Workaholic: Arbeitssucht nicht nur im Job

Wer sich einen Workaholic vorstellt, denkt an einen überarbeiteten Manager, der voller Stress komplett in seinem Beruf aufgeht. Das ist jedoch ein Trugschluss. Arbeitssucht gibt es durchaus auch im Privaten.

Immer mehr Menschen sind Workaholics
400.000 Menschen, so schätzt man, leiden in Deutschland unter Arbeitssucht. In einem Land, in dem Fleiß zu den Grundtugenden gehört, ist die Tatsache, ein Workaholic zu sein, eher eine Auszeichnung, als eine Gefahr für Körper und Seele. Dennoch sollte man sich klar machen, dass der Stress und die Überlastung, die die Arbeitssucht mit sich bringt, früher oder später zu gesundheitlichen Problemen führen werden.

Denn das deutsche Wort für Workaholics zeigt es bereits: ArbeitsSUCHT ist tatsächlich eine Sucht.

Arbeitssucht: Bin ich ein Workaholic?
Professor Holger Heide von der Universität Bremen ist Fachmann auf dem Gebiet der Arbeitssucht. Seit Jahren führt er immer wieder Studien zu diesem Thema durch. Nach seiner Einschätzung kann man die Arbeitssucht nicht alleine durch die Menge an geleisteter Arbeit definieren. Dazu kommt die innere Einstellung zur Tätigkeit. Auch einen Menschen, der vollkommen auf Leistung und Erfolg ausgerichtet ist, kann man als Workaholic bezeichnen.

Niemals abschalten können, sich geistig ständig mit Arbeitsthemen befassen, den Stress mit in die Nacht nehmen – dies sind nur einige Beispiele, die eine Arbeitssucht vermuten lassen. Wie bei einer stoffgebundenen Sucht, weisen sie auf Entzugserscheinungen hin.  

Arbeitssucht zur Steigerung des Selbstbewusstseins
Von einer Vorstellung sollte man sich grundsätzlich verabschieden: Ein Workaholic ist in leitender Position und kommt nur im Beruf vor. Natürlich bilden Angestellte die größte Gruppe der von einer Arbeitssucht betroffenen. Sie empfinden Stress bei den täglichen Aufgaben und entwickeln sich zum Workaholic in der Hoffnung, das Pensum besser zu schaffen. Tatsächlich sind von der Arbeitssucht auch viele Hausfrauen und Mütter betroffen. Sie opfern sich erst hier ein bisschen mehr auf, um dann dort auch noch zu powern.

Ein Leben für die Kinder, ein blitzblanker Haushalt, bügeln nachts um 22.00 Uhr und dann im Bett die Gedanken daran, was man alles noch erledigen müsste: Auch das ist Arbeitssucht. Viele Aufgaben könnten reduziert werden. Doch dazu sind die Mütter nur ungern bereit. Der Stress pusht. Für Professor Heide liegen die Anfänge einer Arbeitssucht oft in der Kindheit. Wer zuwenig Aufmerksamkeit bekommt, lernt oftmals, dies durch größere Leistung auszugleichen. Das rettet das Selbstbewusstsein – der Einstieg in das Workaholic-Dasein. 

Arbeitssucht ist Stress – mit all seinen Folgen
Wie jede Sucht ist auch die Arbeitssucht ein selbstschädigendes Verhalten. Man steht unter beständigem Stress und spürt früher oder später die Folgen. Ein Workaholic ist Sklave seiner Leistung. Lässt sie nach, fühlt er sich schlecht. Damit nimmt er sich die Chance, zu entspannen und wieder aufzutanken. Sein Stress endet nie.

Eine Konsequenz, neben der Vielzahl bekannter psychosomatischer Erkrankungen, ist die Belastungsdepression. Sie entsteht meist dann, wenn der Workaholic durch seine Erfolge nur noch kurzzeitige Kicks erlebt. Beim nächsten Mal muss er einiges drauflegen, um denselben Effekt zu erzielen. Angestellte arbeiten noch länger, Mütter erledigen vieles am späten Abend, wozu sie am Tag nicht gekommen sind.

Workaholic: Was nun?
Arbeitssucht ist absolut ernst zu nehmen. Mit „Zusammenreißen“ oder „Einfach durch“ erreicht man keine Besserung. Ein Workaholic kann in der Regel nicht alleine aus seinem Teufelskreis von Arbeit, mehr Arbeit, Versagensängste, noch mehr Arbeit heraus. Professionelle Hilfe ist unbedingt nötig. Weniger zu tun, wäre zwar das Ziel, ist aber leichter gesagt, als für einen Workaholic durchführbar. Darum muss sich auch die Einstellung grundlegend ändern. Dies erreicht man durch eine Psychotherapie oder auch in leichten Fällen durch ein Coaching. 

Wichtig zu wissen ist, dass ein Mensch mit Arbeitssucht kein Versager ist. Er muss jedoch lernen, seine Bedürfnisse, beispielsweise das nach Anerkennung, auf eine für ihn gesunde und förderliche Weise zu befriedigen. Sein Gefühl für übermäßigen Stress muss verfeinert werden, damit er sich nicht länger überlastet.