Werbung setzt (auch) auf Identifikation
Es erinnert ein wenig an die Vorweihnachtszeit, die – subjektiv empfunden – im Einzelhandel schon kurz nach den Sommerferien zu beginnen scheint und sich mit ersten Advents- und Weihnachtsgebäckauslagen in der Nähe der Supermarktkassen ankündigt. Bereits Monate vor ihrem Beginn tauchten in Schaufenstern und Warenauslagen Symbole aus, die mit der Fußball-WM assoziiert werden können.
Außergewöhnliche Beispiele
Am auffälligsten waren für mich zwei Dekorationen: Zum einen die Käsetheke, die wie ein deutsches Fanlager geschmückt war, und zum anderen die Dekoration des Schaufensters eines Tabakladens, in dem ein Fußball in Nationalfarben im Zusammenhang mit einer bestimmten Zigarrensorte gezeigt wurde. Ich fragte mich:
Was hat die Fußball-Weltmeisterschaft mit Käse zu tun?
Ich habe dann in meiner Bücherwand gestöbert und bin auf ein Prinzip gestoßen, dass in der Werbung häufig angewandt wird und die eigenwillige Kombination erklären hilft. Es lautet: Identifikation.
Dieses Prinzip begegnet uns z. B., wenn eine bekannte und in weiten Kreisen beliebte Schauspielerin Fernsehwerbung für eine bestimmte Versicherung macht oder die vertraute Synchronstimme eines Schauspielers in der Radiowerbung einen Baumarkt anpreist.
Was steckt hinter dem Weltmeister-Kuchen?
Hier wird versucht, die Eigenschaften des Werbeträgers mit denen des Produkts zu verbinden. Was wir kennen und was uns (wenn auch aus einem anderen Zusammenhang) vertraut – und damit vertrauenswürdig – erscheint, das sind wir eher geneigt anzunehmen und im konkreten Fall eben käuflich zu erwerben.
Macht Käse während der Fußball-WM glücklich?
Sicherlich macht Käse zurzeit nicht glücklicher als sonst. Durch die Dekoration mit Symbolen, die ansonsten eher mit dem momentanen Großereignis in Südafrika in Beziehung stehen, färbt aber ein wenig die allgemeine Freude auf das Produkt ab. Der Käse wird mit der Aufregung durch die WM verbunden. Das ist die so genannte Identifikation, auf die die Werbung setzt.
Schützen Sie Ihr Glück vor der gezielten Beeinflussung durch die Werbung
Ein Papiertaschentuch ist ein Tempo, Strom ist gelb, alles ist in OBI, IKEA-Kunden wohnen nicht mehr, sie leben schon. Ihnen fallen sicher noch weitere Werbebotschaften ein, die eine besondere Eigenschaft oder ganz allgemein Lebensfreude suggerieren. Schwarz-rot-goldener Käse macht aber nicht glücklicher als ein Hammer aus einem anderen Baumarkt oder das Sofa von einem anderen Einrichtungshaus.
Werbung ist schlau, seien Sie schlauer
Das Schlimme ist, dass die Werbung ihre Botschaften nicht nur recht subtil, sondern oft und regelmäßig verbreitet. So lange bis unser Kaufverhalten zeigt, dass der Kunde dem Werbetreibenden Recht gibt. Ich bin dafür, dass wir uns nicht manipulieren lassen, sondern selbst entscheiden, was uns glücklich macht.
Konkrete Maßnahmen gegen die aufgedrängte Identifikation
Und das kann bedeuten, dass wir die Schokoladentafel kaufen, auf die wir Lust haben und die uns schmeckt statt des Schokoriegels, der als offizieller Sponsor Abziehbildchen von Nationalspielern anbietet.
Extratipp zum Glücklich sein: Nicht über die Manipulationsversuche ärgern, sondern über die abstrusen Versuche lächeln. Je verrückter die Identifikationsbemühungen sind, umso breiter.