Angststörungen richtig differenzieren

Es gibt zahlreiche Angststörungen, die im diagnostischen Schema der International Classification of Diseases (ICD) genannt werden. Welches sind die bekanntesten Krankheitsbilder und wie differenzieren Sie diese bei Ihren Patienten?

Ängste können sich auf eine klar umschriebene Situation (z.B. durch einen Tunnel fahren) oder auf eine Klasse von Situationen (z.B. Prüfungen) beziehen oder aber weniger konkret beschreibbar sein. Manche Befürchtungen gehen auch mit einem Vermeidungsverhalten einher, sodass Betroffene versuchen, Angstauslöser zu meiden.

Spezifische Phobien

Bei einer spezifischen Phobie ist die Angst auf eine klare angstauslösende Situation oder ein Objekte gerichtet, mit dem bestimmte Befürchtungen verbunden sind. Charakteristisch sind etwa Tierphobien, Höhenangst, Ängste vor engen Räumen oder eine Spritzenphobie.

Bei Patienten können Sie solche spezifischen Ängste daran erkennen, dass diese bestimmten Situationen ein starkes Unbehagen verursachen, sodass Betroffene die Situationen nur mit großer Anspannung ertragen oder sie soweit möglich vermeiden. Wenn ein Patient es also immer wieder vermeidet, beispielsweise Treppen zu steigen oder sich in engen Räumen aufzuhalten, können das Anzeichen entsprechender Ängste sein. Fragen Sie dabei genauer nach, warum der Patient sich so verhält.

Panikstörung differenzieren

Die Panikstörung ist durch das Auftreten von Panikattacken geprägt. In diesen Momenten erleben Betroffene eine sehr starke Angst, die meist nur wenige Minuten anhält, aber teilweise als lebensbedrohlich wahrgenommen wird. Hier treten körperliche Symptome, wie Herzrasen, Schwitzen, Benommenheit und Schwindel oder Zittern auf. Häufig ist das Anspannungsniveau generell erhöht, sodass entsprechende Angstattacken häufiger auftreten bzw. auch scheinbar grundlos in Erscheinung treten.

Dies erkennen Sie bei Ihren Patienten daran, dass diese immer wieder Momente der Hyperventilation erleben, verbunden mit Herzrasen oder Todesangst, dass medizinisch aber keine Ursache festzustellen ist. Hier kann die Überweisung an einen Verhaltenstherapeuten sinnvoll sein, der mit den Betroffenen Strategien gegen die Panik trainiert.

Soziale Phobie und Agoraphobie

Die Soziale Phobie umfasst Ängste über die eigene Wirkung in sozialen Zusammenhängen. Betroffene haben Sorge, sich peinlich oder unangemessen zu verhalten und daher von anderen negativ beurteilt zu werden. Die Folge dieser Befürchtung ist eine starke Unsicherheit anderen gegenüber sowie ein deutlich gehemmtes Verhalten.

Soziale Ängste können Sie daran erkennen, dass Betroffene extrem schüchtern erscheinen und soziale Situationen meiden. Sie können die Patienten aber schrittweise an Gruppensituationen heranführen, etwa durch Übungen (andere etwas fragen, vor anderen sprechen), bis die Angst sich verringert.

Bei der Agoraphobie hingegen treten häufig Panikattacken auf, also eine starke, anfallsartige Angst. Dabei fürchten Patienten, bei einem Panikanfall ohnmächtig zu werden und keine Hilfe zu erhalten bzw. bei körperlichen Reaktionen (Erbrechen, Zittern, Umfallen) sich aus der momentanen Situation nicht befreien zu können.

Wenn Sie bemerken, dass einer Ihrer Patienten sich immer nur in einer seiner Meinung nach sicheren Umgebung aufhält, kann das ein Anzeichen sein. Fragen Sie den Betroffenen nach den Gründen für das Verhalten. In diesem Fall ist ebenfalls die Überweisung an einen Psychologen oder Psychiater denkbar.

Differenzieren Sie die Angststörungen!

Je nachdem, von welcher Angststörung ein Patient betroffen ist, können Sie mit unterschiedlichen Therapiemaßnahmen gegensteuern. Bei spezifischen Phobien sowie der sozialen Phobie und Agoraphobie kann häufig eine psychotherapeutische Konfrontationstherapie sinnvoll sein. Auch Entspannungstechniken können aber eine Erholung erleichtern, etwa wenn – wie manchmal bei einer Panikstörung – eine deutliche innere Unruhe vorhanden ist.

Neben der Behandlung durch Psychologen und Psychiater können also auch Sie den Betroffenen helfen. Führen Sie gemeinsame Entspannungsübungen durch – Anleitungen dazu finden Sie online oder auch auf den Webpages der Krankenkassen. Achten Sie zudem darauf, die Ängste ernst zu nehmen (kein „Das ist doch nicht so schlimm“), aber Ihren Patienten dennoch nicht den Mut zu nehmen. Dabei können Sie auf Therapiemöglichkeiten verweisen und Kontakte zu entsprechenden Mitbehandlern herstellen.

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