Anlagestrategien: Kaufen Sie Aktien immer so, als würden Sie die ganze Firma kaufen

Gewiss, früher war bestimmt nicht alles besser! Aber einige alte Erfahrungen lassen sich locker 1:1 auf unser modernes "Daily Life" übertragen. Oft liegt der Wert solcher Lebensweisheiten nur darin, dass man sich Fehler ersparen kann, die andere bereits vor uns gemacht haben. Das ist bisweilen sehr kapitalschonend und gilt besonders für den Umgang mit Aktien. Auch dort gibt es klassische, sehr hilfreiche Grundsätze, die aus Erfahrung gut sind. Viele von der Baisse hart gebeulte Anleger werden das mittlerweile kleinlaut bestätigen müssen.
Benjamin Graham (1894 – 1976), der "Dean of Wall Street", ist beispielsweise einer dieser zeitlosen Gurus des Kapitalismus, auf den selbst moderne Analysten trotz fortgeschrittener, mathematischer Modelle und modernster Charttechnik immer noch gerne schielen. Der gebürtige Brite, der in den wilden 20-er Jahren den Job in einem Brokerhaus an der Wall Street einem Lehrstuhl für Literatur, Philosophie und Mathematik an der berühmten Columbia University vorzog, gilt als Vater der modernen Aktienanalyse. Er war Vorbild für Investment-Legenden wie Warren Buffett, Mario Gabelli, John Neff, Michael Price und John Bogle.
Seine Bücher, von denen insbesondere "Security Analysis" (1934) und "The Intelligent Investor" (1949) auch heute noch für Profis als Standardwerke gelten, haben weltweit Hunderttausende von Anlegern fasziniert.

Aber was macht Graham zum "Evergreen"? Es ist vor allem die Mischung aus konservativen und spekulativen Strategien, seine überlegene Gesamtsicht und seine scheinbar einfachen Ansprüche, die er an Qualität und Preiswürdigkeit eines Wertpapiers legt.

Ein ganz simpler Grundsatz von Benjamin Graham ist beispielsweise: "Kaufen Sie eine Aktie, als würden Sie das ganze Unternehmen kaufen". Eine andere Anlage-Weisheit: "Kaufen Sie niemals Aktien, nur weil diese gerade gestiegen oder gefallen sind". Für den "Dean of Wall Street" war es immer von großer Wichtigkeit, beim Kauf von Papieren den Gesamtmarkt im Auge zu behalten. Seine Überzeugung: "Auch in einem teuren Markt gibt es Sonderangebote und umgekehrt in einem billigen Markt teure Aktien."

Anfängern gibt Graham mit auf den Weg, sich zunächst auf die Qualität zu konzentrieren und nur Standardwerte mit langjährigen Gewinnaussichten zu kaufen. Wie er überhaupt den Grundsatz vertritt, man sollte im Aktiengeschäft nicht nach schnellem Gewinn streben, sondern Unternehmen suchen, deren Aktien man auch das ganze Leben lang halten könnte.

In diesem Punkt hat allerdings die Wirklichkeit den Klassiker inzwischen überholt, wenn man an die milliardenschweren Merger und Akquisition der letzten Jahre und das oft willkürlich manipulierte Schicksal klangvoller und im Kern gesunder Konzerne denkt. Wer hätte beispielsweise noch vor einigen Jahren gedacht, dass der stolze Mannesmann-Konzern, in dem Generationen von nicht minder stolzen "Mannesmännern" geschafft haben, einmal Vodafon heißen würde? Was ist aus dem ehedem stolzen Baukonzern Philipp Holzmann geworden? Eine verlässliche, lebenslange Garantie – wo gibt es die noch?