Authentisches Marketing – kein Trend, sondern Notwendigkeit

Ich liebe meinen Job, denn er ist meine Berufung. Doch das, was meine Berufung ist, steckt noch in den Kinderschuhen – authentisches Marketing. Es ist das neue Marketing, das die Menschen und seine Bedürfnisse in den Vordergrund stellt und nicht die Gewinne des Unternehmens. Das authentische Marketing lässt Hierarchien in Organisationen fallen, und dies nach innen und außen.

Das Marketing setzt heute auf Glanz, bearbeitete Fotos und magersüchtige Models, auf aufgeblasene Versprechen und unrealistische Welten. Die Produkte sehen glänzend aus, die Erwartungen der Konsumenten sind hoch, und der Druck auf das Marketing ist noch höher. Doch welchen Sinn hat es, unsere Welt so zu verzerren und dabei die Spirale des unechten Marketings so weiterzudrehen?

Das Marketing hat sich in einer Welt entwickelt, die sowohl nach innen hin zum Führungsstab als auch nach außen, also zum Kunden, Märchenwelten verkaufen will. Doch Märchen sind nun einmal unecht, so schön sie auch sein mögen. Was können wir also tun?!

Menschen machen das Marketing authentisch
Wer heute punkten will, fällt mit Menschen auf. Das Gesicht eines Menschen zieht weitaus mehr die Aufmerksamkeit auf sich als ein Produkt, das ins rechte Licht gerückt wird. Im B2C-Bereich (Geschäft mit Privatkunden) findet man diese Umsetzung eher als im B2B-Bereich (Geschäft mit Geschäftskunden). IKEA zum Beispiel setzt in seinen Katalogen auf Wohnsituationen, die für Menschen echten Nutzen bringen – Freude, Spaß, Spielplatz oder Kuschelecke.

Ein Produzent von komplexen Maschinen dagegen hat viel seltener einen Menschen im Katalog abgebildet, der dazu meistens auch noch in einer unechten Situation arbeitet, etwa vor weißem Hintergrund. Es ist keine Produktionshalle, es sind kaum Menschen, sondern nur sterile Produkte zu sehen. Die Realität sieht aber etwas anders aus – lebendiger als in einem sterilen Katalog.

Das Unternehmen Hella KGaA Hueck & Co. hat genau an dieser Stelle angesetzt und sich etwas überlegt, um seiner Werbung etwas mehr Authentizität zu verleihen. Anstatt die eigenen Scheinwerfer in den Vordergrund zu stellen, zeigt es viel lieber Menschen, die von seinen Produkten profitieren. In ihrem Katalog zeigt die Firma Motive, wie Menschen nachts die Flutlichter ihres Wagens für eine nächtliche Kletteraktion nutzen. Auch auf der eigenen Internetseite wird man direkt mit dem Gesicht eines Menschen begrüßt.

Gewollter Dialog ist authentisches Marketing
Kundenwünsche werden eher selten erhört, und zwar deshalb, weil diese nur zu einem Bruchteil von den Unternehmen wahrgenommen werden. Der größte Teil der Kunden kommt nicht zu Wort, da es in der Regel viel zu umständlich ist, einem Unternehmen die Meinung zu sagen. Die Barrieren des Beschwerdemanagements eines Unternehmens sind hoch genug, damit Kunden bloß nicht auf die Idee kommen, einmal tatsächlich ihre Meinung zu äußern. Hier ein Beispiel.

Ich wollte mir vor kurzem ein Zugticket für eine Fahrt für den nächsten Tag am Automaten kaufen. Dies wollte ich mir bei der Deutschen Bahn in Düsseldorf holen. Leider kam ich mit der neuen Menüführung nicht zurecht, so dass ich mich an einen Bahn-Mitarbeiter, der in der Nähe stand, mit der Bitte um Hilfe gewendet. Statt der erhofften Hilfe erhalte ich eine schroffe Antwort – dies wäre ein Selbstbedienungs-Automat, da werde nicht geholfen, ich müsse mich bitte anstellen und mir das Ticket sonst am Schalter holen.

Trotz meines Einwandes, dass es doch letztens einige Mitarbeiter gab, die hilfsbereit waren und sogar auf mich zukamen, blieb er dabei – sehen Sie zu, wie Sie alleine klar kommen, ansonsten gehen Sie an den Schalter, heißt es.

Empört stellte ich mich an, und als ich dran war, beschwerte ich mich natürlich bei dem doch recht netten Mitarbeiter am Schalter. Er zuckte hilflos die Schultern und sagte: "Ich kann nichts machen, das ist mein Chef." Aha, der Chef persönlich dient als gutes Vorbild für die anderen bei der Deutschen Bahn AG.

Ich wollte mich beschweren und fragte nach dem Namen – er, aber auch seine Kollegin wollten mir den Namen des Herrn jedoch nicht mitteilen. Sie sagten, ich müsste schon selbst auf seinem Namensschildchen nachschauen. Leider war der Chef aber schon verschwunden, und so bekam ich ein Visitenkärtchen, wo ich mich bitte schriftlich beschweren darf.

Mündlich ginge das nicht. Ärgerlich, da hatte ich doch gerade letztens in der "mobile" Zeitschrift der Deutschen Bahn gelesen, dass der Bahnchef höchstpersönlich den Kundendialog mit leichter Hand pflegt: Er greife manchmal einfach zum Telefon und rufe ein paar Kunden an – z. B. den Vater von Heidi Klum. Schade, dass er mich noch nie angerufen hat!

Sich zu beschweren wird dem Kunden nicht leicht gemacht – schriftlich, an eine bestimmte Abteilung, per Formular, nur auf unsere Art und Weise, wie wir es als Unternehmen eben haben wollen. Es stellt sich also die Frage: Wenn wir als Unternehmen den Kundendialog wirklich haben wollen, dann müssen wir diesen auch annehmen, so wie er kommt – mündlich, schriftlich, per Telefon oder in Social Media.