Alzheimerkranke: Tipps für die Kommunikation

Alzheimerkranke sind für uns manchmal schwer zu verstehen. In der heutigen Welt nimmt die Anzahl an alzheimerkranken Menschen stetig zu. Doch bevor wir uns zu kommunikationsfähigen Demenzbetreuern weiterbilden, sollten wir uns über eine einfache Entscheidung klar werden: Wir wollen den Stress abbauen, sowohl bei den Pflegenden als auch bei Menschen mit Demenz.

Umdenken ist bei der Kommunikation mit Alzheimerkranken notwendig

Stress abzubauen ist nicht ganz einfach. In diesem Fall heißt es, dass dynamische Prozesse, bewährte Muster der Kommunikation verändert werden müssen. Es heißt, sich selbst zu verändern und bereit zu sein, die eigene Wahrnehmung der Welt neu zu formulieren.

Diese Entscheidung zu treffen, bedarf eines festen Willens und großer Überzeugung. Man muss sie sich immer wieder vor Augen führen, immer wieder neu darüber nachdenken und sich der Konsequenzen bewusst werden, damit der Wunsch nach Veränderung durch die innere Überzeugung wahr wird.

Das müssen wir bei der Kommunikation mit Alzheimerkranken verstehen

Das ist es, was wir grundsätzlich verstehen müssen: Unsere Sicht der Wahrheit unterscheidet sich oft völlig von der Wahrheit des Alzheimerkranken. Schauen Sie sich selbst einmal kritisch an, was passiert, wenn eine alzheimerkranke Person Ihnen etwas sagt, von dem sie überzeugt ist, Sie aber meinen, das sei unwahr oder nicht richtig.

Wie reagieren Sie? Was fühlen Sie, wenn das geschieht? Verbessern Sie die Person? Einen alzheimerkranken Menschen davon überzeugen zu wollen, dass er etwas nicht richtig sieht, ist ein Kampf gegen Windmühlen. Bei diesem Kampf verlieren Sie Kraft und alles was Ihnen gut tut. Das Resultat ist Stress, Ärger, Angst. Früher oder später müssen Sie sich entscheiden, ob Sie dies in Zukunft so wollen oder ob sie einen anderen Weg gehen wollen.

Das Ziel bei der Kommunikation mit Alzheimerkranken

Ich habe oft beobachtet, wie eine Person, die an Alzheimer leidet, gleich nach dem Essen schon wieder Hunger hat. Du machst sie darauf aufmerksam, dass sie gerade eben gegessen hat und dass sie keinen Hunger haben kann. Doch das nützt nichts. Im offenen Atelier unserer kunsttherapeutischen Seniorenheime ist dies etwa so vorgekommen: Eine Bewohnerin erzählt mir, dass sie in ihr Zimmer muss, da sie sonst bestohlen wird.

Ich sage ihr wiederholt, dass das Zimmer angeschlossen ist und sie den Schlüssel bei sich trägt, also nichts passieren kann. Dabei wird sie immer ärgerlicher, bald ist die Frustrationsgrenze erreicht. Dann wird mir plötzlich klar: Sie wird nicht in der Lage sein, einzusehen, was für mich logisch ist. Ich bin es, die meine eigene Wahrnehmung von der Situation verändern muss.

Wir können einen alzheimerkranken Menschen nicht zur Einsicht bringen, wenn er diese „Spur“ hat, dann gibt es keinen Ausweg über Logik, Erklärung oder Argumente. Zudem kann es Jahre dauern, bis er aufhört, darüber zu reden. Besonders, wenn wir diesen Menschen lieben, aber auch im Arbeitsfeld, frustriert es uns sehr, ihn wieder und wieder auf dieser Spur zu erleben, ohne eine effektive Lösung anbieten zu können.

Was ich glaube, was wahr ist und was die alzheimerkranke Person glaubt, was wahr ist, sind oft zwei völlig gegensätzliche Wahrheiten. Wir hören und sehen das gleiche verrückte Verhalten immer und immer wieder.

Alternativen bei der Kommunikation mit Alzheimerkranken

Gibt es eine Alternative? Erstens werden wir einsehen müssen, dass das, was für uns nicht wahr ist, für den Alzheimerkranken durchaus die Wahrheit sein kann. Es ist seine Wahrheit.

Für uns ist es nicht einfach dies anzunehmen, aber notwendig. Es ist die Welt des Alzheimer und wir müssen sie nicht fürchten. Nach meiner Erfahrung tritt Erleichterung ein, wenn ich bereit bin, von meiner Wahrheit loszulassen und akzeptiere, dass es für uns beide verschiedene Wahrheiten gibt. Ich muss den Alzheimerkranken nicht von meiner Wahrheit überzeugen.

Ich muss den Alzheimerkranken, der bereits in einer anderen Welt lebt, nicht in meine Welt zurück bringen. Ich muss für mich entscheiden, ob ich in der Lage bin, mir eine Art Mechanismus anzueignen, der mir Halt gibt, auch wenn ich mich mit Menschen umgebe, deren Wahrnehmung von der Welt oft unberechenbar und völlig konträr zu dem ist, woran ich mich bisher mein Leben lang gehalten habe. Das ist nämlich nicht einfach. Es könnte das Schwierigste überhaupt sein.

Definieren Sie den Begriff „Realität“ neu

Wenn wir uns dafür entschieden haben, dann beginnt ein Prozess, in dem wir den Begriff „Realität“ neu für uns definieren. Jetzt können wir anfangen, mit Alzheimerkranken zu kommunizieren, denn wir sind bereit, ein Stück in ihre Welt einzutreten. Wir haben nun eine neue Basis für eine menschliche Kommunikation.

Wenn der alzheimerkranke Bewohner mir heute erzählt, dass er bestohlen werden könnte, dann nehme ich dies ernst und versuche, für Schutz zu sorgen. Der Bewohner fühlt sich sofort verstanden und vertraut mir, anstatt ins Zimmer zurückzulaufen.

Diese Art, den Bewohner ernst zu nehmen und ihm das Gefühl zu geben, dass er beschützt ist, ist recht anspruchsvoll, besonders wenn sich der Vorgang mehrmals täglich wiederholt. Ich darf dieses Ernstnehmen nicht spielen, sondern wirklich immer wieder auch ernst meinen, denn die alzheimerkranke Person spürt sehr direkt, ob ich authentisch bin oder ihr etwas vormache.

Also muss ich wirklich immer wieder bereit sein, in ihre Wahrheit einzusteigen. Das bewirkt jedoch ganz deutlich weniger Widerstand und mehr Geborgenheit von Seiten des alten Menschen. Ohne Spannung und Widerstand passiert es zudem oft, dass sich Verhalten auch verändert, sodass wir dazu kommen, zusammen etwas anderes zu machen. Es entsteht ein neuer Raum.

Für diesen Moment gibt es weniger Konflikt, weniger Spannung, mehr Freude. Dies sollte das Ziel sein: in der Lage sein, sich so konstruktiv, positiv und effektiv mit einem alzheimerkranken Menschen zu unterhalten, dass wirklicher Austausch spürbar wird. Möglich ist es!

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