Arbeitssucht – Wenn Arbeit krank macht

Arbeitssucht – gibt es so etwas eigentlich? Wie viel Arbeit ist gesund, ab wann wird es bedenklich und wann kann man von einer Sucht sprechen? Ein heikles Thema, das unbedingt genauer beleuchtet werden muss!

Der durchschnittliche Arbeitnehmer – und vielleicht gehören Sie auch zu dieser Gruppe – beginnt seine Arbeit am Montagmorgen damit, die restlichen Tage bis zum Wochenende zu zählen. Das Wochenende ist das Ziel jeder Woche und der Feierabend jeweils das Ziel des Tages. Dazwischen gilt es eben, seine Pflicht zu tun und dafür zu sorgen, dass der Kühlschrank zu Hause letztlich immer gefüllt ist.

Vielleicht gehören Sie aber auch zu einer anderen Gruppe Personen, die sich schon am Wochenende wieder auf den kommenden Montag freut. Vielleicht sind Sie auch am Wochenende mental immer in einer gewissen Unruhe und planen schon bewusst oder unbewusst Abläufe für die kommende Woche?

Erscheint Ihnen Ihr üblicher Arbeitstag in der Regel zu kurz und hängen Sie liebend gern noch ein paar (möglicherweise sogar unbezahlte) Überstunden an? Dann könnten Sie vielleicht zu jener Personengruppe gehören, die ernsthaft gefährdet ist, süchtig nach ihrer Arbeit zu werden.

Was ist denn eigentlich Arbeitssucht?

Arbeitssucht hört man eher selten, Sie kennen aber vielleicht den Begriff „Workaholic“. Im Grunde geht es hier um die gleiche Erscheinung. Nämlich um Personen, die ohne weiteres bereit sind, über ihr normales Maß Zeit für ihre Arbeit zu opfern. Das fängt oft ganz harmlos an. Hin und wieder wird einfach eine Stunde länger gearbeitet, schnell wird daraus aber Gewohnheit und die Zeit der freiwilligen Überstunden wird immer mehr. Arbeitssüchtige opfern Zusehens immer mehr Zeit, sogar an Wochenenden, Feiertagen oder im Urlaub.

Der Weg hin zur Arbeitssucht ist nicht nur unauffällig, sondern wird vielfach sogar als positiv empfunden. Denken Sie nur daran, welcher Leistungsdruck in vielen Unternehmen heute herrscht. Da wird zusätzliches Engagement und etwas Extrazeit beinahe schon selbstverständlich von den Vorgesetzten erwartet. Wer dann spurt, der erntet Lorbeeren, der ist erfolgreich in seinem Beruf und im Unternehmen.

Und hier beginnt die Gefahr, dass diese Situation in Sucht umschwenkt. Denn aus dem selbstlosen Einsatz, der mitunter auch Freude macht, wird ein Zustand, der sich gar nicht mehr so gut anfühlt. Ein Arbeitssüchtiger kann einfach nicht mehr ohne seine Arbeit, er fühlt sich ohne sie immer schlechter oder sogar krank.

Die Ursache ist körperlicher Natur und ist eine Erscheinung, die bei jeder Suchterkrankung nachweisbar ist. Es geht um Adrenalin, das der Körper ausstößt und das dem Betroffenen letztlich die dringend nötige Linderung bringt. Ist dieser Punkt der Adrenalinausschüttung anfangs noch recht schnell zu erreichen, so muss ein Arbeitssüchtiger mit der Zeit immer mehr und immer intensiver arbeiten, um an diesen „Kick“ zu kommen. Letztlich kommt es erst dann zur Adrenalinausschüttung, wenn er eigentlich schon völlig überarbeitet ist.

In dieser Situation beginnen die wirklich ernsten Probleme, sofern zuvor noch alles „gut gegangen“ ist. Da der Betroffene kaum noch Zeit hat, beginnt das Umfeld massiv zu leiden. Hier geht es primär um die eigene Familie, um Partner und Kinder. Auch der nächste Freundes-, Verwandten- und Bekanntenkreis wird die neue Situation bitter zu spüren bekommen.

Der Betroffene selbst wird früher oder später mit Krankheiten reagieren. Möglich sind ständige Kopfschmerzen, erhöhter Blutdruck, Depressionen, Probleme mit dem Herz-Kreislauf-System oder Magengeschwüre.

Das Risiko früh genug erkennen

Wo fängt Sucht an und wo hört gesunder Fleiß auf? Wie Sie schon zuvor erkennen konnten, sind die Grenzen immer fließend, daher kann man auch nicht immer auf den ersten Blick sagen, ob nun Sucht vorliegt oder doch nur hohe Motivation. Bedenken sollten Sie immer dann bekommen, wenn die Arbeit einen besonders hohen Stellenwert einnimmt oder sogar zum einzigen wirklichen Sinn im Leben zu werden droht.

Sollten Sie sich selbst in einer solchen Situaiton wiederfinden, so kann Ihnen das Beantworten ein paar einfacher Fragen schon deutlich weiterhelfen und die Sachlage verdeutlichen. Es sind natürlich nur ehrliche Antworten gefragt, die entsprechend bei Auswertung einen ersten Rückschluss auf eine eventuelle Sucht zulassen:

  1. Wie oft reicht mir die Zeit im Büro/bei der Arbeit nicht aus und nehme dann noch Arbeit mit nach Hause?
  2. Kann ich in meiner Freizeit wirklich abschalten oder denke ich auch dann immer noch an die Arbeit und an das, was ich nicht geschafft habe?
  3. Habe ich eigentlich wirklich genug Zeit für Familie und Freunde? Wann habe ich alle zuletzt gesehen und wann haben wir alle zusammen etwas gemeinsam unternommen?
  4. Habe ich Probleme, wenn Urlaub ansteht? Fällt es mir schwer, die Arbeit hinter mir zu lassen?
  5. Habe ich schon einmal Arbeit mit in den Urlaub genommen oder habe sogar meinen Urlaub wegen der Arbeit ohne zu zögern unterbrochen?
  6. Wenn ich wirklich Freizeit habe, kann ich diese dann auch für mich zufriedenstellend nutzen oder fällt mir sprichwörtlich die Decke auf den Kopf?

Nehmen Sie sich zur Beantwortung dieser Fragen gerne so viel Zeit Sie mögen, möglicherweise werden Sie die Ergebnisse mehr überraschen, als Sie zunächst vermuten.

Aus der Sucht ausbrechen

Um der Arbeitssucht entkommen zu können, müssen Sie oder der Betroffene sich erst einmal im Klaren darüber sein, dass eine Sucht vorliegt. Ohne diesen ersten Schritt lässt sich kein weiterer unternehmen. Haben Sie allerdings schon die nötige Selbsterkenntnis, dann sollte der Weg zu einer professionellen Hilfe führen.

Denn wenn echte Arbeitssucht vorliegt, dann ist Selbsthilfe in aller Regel nicht mehr fruchtbar und daher unangebracht. Professionelle Hilfe gibt es unter anderem durch psychiatrishe Therapien, die entweder in einer Gruppe oder auch im Einzelgespräch durchgeführt werden.

Es gibt auch Selbsthilfegruppen für einen ersten Kontakt mit Betroffenen und möglichen Hilfestellungen. Allen gemein ist, dass Sie hier die nötige Hilfe erfahren, um zunächst die Ursache für die Arbeitssucht zu ergründen. Im nächsten Schritt kommt dann die praktische Hilfe, um der Sucht dauerhaft und sicher zu entkommen.

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