Kontinenzprofile und Inkontinenzform richtig zuordnen

Kontinenzprofile sollen richtig zugeordnet und pflegerische Maßnahmen passend beschrieben werden. Ohne eine klare Zuordnung der relevanten Inkontinenzform ist dies wenig zielführend. Im Pflegealltag sind darüber hinaus von sechs Profilen in der Regel nur drei Profile handlungsleitend. Dieser Beitrag ermöglicht eine raschere Orientierung und zeigt, worauf Sie achten müssen.

Eingruppierung in Kontinenzprofile

Die Eingruppierung der sechs Kontinenzprofile fällt vielen Pflegekräften nicht leicht und trifft immer noch auf wenig Verständnis. Dies ist auch bei genauerer Betrachtung der Relevanz für die alltägliche Arbeit nachvollziehbar. Denn eigentlich sind für die Routinepflege nur drei der sechs Profile wirklich bedeutsam bzw. relevant.

Auch erscheint weniger das richtige Zuweisen eines Profils für das pflegerische Arbeiten und die Reflexion der getroffenen Maßnahmen bedeutsam, als vielmehr die Identifikation der entsprechenden Inkontinenzform auf der Basis einer Pflegediagnose oder der medizinisch-ärztlichen Diagnostik. Im Wesentlichen sind folgende Inkontinenzformen für den pflegerischen Alltag von Bedeutung:

  • Belastungsinkontinenz
  • Sensorische Dranginkontinenz
  • Motorische Dranginkontinenz
  • Überlaufinkontinenz
  • Extraurethrale Inkontinenz
  • Reflexinkontinenz

Im geriatrischen Kontext haben es Pflegende vor allen Dingen mit den ersten vier Formen der Inkontinenz zu tun.

Was ist Kontinenz?

Einige Maßnahmen gleichen aus, andere führen entweder zur Unabhängigkeit von Hilfe oder zur Kontinenz. Bei aufsaugender Inkontinenzversorgung wird die Inkontinenz lediglich durchgeführt, um Unannehmlichkeiten oder Folgeschäden zu vermeiden. Ähnlich verhält es sich bei der Katheterversorgung oder der Versorgung mittels Urinal.

Eine Ausnahme stellt der intermittierende Selbstkatetherismus dar, den vor allen Dingen querschnittsgelähmte Patienten vollziehen. Hingegen kann man von Kontinenz sprechen, wenn die Harnableitung oder die Miktion zu selbst bestimmten Zeiten an passenden Orten stattfinden kann.

Belastungsinkontinenz

Neben medikamentösen und operativen (medizinischen) Therapien bei der Belastungsinkontinenz basieren pflegerische Interventionen auf folgenden drei Säulen:

  • Beratung (Ursachen bekämpfen: Übergewicht, Obstipation, etc.)
  • Vorlagenversorgung
  • Anleitung (Beckenbodengymnastik)

Solange die Beratung und die kontinuierliche Beckenbodengymnastik nicht zu Erfolgen führt, also zu Kontinenz, wird es sich immer um eine Inkontinenzform handeln, die entweder durch Pflegekräfte oder den Betroffenen selbst (unabhängig) kompensiert werden muss.

Sensorische Dranginkontinenz

Hier handelt es sich häufig um die Folgen von Infekten oder Irritationen des Urogenitaltaktes zum Beispiel nach Entfernen eines transurethralen Katheters oder auf Grund anderer Ursachen. Die pflegerischen Hauptaugenmerke werden vor allem darin liegen

  • die medizinische Diagnostik zu stimulieren (z. B. durch Untersuchung des Urins)
  • die medikamentöse Behandlung zu unterstützen
  • die (meist vorübergehende) Dranginkontinenz durch Vorlagenversorgung zu kompensieren

In der Regel ist diese Form der Inkontinenz vorrübergehender Natur und erfordert je nach Patient den abhängigen oder unabhängigen Einsatz von Hilfsmitteln.

Motorische Dranginkontinenz

Als Folge bestimmter Gehirnabbauprozesse ist der motorischen Dranginkontinenz am besten durch ein erfolgreiches Toilettentraining zu begegnen, so dass von einer abhängig erreichten Kontinenz gesprochen werden kann. Werden die notwendigen Assessments (Miktionsprotokoll) nicht vollzogen und lediglich aufsaugend oder ableitend versorgt, handelt es sich um eine abhängig kompensierte Inkontinenz.

Überlaufinkontinenz

Bei der Überlaufinkontinenz handelt es meist um die Folge von (chronischen) Auslassobstruktionen im Bereich der unteren Harnwege. Auch hier ist die medizinische Diagnostik grundlegend und kann durch Pflegende stimuliert oder unterstützt werden. Die Bestimmung des Restharns durch Sonografie oder mittels Katheterismus ist Voraussetzung. Die Versorgung kann sowohl als aufsaugende, in schweren Fällen auch durch eine suprapubische Harnableitung erfolgen.

Bei einer Funktionellen Inkontinenz handelt es sich um eine abhängig erreichbare Kontinenz! Die motorischen (oder kognitiven) Selbstversorgungs-Defizite des Patienten oder Bewohners bedeuten eine Abhängigkeit bei eigentlich bestehender Kontinenz.

Pflegerische Maßnahmen bei Inkontinenz

  • Anlegen der Urinflasche zu verabredeten, erbetenen (Klingelruf) oder erschlossenen (Miktionsprotokoll) Zeiten
    Hilfe beim Transfer auf die Toilette oder den Toilettenstuhl
    jede Form der zeitnahen Unterstützung bei einsetzendem Harndrang!

Folgende Tabelle soll als Hilfestellung dienen, um die jeweilige Form der Hilfestellung oder Versorgung einem im Pflegealltag relevanten Kontinenzprofil zuordnen zu können.

Hilfsmittel / Maßnahmen

ja

ja

ja

Personelle Hilfe / Pflege

ja

nein

ja

Profil

Abhängig
kompensierte Inkontinenz

Unabhängig kompensierte Inkontinenz

Abhängig
erreichte
Kontinenz

Formen

Bei
Überlaufinkontinenz,
Belastungsinkontinenz, Dranginkontinenz

Bei Belastungsinkontinenz.
Überlaufinkontinenz,
Dranginkontinenz

Bei Funktioneller Inkontinenz:
Hilfe beim Transfer oder Anlegen der Urinflasche,
Toilettentraining

Aufsaugende Versorgung

Vorlagenversorgung durch Helfer

Selbstständige Vorlagenversorgung

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Ableitende
Versorgung

Katheterpflege und – wechsel,
Leeren des Urinbeutels, 
Anlegen eines Urinals

Urinalversorgung selbst

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