Werbebriefe – Der richtige Einstieg macht es

Die Grundregel eines Werbetexters besagt: 'Du sollst einen Brief mit einem Vorteil für den Kunden beginnen.' Trotzdem beginnen gerade einige der erfolgreichsten Werbebriefe aller Zeiten mit einer persönlichen und emotionalen Geschichte.

Der Brief für das "Wall Street Journal" des Texters Martin Conroy gilt als der erfolgreichste Brief der Welt: Der Text läuft seit 20 Jahren – und er hat in dieser Zeit für einen Umsatz von rund 1 Milliarde Dollar gesorgt. Die Übersetzung dieses erfolgreichsten Werbebriefs aller Zeiten lautet:


Diese Art, einen Brief anzufangen, ist entwaffnend und besänftigend. Nichts deutet auf eine Verkaufsabsicht hin. Der Leser hat keine Angst, dass er nun schon wieder zu etwas überredet werden soll oder dass ihm jemand ans Portemonnaie möchte.

Der Einstieg versetzt den Leser statt dessen in einen angenehmen Erwartungszustand. Er erwartet, dass der Brief ihm etwas Interessantes liefert, nicht, dass ihm etwas zum Kauf präsentiert wird.

Diese Erwartungshaltung macht es allerdings auch schwierig, den Einstieg erfolgreich zu meistern. Denn Sie wollen dem Leser ja nicht nur eine interessante Geschichte liefern, Sie wollen auch etwas verkaufen.
Deshalb müssen Sie auf einem eleganten Weg, der zu der Geschichte passt, zu Ihrem Angebot überleiten.
Im Idealfall deuten Sie die zentrale Idee des Briefs – Ihr Angebot und warum Ihr Kunde es so dringend benötigt – schon möglichst früh an. Im Beispiel des "Wall Street Journal" wird frühzeitig gesagt, dass Wissen für beruflichen Erfolg unabdingbar sei – und eben dieses Wissen liefert das Journal.
Hier sind noch zwei weitere Erfolgsbeispiele aus unterschiedlichen Branchen, die Ihnen zeigen, wie Sie einen wirkungsvollen Story-Einstieg für Ihren Brief finden:

“Es ist spät geworden. Ich bin müde, und meine brennenden Augen sagen mir: Es ist jetzt höchste Zeit, Feierabend zu machen.

Die letzten meiner Angestellten sind um 20 Uhr nach Hause gegangen. Meine Schreibtischlampe ist das einzige Licht, das noch brennt. Aber bevor auch ich nach Hause gehe, wollte ich Ihnen unbedingt noch diesen Brief schreiben und Sie um Hilfe bitten..”

Mit beinahe identischen Formulierungen im Briefeinstieg wird für eine Reihe von Wohltätigkeitszwecken geworben. In diesem Beispiel geht es um Spenden für eine Wohltätigkeitsorganisation.

“Lieber Geschäftsgründer,

es ist noch früh am Morgen, die Zeit, bevor Ihre Angestellten zur Arbeit kommen…

…Sie schließen die Tür zu Ihrem Büro auf, stellen die Alarmanlage ab und treten ein. Sie bleiben einen Moment stehen, um sich umzusehen.

Sie sind stolz auf das Unternehmen, das Sie ins Leben gerufen haben. Jede Büroklammer, jeder Schreibtisch, jede Schreibmaschine, die ganze Einrichtung, alle Autos, jeder Lkw gehört Ihnen (naja, vielleicht auch noch zum Teil der Bank)…

Aber es ist eben IHR Unternehmen. Und sein Erfolg beruht allein auf Ihren Fähigkeiten. Sie – und nur Sie – bestimmen, wo es langgeht.

Und außerdem können Sie wahrscheinlich – mit viel harter Arbeit – noch mehr Gewinn für sich herausholen – mehr jedenfalls, als Sie jemals machen würden, wenn Sie als treuer Mitarbeiter für eine andere Firma arbeiten würden.

Sie setzen sich hinter den Schreibtisch und machen es sich in Ihrem Sessel bequem. Der Tag kann beginnen…

Ihr Tag beginnt…”

In diesem Brief folgt das Angebot für ein Selbststudienwerk zum Thema "Small Business Management".

“Lieber Leser, vor 25 Jahren an einem herrlichen Nachmittag im Frühling bestanden zwei junge Männer am selben College ihre Abschlussprüfung. Sie waren sich sehr ähnlich: Beide waren überdurchschnittlich gute Studenten gewesen, beide sahen gut aus, und beide waren erfüllt von ehrgeizigen Zukunftsträumen – wie alle jungen College-Absolventen.

Kürzlich trafen sich die beiden beim 25jährigen Klassentreffen wieder.

Die beiden waren sich immer noch sehr ähnlich. Beide waren glücklich verheiratet. Beide hatten sie drei Kinder. Und beide, so stellte sich heraus, hatten nach Ihrem Examen bei derselben Firma angefangen und waren dort noch immer beschäftigt.

Allerdings gab es da einen Unterschied. Einer der beiden war Leiter einer kleinen Abteilung dieser Firma. Der andere war ihr Generaldirektor.

WAS DEN UNTERSCHIED AUSGEMACHT HAT

Haben Sie sich nicht auch gefragt – so wie ich -, was es sein mag, das solche unterschiedlichen Entwicklungen im Leben von Menschen bewirkt? Nicht angeborene Intelligenz, nicht Talent und Pflichtbewusstsein sind ausschlaggebend. Auch nicht, dass der eine sich den Erfolg intensiver gewünscht hat als der andere.

Der Unterschied liegt darin, was ein Mensch weiß und wie er mit diesem Wissen umgeht.

Und das ist auch der Grund, warum ich Ihnen und Menschen, die ähnlich denken wie Sie, heute über das "Wall Street Journal" schreibe. Denn das allein ist der Zweck des Journals: seinen Lesern Wissen zu vermitteln – Wissen, das sie im Geschäftsleben nutzen können…"