Tipps für eine strukturierte Pflegeanamnese

Der Pflegeanamnese kommt eine richtungsweisende Funktion im Rahmen der Pflegeprozessgestaltung zu. Gut strukturierte Anamnesebögen können das Gelingen diesen Prozess unterstützen. Im Ergebnis zeichnet sich ein nachvollziehbares und umfassendes Bild von den Bedürfnissen und dem Verhalten des Bewohners ab.

Pflegeanamnese im Rahmen des Pflegeprozesses

Im Rahmen der Pflegeprozessplanung ist die Pflegeanamnese neben der Pflegediagnostik dem Schritt des Pflegeassessments zuzuordnen.

  1. Pflegeassessment (Pflegeanamnese und Pflegediagnostik)
  2. Pflegeplanung (Ziele und Maßnahmenbeschreibung)
  3. Implementierung (Durchführung und Dokumentation der Leistungen)
  4. Evaluation (Überprüfung und Auswertung)

Vorrangiges Ziel der Anamnese ist es, ein möglichst vollständiges und umfassendes Bild des Bewohners zu erhalten. Im weiteren Verlauf sollen im Pflegeprozess biografische Details berücksichtigt werden und zum Verständnis von Charakter und Persönlichkeit des Bewohners beitragen.

Darüber hinaus dient die Pflegeanamnese zur Vorbereitung eines bewohnerorientierten Pflegeplans. Im Rahmen des ersten Schrittes der Pflegeplanung unterstützen viele Erhebungsbögen und Checklisten das Assessment mit dem Ziel, Pflegediagnosen stellen zu können.

Der Erhebungsbogen

Die Erhebung biografischer und pflegerelevanter Daten zur Neuvorstellung des Bewohners sowie die Vorbereitung der Pflegeplanung geschieht sinnvollerweise auf der Grundlage eines Biografiebogens und eines Pflegeanamnesebogens. Beide Bögen bilden eine Einheit und sind Checkliste und Dokumentationsgrundlage in einem. Viele Anamnesebögen orientieren sich an den Lebensaktivitäten.

Ergebnisse der Anamnese

Im Ergebnis lassen sich aus der Pflegeanamnese folgende Aufgaben, Maßnahmen oder Erkenntnisse ableiten:

  1. Hilfebedarf des Bewohners (Abhängigkeitskontinuum, Selbstpflegedefizite)
  2. Besondere pflegerelevante Risiken oder Probleme (Erforderliche Prophylaxen)
  3. Ärztliche Anordnungen und behandlungspflegerische Erfordernisse (Wundbehandlung, Medikamentengabe, etc.)
  4. Aussagen zur Lebensgeschichte und den Grund der Heimaufnahme
  5. Erste Beschreibungen darüber, wie der Bewohner den Heimeinzug erlebt und welche Wünsche oder Ziele er für sich formulieren kann
  6. Erste Beschreibungen zum Verhalten und mögliche Gründe (Deutungen) für herausforderndes Verhalten (Probleme)

Ablauf des Gesprächs

Bereits im Zuge eines Heimeinzugsgesprächs oder eines Hausbesuchs in der Umgebung des Bewohners vor Heimeinzug lassen sich vielfältige Informationen über den Bewohner sammeln. Zwar kann ein eigens entwickelter Biografiebogen diesen Schritt beschleunigen, aber er ersetzt nicht immer die persönliche Kommunikation mit dem Bewohner oder Angehörigen.

Der Anamnesebogen dient im Erstgespräch bei der Aufnahme als Checkliste und Dokumentationsgrundlage. Er unterstützt die systematische Beobachtung des Bewohners.

Auf der Grundlage der erhobenen Daten wird der neue Bewohner der Folgeschicht während der Übergabe vorgestellt. Die Bögen werden dem, für die Pflegeplanung verantwortlichen, Bezugspflegenden oder in deren Abwesenheit der zuständigen Bereichspflegenden übergeben.

Die Betreuungsmitarbeiter sammeln weitere biografische Details und vervollständigen den Biografie- und Pflegeanamnesebogen und nehmen bei relevanten biografischen Daten Kontakt mit der verantwortlichen Pflegefachkraft auf.

Besonders wichtige Daten

Folgende Daten sollten ebenfalls im Rahmen des Assessments möglichst rasch erhoben werden:

  • Norton oder Braden Skala (Dekubitusgefahr)
  • Gewicht und Größe (BMI)
  • Sturzrisikofaktoren
  • Kontrakturengefahr insbesondere bei Immobilität
  • Trinkverhalten (Trinkprotokoll)
  • Kontinenzprofil
  • Schmerzverhakten und -äußerungen
  • Relevante Vitalwerte: BZ, RR, Puls
  • Selbstständigkeit bzw. Hilfebedarf
  • Hilfsmittelerfassung
  • Liste des Bewohner-Eigentums

Der Pflegeplan

Ein Hilfe- bzw. Pflegeplan sollte bereits nach spätestens zwei Tagen Zeitkorridore und die Art und Weise der Pflege beschreiben. Im weiteren Verlauf können dann Pflegediagnosen gestellt oder im Rahmen einer Bewohnerbesprechung formuliert werden. Bei rein pflegetechnischem Handeln kann auf vorhandene Standards verwiesen werden.

Einbeziehung des Bewohners

Die Berücksichtigung des Erlebens im Hier und Jetzt sowie mögliche Wünsche und Ziele sollten in den Gesamtplan einfließen. Spätestens nach 14 Tagen sind alle pflegerelevanten Daten erhoben und ein erlebensorientierter Tagesstrukturplan ist erstellt.

Vorrangiges Ziel während der Einzugsphase sollte es sein, den Bewohner bei seiner Eingewöhnung und Orientierung in der neuen Umgebung zu unterstützen. Gleichzeitig kann ein gut strukturierter Beobachtungsbogen dabei helfen, die Wahrnehmung von Bedürfnissen und Gefühlen des Bewohners weiter zu verbessern. 

Nutzen Sie also die Anamnesebögen und tauschen Sie sich im Pflegeteam über Ihre Beobachtungen aus!