Pflegegeld und Pflegezeit: Das steht Ihnen zu

Über zwei Millionen Menschen werden derzeit in Deutschland in den eigenen vier Wänden von Angehörigen gepflegt, etwa von ihren Kindern oder Ehepartnern. Pflegegeld und Pflegezeit helfen, die Belastungen zu meistern. Lesen Sie hier, wie Sie alle Ansprüche bei Pflegefällen ausschöpfen.

Wer ist pflegebedürftig?

Eine chronische Krankheit, eine Behinderung oder zunehmende, schwerwiegende Alterserscheinungen können aus einer selbstständigen Person im Handumdrehen einen pflegebedürftigen Patienten machen. Doch wen bezeichnet man so? Als pflegebedürftig gelten alle Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen, alltäglichen Verrichtungen auf Dauer – voraussichtlich aber für mindestens sechs Monate – in erheblichem Umfang Hilfe von anderen benötigen.

Kommt also jemand nicht mehr ohne fremde Hilfe z. B. bei der Körperpflege oder beim Ankleiden aus, kann der Betroffene, ein Betreuer oder ein Bevollmächtigter einen Antrag auf Einstufung in eine Pflegestufe bei der zuständigen Krankenkasse stellen. Wichtig zu wissen: Nur den Haushalt nicht mehr alleine führen zu können, rechtfertigt noch keinen Pflegebedarf.

Pflegestufe legt Medizinischer Dienst fest

Die Beurteilung der Pflegesituation und Einstufung der Pflegebedürftigkeit übernimmt der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) im Rahmen eines Hausbesuchs. Der eigene Hausarzt reicht zur Einstufung der Pflegebedürftigkeit nicht aus. Unter besonderer Berücksichtigung der Kriterien Körperpflege, Ernährung und Mobilität stuft der MDK den Pflegebedürftigen in die Pflegestufen eins bis drei ein – oder schließt mit der Pflegestufe 0 die Pflegebedürftigkeit aus. Im Anschluss erfolgt ein entsprechender Bescheid der Krankenkasse.

Ein Beispiel: Pflegestufe eins wird erteilt, wenn der Betreffende pro Tag mindestens 90 Minuten lang Hilfe benötigt. Davon müssen mindestens 46 Minuten und zwei Verrichtungen auf die sogenannte Grundpflege entfallen – das sind alle körperbezogenen Tätigkeiten wie Körperpflege, Ernährung, Mobilität und bestimmte prophylaktische Maßnahmen. Hilfreich kann es sein, vor dem MDK-Hausbesuch etwa 14 Tage lang ein Pflegetagebuch mit genauen Angaben über Zeitaufwand und Art der Tätigkeiten zu führen.

Was tun bei Pflegestufe 0?

Der Hausbesuch zur Begutachtung und Beurteilung der Pflegesituation ist vorüber. Trifft wenig später ein ablehnender Bescheid der Pflegekasse ein, fühlen sich Betroffene vielleicht falsch eingeschätzt. Welche Schritte sind nun möglich, um sich gegen diese Entscheidung zu wehren?

Ist der Patient mit der Einschätzung der Pflegesituation unzufrieden, können er oder ein Angehöriger, Betreuer oder Bevollmächtigter innerhalb von vier Wochen Widerspruch gegen die Entscheidung des MDK einlegen. Daraufhin muss dieser erneut die Pflegebedürftigkeit prüfen. Bei einer weiteren Ablehnung hilft dann nur noch der Gang vor das Sozialgericht.

Pflegegeld beantragen

Ist vom MDK erst einmal eine Pflegebedürftigkeit festgestellt worden, beginnt die weitere Planung: Die Betroffenen sollen die Möglichkeit haben, selber darüber zu entscheiden, wie und von wem sie gepflegt werden wollen. Wer auf die Hilfe von Pflegediensten verzichten und stattdessen zu Hause von Verwandten versorgt werden möchte, kann das sogenannte Pflegegeld in Anspruch nehmen.

Dieses wird dem Pflegebedürftigen von der Pflegekasse überwiesen und ist für seine Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung aufzuwenden. Es kann auch an die betreuende Person als Anerkennung weitergegeben werden.

Wichtig: Wer Pflegegeld bekommt, muss sich mindestens zwei Mal jährlich von Mitarbeitern einer zugelassenen Pflegeeinrichtung auf Kosten der Pflegekasse zu Hause beraten lassen. Sinn der Beratung ist es, durch hilfreiche Tipps und Hinweise die Qualität und Sicherheit der häuslichen Pflege zu gewährleisten. Zur Gewährleistung einer optimalen Pflege können auch Pflegegeld und Sachleistungen, wie der Einsatz eines ambulanten Pflegedienstes, kombiniert werden. Diese Alternative entspricht dann der sogenannten Kombinationsleistung.

Pflegezeitgesetz zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege

Angehörige, die Familienmitglieder zu Hause pflegen, haben Anspruch auf eine Freistellung von der Arbeit. Dieser Anspruch wird in dem seit 2008 geltenden Pflegezeitgesetz geregelt und erleichtert seitdem die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege: So kann beispielsweise in akuten Situationen oder bei erhöhtem Pflegebedarf ohne Vorankündigung beim Arbeitgeber eine Freistellung von maximal zehn Tagen beantragt werden.

Wird eine längerfristige Freistellung nötig, kann der Arbeitnehmer einen Antrag auf die Pflegezeit einreichen. Pflegezeit bedeutet, dass pflegende Angehörige bis zu sechs Monate lang einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung von ihrer Arbeit haben. Die Pflegezeit muss dem Arbeitgeber zehn Tage vor Antritt schriftlich angekündigt und eine Bescheinigung der Pflegebedürftigkeit des Angehörigen vorgelegt werden. Voraussetzung: Der Arbeitgeber beschäftigt über fünfzehn Arbeitnehmer.

Wird die Pflegezeit genehmigt, hat der pflegende Angehörige das Recht, im Anschluss an diese Zeit zu denselben Arbeitsbedingungen wieder zurückzukehren. Seine beruflichen Entwicklungschancen bleiben ihm somit auch nach der Pflege erhalten.

Versicherungsschutz während der Pflegezeit

Ein besonderes Augenmerk sollte bei Beantragung der Pflegezeit dem Versicherungsschutz gelten. Denn: Die Sozialversicherungen des pflegenden Arbeitnehmers laufen während dieser Zeit nicht automatisch weiter. Besteht keine Familienversicherung, muss bei gesetzlich Krankenversicherten eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung abgeschlossen werden.

Voraussetzung für ein Fortlaufen der Rentenversicherung ist eine Mindestpflegezeit des Angehörigen von 14 Stunden in der Woche. In der Arbeitslosenversicherung bleibt der Pflegende pflichtversichert. Auf Antrag übernimmt die Pflegekasse die Kosten für den Mindestbeitrag für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung, unter Umständen für eine weiterlaufende private Krankenversicherung und den Beitrag für die Arbeitslosenversicherung.