Sturz im Pflegeheim: Muss Ihre Einrichtung Schadensersatz zahlen?

In einem Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken (Az: OLG Zweibrücken 4U68/05) stellt das Gericht fest, dass wenn es durch Unachtsamkeit der Pflegerin zu einem Sturz am Waschbecken kommt, das Pflegewohnheim für den dadurch entstandenen Schaden haftet. Was bedeutet das für Ihre Einrichtung?

Pflegewohnheime bergen Tücken

Dem Urteil lag der Fall einer an schwerer Altersdemenz leidende Patientin zugrunde, die auf ihrem Zimmer in einem Pflegewohnheim gestürzt war, als ihre Pflegerin sie am Waschbecken stehen ließ, um den Toilettenstuhl bereit zu stellen.

Da die Pflegerin die inkontinente Frau vor dem Zubettgehen noch einmal auf einen im Zimmer bereitstehenden Toilettenstuhl setzen wollte, forderte sie diese auf, an dem neben der Zimmertür befindlichen Waschbecken stehen zu bleiben und sich an Haltegriffen neben dem Waschbecken festzuhalten. Anschließend wandte sich die Pflegerin um, um den Toilettenstuhl herbeizuholen. In diesem Moment stürzte die Ehefrau des Klägers auf den Boden.

Haftet ein Pflegewohnheim für Stürze?

Die Ehefrau des Klägers wurde durch diesen Sturz nicht unerheblich verletzt. Sie erlitt eine Oberarmfraktur und eine Schädelkontusion mit Gesichtsverletzung; sie musste sich deshalb im Krankenhaus einer Schädeloperation zur Ausräumung eines beidseitigen subduralen Hämatoms unterziehen, in deren Folge es zu beträchtlichen Komplikationen, Schmerzen
und lang anhaltenden, gesundheitlichen Beeinträchtigungen kam, die bis zu
ihrem Tode andauerten.

Sie erkrankte aufgrund eines Krankenhauskeims an
einer Lungenentzündung, die eine besondere Behandlung durch das
Medikament Vancomycin erforderlich machte, welches bei ihr zu einer
Niereninsuffizienz führte. Die Komplikationen bewirkten eine Bettlägerigkeit bis
zu ihrem Tode. Die lange Liegezeit hatte zur Folge, dass sie einen Dekubitus
am Steißbein und beiden Fersen erlitt.

Folgen von Stürzen für das Pflegewohnheim

Das Oberlandesgerichts Zweibrücken sah darin eine fahrlässige Unachtsamkeit der Pflegerin und somit eine Vertragsverletzung, für die auch das Pflegeheim
einzustehen hat. Auf Grund der besonderen Umstände durfte nicht darauf vertraut werden, dass die Patientin auch nur kurze Zeit ohne Hilfe sicher stehen bleiben konnte. Das maximale Sturzrisiko sei durch die Erkrankung und einen vorangegangenen Sturz im selben Jahr, der zu einer Oberschenkelfraktur geführt hatte, begründet gewesen.  

Sie hatte sich zuvor bei einem Spaziergang bei einem (ersten) Sturz in dem Pflegeheim eine mediale Oberschenkelfraktur rechts zugezogen, weshalb ihr im Krankenhaus eine Hüftkopfprothese implantiert worden war. Vor diesem Hintergrund musste das Pflegewohnheim besondere Sicherheitsvorkehrungen treffen.

Sturz im Pflegeheim – hartes Urteil

Das Oberlandesgericht Zweibrücken verurteilte das Pflegeheim zu Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 8000 Euro. Das OLG nahm eine Verletzung der Sorgfaltspflicht der Pflegerin an und damit gem. § 831, 832 BGB auch eine daraus folgende Schadensersatzpflicht.

Das Urteil sollte Pflegeheimen noch einmal dazu dienen, die Pflegekräfte auf ihre Sorgfaltspflicht hinzuweisen und ihnen klar machen, welche Folgen eine kurze Unachtsamkeit haben kann. Darüber hinaus sollten alle Arbeitsprozesse überprüft werden, die zu solchen Ereignissen führen können. Hierzu zählen insbesondere auch der Personalschlüssel und das Zeitbudget.