Alternative Wohnform Demenzdorf – Vorteile und Kritikpunkte

Um demenzkranken Menschen mehr Schutz und Freiraum im Alltag zu bieten, werden zunehmend alternative Wohnformen geschaffen. Relativ neu sind Demenzdörfer, die speziell an die Bedürfnisse der Bewohner angepasst sind. Was können Demenzdörfer bieten und welche Nachteile haben sie?

Ähnlich wie betreute Wohngemeinschaften sollen Demenzdörfer ihren Bewohnern die Möglichkeit bieten, sich trotz ihrer geistigen Einschränkungen freier zu bewegen, jedoch ohne den Gefahren eines üblichen Stadtviertels ausgesetzt zu sein. Im ersten Demenzdorf Deutschlands bei Hameln, das sich an einem niederländischen Modell orientiert hat, stehen vier Villen zur Verfügung, in denen bis zu 13 Personen in einer betreuten Gemeinschaft leben können.

Was bietet das Leben in einem Demenzdorf?

Jedem Bewohner steht ein eigenes Zimmer mit Bad und einer Grundausstattung zur Verfügung, das mit eigenen Möbeln ergänzt werden kann. In der Wohnküche mit anschließender Terrasse werden die Demenzkranken mit Mahlzeiten versorgt. Dort können sie sich auch zum Klönen treffen. Ein Sinnesgarten soll den Bewohnern interessante Erlebnisse bieten, zum Beispiel durch Windspiele, Trimmgeräte oder eine Vogelvoliere. Ein Naschgarten mit Hochbeeten und Obstbäumen hält leckere Früchte bereit.

Alltag im Demenzdorf

Der Alltag gleicht einem normalen Leben: Es wird geputzt, gekocht, gebacken und gewaschen. Ein kleiner Markt steht für Einkäufe zur Verfügung. Jeder Bewohner hilft so gut er kann mit. Sogenannte Präsenzkräfte sorgen dafür, dass niemand überfordert wird, und helfen, wo es nötig ist. Das Konzept sieht einen besonders liebevollen Umgang mit viel Zeit für die Bewohner vor, daher arbeitet reichlich Personal im Dorf. So kann jeder Einzelne besser betreut werden.

Mehr Freiheit für Demenzkranke

Der Tagesablauf wird – anders als in Pflegeheimen – weitgehend von den Bewohnern bestimmt. Wer morgens gern ausschläft und spät zu Bett geht, kann im Demenzdorf seinen gewohnten Rhythmus beibehalten. Die familiäre Atmosphäre spricht nicht nur Demenzkranke, sondern auch ihre Angehörigen an. Wer sein Familienmitglied nicht mehr zu Hause pflegen kann, möchte ihn in einer menschenfreundlichen Unterkunft optimal versorgt wissen. Das Demenzdorf wird diesen Ansprüchen gerecht.

Kritik am Demenzdorf

Wohnen und Betreuung in Deutschlands erstem Demenzdorf ist nicht billig, daher können sich nur gut betuchte Demenzkranke und deren Familien die Unterbringung leisten. Auch der Zaun, der die Dorfanlage und seine Bewohner schützen soll, wird von Außenstehenden kritisiert. Er hätte einen Gefängnischarakter, zumal im Dorf kein Bus hält, mit dem man in die nächstgelegenen Orte fahren könnte. Angehörige sehen dies anders, denn sie wissen, wie gefährlich es ist, wenn ihre demenzkranken Familienmitglieder heimlich weglaufen. Sie sind froh, dass die Bewohner in Sicherheit leben können. 

Bedenken werden auch gegen die Abschottung der Demenzkranken von einer realen Umgebung mit unterschiedlichen Alters- und sozialen Schichten geäußert. Ob ein Demenzdorf wirklich als Ghetto betrachtet werden kann, kommt auf den Standpunkt an. Schließlich leben in Pflegeheimen auch nur alte und kranke Menschen, deren Alltag hier einem strengen Zeitplan unterworfen ist. Die Bewohner eines Demenzdorfes können mithilfe einer Begleitung die Anlage durchaus verlassen, um einen Ausflug zu machen oder einzukaufen.

Informieren Sie sich auch, wann eine Unterbringung im Pflegeheim sinnvoll ist.