass man als Anleger künftig mehr erlöst, etwa weil die Firmen mehr verdienen und die Ausschüttungen anheben, haben Aktienbesitzer im Gegensatz zu Besitzer von fest verzinslichen Anleihen auch noch.

Natürlich besteht immer das Risiko, dass die Dividendenzahlung bei rückläufigen Gewinnen gekürzt oder vollständig gestrichen wird. Dies ist häufig bei europäischen und v.a. deutschen Unternehmen üblich. Viele amerikanische, kanadische und auch englische Unternehmen setzen hingegen eher auf Dividenden-Kontinuität und versuchen, die Auszahlungen stabil zu halten oder sie sogar noch kontinuierlich zu steigern.

Wie hohe Zinsen die Aktienkursentwicklung beeinflussen

Die Zinsentwicklung ist noch aus einem anderen Grund für die Entwicklung von Unternehmen und Aktienkursen wichtig: Die Firmen können sich leichter bzw. billiger verschulden, mit den neuen Krediten ihr Geschäft weiter ankurbeln und die Gewinne steigern. Damit erhöht sich aus Sicht der Anleger die Wahrscheinlichkeit, dass die Kurse und Dividendenzahlungen vieler Unternehmen weiter steigen und damit wird die Aktienanlage noch attraktiver.

Steigen die Zinsen hingegen, werden Spargelder, Anleihen und Co. gegenüber Aktien wieder attraktiver und Aktionäre verkaufen einen Teil ihrer Papiere, wenn die Zinsen für Festverzinsliche anziehen. Ein wesentlicher Vorteil von Anleihen ist schließlich, dass die Zinszahlungen so gut wie garantiert sind, außer der Begeber der Anleihe wird insolvent.

Bei Unternehmen hingegen ist die Dividendenentwicklung zumindest grundsätzlich unsicherer. Und natürlich verteuern sich die Kredite für Unternehmen, sie verschulden sich tendenziell weniger und das kann Auswirkungen auf das Geschäft haben.

Die Kernfrage, die sich potenziellen Anlegern nun stellt, ist die, wie sich die Zinsen in den kommenden Monaten und Jahren entwickeln werden. Zwar kann das niemand wirklich verlässlich vorhersagen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen deutlich steigen, ist eher gering.

Denn Politik und Notenbanken haben ebenfalls ein erhebliches Interesse an niedrigen Zinsen, da sie ja weltweit riesige Schuldenberge angehäuft haben, für die sie Zinsen zahlen müssen. Schon ein Zehntel- oder Viertelpunkt Zinsanhebung würde zu enormen Mehrbelastungen der Staatshaushalte führen, was keine Regierung gerne sehen würde.