Perfektionismus und aufgeschobene Entscheidungen

Der Artikel beleuchtet die Rolle von Perfektionismus und Aufschieberitis in der Entscheidungsfindung und zeigt Wege auf aus der Perfektionismusfalle.

Die Fähigkeit schnelle und klare Entscheidungen zu treffen hat viele Ursachen:

  • Sie könnten ein sehr mutiger Mensch sein.
  • Sie könnten ein schneller visionärer Denker sein.
  • Sie könnten einen messerscharfen, zackigen, analytischen Verstand haben.
  • Sie könnten die Erfahrung gemacht haben, sich auf Ihre Intuition verlassen zu können.
  • Oder sie können innerpsychische Prozesse, z. B. Ihre Ängste, Bedenken, Zweifel oder Vorfreuden gut deuten, um clevere Rückschlüsse zu ziehen.

Um all diese Punkte werde ich mich in den nächsten Artikeln widmen. Doch heute soll es um eine der Gegenseiten gehen.

Diagnose: Aufschieberitis, oder: Warum unser Perfektionismus uns daran hindert, Entscheidungen zu treffen
Dafür, dass es uns oft schwer fällt, Entscheidungen schnell hinter uns zu bringen, gibt es viele Gründe. Hier einige der wesentlichen:

  • Sie neigen zu Perfektionismus und haben Schwierigkeiten "Nein" zu sagen oder Anderen etwas abzugeben. Diese könnten die Aufgaben schlechter als Sie selbst erledigen und halsen sich deshalb zu viele Aufgaben auf.
  • Sie haben das (meist übertriebene) Gefühl, einer Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Es könnte sein, dass dahinter ein mangelndes Selbstwertgefühl steckt. Dieses mangelnde Selbstwertgefühl kann jedoch auch damit zusammenhängen, dass Sie sich am falschen (Arbeits-) Platz befinden oder die falschen Aufgaben übernehmen. Wenn Ihre Fähigkeiten nicht zu den Anforderungen passen, fällt es schwer, gute Arbeit zu leisten oder clevere Entscheidungen zu treffen.
  • Manchmal sind auch Glaubenssätze schuld wie "Arbeit muss immer Spaß machen". Dies kann sie daran hindern, über die ersten Hürden bei Arbeitsbeginn mit einem Ruck hinwegzugehen. Wenn Sie sich erst einmal eingearbeitet haben, fällt es in der Regel leichter weiterzumachen.
  • Oft handelt es sich bei aufgeschobenen Tätigkeiten um langfristige Projekte, bei denen Sie den Überblick verlieren. Wenn dies passiert, fällt es schwer,   Entscheidungen auch im Kleinen zu treffen.

Wege zu weniger Perfektionismus und schnelleren Entscheidungen
1. Passen Sie den eigenen Anspruch an das an, was Sie wirklich erreichen können! Dies erreichen Sie u. a., in dem Sie sich realistische Ziele setzen und Ihre Leistungen immer wieder nachträglich mit Ihren Anforderungen abgleichen. Folgende Fragen helfen Ihnen dabei:

  • Welches Ergebnis ist realistisch?
  • Welche Fehler darf ich mir erlauben?
  • Gibt es Möglichkeiten der Nachbesserung, d.h. meine Entscheidung muss nicht endgültig sein?
  • Woran erkenne ich Erfolge oder Teilerfolge?
  • Was kann schlimmstenfalls wirklich passieren? (Meist sind unsere v. a. unbewussten Phantasien schlimmer als die schlimmste Realität!)
  • Haben Andere das auch geschafft? Und wie?

2. Beginnen Sie nicht einfach mit dem ersten Schritt, sondern überlegen Sie sich gut, wie dieser erste Schritt aussehen kann. Doch dann heißt es loslegen!

  • Woran erkenne ich meinen ersten (großen) Schritt?
  • Wie lange werde ich für meinen ersten Schritt benötigen?
  • Womit kann ich mich belohnen, wenn ich den ersten Schritt getan habe? Oder liegt die Belohnung bereits in diesem ersten Schritt?
  • Gibt es ein Zeitfenster, indem Sie auch kleine Tätigkeiten wie den Anruf bei Oma oder das Verfassen eines kurzen Artikels erledigen können? Ich selbst las heute Morgen einen interessanten Artikel, der mich sofort dazu veranlasste, diese Zusammenfassung innerhalb etwa einer Stunde zu verfassen.

3. Suchen Sie gezielt nach Ihren Ablenkungen und Zeitdieben, um diese zu eliminieren.

4. Sorgen Sie für ein gutes Zeit- und Selbstmanagement. Dazu gehört auch die Pareto- oder 20/80-Regel: Mit welchem 20%igen Aufwand kann ich 80% Erfolg haben? Genau an diese 20%-Punkte sollten Sie dann mit einem 100%igen Einsatz herangehen.

5. Wenn dies langfristig alles nichts bringt, sollten Sie sich überlegen, was Sie an Ihrer Arbeit verändern können, um wieder motivierter zu sein.

Literatur zum Thema Perfektionismus
Leyhausen, M. – Der 15-Minuten-Coach: Aufschieberitis, Edition GP 2007
Jürries, A. – Anpacken statt Aufschieben, Haufe 2004
Fiore, N. – Warum eigentlich nicht? Soforthilfe bei Aufschieberitis, VAK Verlag 2007 Rückert, H.-W. – Schluss mit dem ewigen Aufschieben. Wie Sie umsetzen, was Sie sich vornehmen, Campus 2006