Müssen war gestern
Viele Menschen sind in ihrem Leben mit Ursachenforschung beschäftigt und versuchen, sie zu verstehen. Wir haben gelernt, dass es für alles eine Ursache gibt und wenn diese beseitigt ist, dann geht es uns gut. Ebenso können wir eventuelle Gefahren dadurch besser vermeiden und uns schützen.
Nun sind wir aber keine isolierten Einzelwesen, sondern wir sind in ein komplexes, offenes System eingebunden. Das macht eine Ursachenforschung schwierig, da es immer unterschiedliche Einflüsse gibt, die eine Rolle spielen können. Je nach Ausrichtung und Neigung fallen die Erklärungsmodelle verschieden aus. Und jeder hat auf seine Weise recht, denn es gibt keine absoluten Wahrheiten.
Ein Beispiel
Ich bekomme einen Schnupfen. Ganz klar: Ich habe mir Viren eingefangen. Sind diese die Ursache? Ich bin die Einzige in der Familie, die erkrankt ist – dann war wohl der Streit letzte Woche mit meinen Mann schuld, der mir bis heute noch in den Knochen steckt und mein Immunsystem geschwächt hat. Oder die viele Arbeit? Von wem habe ich die Viren? Von meiner Nachbarin, die sich wahrscheinlich nie die Hände wäscht? Ist also ihre mangelnde Hygiene die Ursache meiner Erkältung? Ich meine mich zu erinnern, dass ich die letzten Wochen auch nicht ausreichend Vitamine zu mir genommen habe und sehr wenig an der frischen Luft war.
Sie sehen, so kommen wir nicht weiter. Es reicht vollkommen, zu erkennen, was gerade ist. Unsere Reaktionen auf bestimmte Umstände zeigen deutlich, welche Muster wir abgespeichert haben. Diese Erkenntnis ist ausreichend, sie definiert den Status quo. Von dort beginnen wir mit der Veränderung, indem wir unsere Aufmerksamkeit nicht auf die Ursachen, sondern auf den erwünschten Zustand richten. Im Falle meines Schnupfens nehme ich mir eine Auszeit, erspüre die momentanen Bedürfnisse meines Körpers und überdenke meine angstbesetzte Vorstellung von Hygiene.
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