Kursziele von Analysten sollen den Börsenkurs ausdrücken, der dem sogenannten "inneren Wert" der Aktie in einer vorgegebenen Zeitspanne, z. B. ein halbes Jahr, entspricht oder entsprechen soll. Der innere oder faire Wert eines Unternehmens wird im Rahmen der Fundamentalanalyse berechnet und gemessen. Die Fundamentalanalyse basiert auf der Analyse und Bewertung betriebswirtschaftlicher Daten und der voraussichtlichen Entwicklung des Unternehmensumfeldes.
Ein zentraler Aspekt des Prozesses ist die Bilanzanalyse. Hier werden die erreichten finanziellen Größen eines Unternehmens, z. B. Gewinn, Cashflow und Eigenkapitalanteil untersucht. Auf Basis der Analysen werden wichtige Kennzahlen zur Unternehmensbewertung abgeleitet. Bekannte Kennzahlen sind das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) oder das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Ergibt die Analyse z. B., dass ein Unternehmen ein KGV (aktueller Kurs/Gewinn) von z. B. 10 erreicht und liegt der Branchenschnitt bei 15, ist das Unternehmen relativ zur Branche günstig bewertet.
Übersetzt bedeutet ein KGV von 10, dass man als Anleger den Preis (Kurs) einer Aktie in zehn Jahren über den Gewinn "zurückverdient" hat, auch wenn der Gewinn in der Regel nicht vollständig als Dividende zurückfließt. Je höher das KGV, desto länger dauert es, bis der Kurs durch den Gewinn "zurückfließt", desto teurer also das Unternehmen und umgekehrt. Aus diesen und anderen Kennzahlen und Untersuchungen versuchen Analysten einen realistischen Kurs für die Aktien eines Unternehmens abzuleiten, eben den Zielkurs.
Dem (potenziellen) Anleger soll er Orientierung geben und z. B. sagen, dass das Unternehmen statt aktuell 100 Euro eigentlich 120 Euro wert ist.
Der Anleger kann also durchaus Aktien von diesem Unternehmen kaufen. Auch der umgekehrte Fall ist denkbar. Wenn der Kurs einer Aktien 100 Euro beträgt und nur über einen inneren Wert von z. B. 80 Euro verfügt, das Unternehmen ist also weniger wert, als der Kurs wiederspiegelt. Hier sollten Anleger also überlegen, ob es nicht besser ist, die Aktie zu verkaufen.
Das Problem bei der Aktienanalyse ist, dass eine absolut zuverlässige Prognose in der Regel kaum möglich ist. Häufig sind die Annahmen der Analysten ungenau oder Schlussfolgerungen sind nicht korrekt. Zudem beruht die Bilanzanalyse auf den Daten der Vergangenheit und möglicherweise gibt es Entwicklungen in der Unternehmensumwelt, die ein Analyst nicht ausreichend gewürdigt hat oder mangels Kenntnissen nicht würdigen konnte.
Auch marktpsychologische Faktoren, z. B. eine nicht vorhersehbare Änderung im Verhaltens- und Kaufmuster von Kunden, können Einfluss auf den Aktienkurs haben, sind aber zum Zeitpunkt der Analyse unter Umständen noch nicht erkennbar. Nicht zuletzt können gravierende externe Entwicklungen, z. B. Wirtschaftskrisen oder Kriege dazu beitragen, dass sich Kurse komplett anders entwickeln als gedacht. Und je nach Hintergrund und gemachten Erfahrungen interpretieren Analysten die ihnen vorliegenden Zahlen und Fakten anders als es Kollegen tun.
Somit kann z. B. ein Analyst zu dem Ergebnis kommen, dass der Zielkurs einer Aktie 100 Euro beträgt, wohingegen ein anderer den Kurs bei 110 Euro sieht, und der Dritte einen Wert von 90 Euro als realistisch erachtet. Und Kursziele beziehen sich häufig nur auf kurze Zeiträume von bis zu einem Jahr.
Langfristanleger mit einem Anlagehorizont von 10 und mehr Jahren sollten daher Kursziele nur am Rande betrachten und ihnen nicht zu viel Bedeutung beimessen. Für Langfristanleger sollten andere Faktoren eine Rolle spielen, z. B. die Kurs-, Gewinn- und Dividendenentwicklung über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren, die Verständlichkeit und Sicherheit des Geschäftsmodells oder dass ein Unternehmen in einem großen Index vertreten ist.