Aggressive Rhetorik – kein Zeichen von Stärke

Immer wieder hört man in letzter Zeit, dass Politiker mit aggressiver Rhetorik auf sich aufmerksam machen. Aber sind das die richtigen Mittel, eine eigene Meinung zu vertreten? Ist aggressive Rhetorik wirklich der Weg, um mehr begeisterte Wähler zu gewinnen? Ist es Politikern tatsächlich gestattet, unter die Gürtellinie zu gehen? Julia Sobainsky denkt darüber nach, ob solche Reden wirklich gewinnbringend sein können.

Wenn der Ton rauer wird, was sagt uns Bürgern das? Steuert die Politik vor die Wand? Oder glauben Politiker tatsächlich, dass ein rauer Ton etwa überzeugender wirke? Aggressive Rhetorik scheint von einigen Politikern noch immer als Zeichen von Kraft und Stärke zu gelten. Aber ein Blick in die Vergangenheit zeigt auch, dass aggressive Rhetorik selten zielführend war. Und genau aus diesem Grund sollten wir Bürger uns solcherlei Schwächen für die eigenen Reden keineswegs abgucken.

Aggressive Rhetorik: Vertrauenerweckend?
Möglicherweise ist dies ein Trugschluss der Politik, dass aggressive Rhetorik vertrauenerweckend wirken könne. Möglicherweise glaubt da der eine oder andere, Bürger würden meinen, dass derjenige, der aggressive Reden schwingt, sich in gleicher aggressiver Weise für Bürgerrechte einsetzen würde. Nein, wir Bürger wissen ganz gut, dass Aggressivität nicht ans Ziel führt. Und wir verwechseln auch nicht den bellenden mit dem beißenden Hund.

Aggressive Rhetorik: Erfolgversprechend?
Denken Sie mal an Barack Obama. Hat er während seines Wahlkampfes je aggressive Rhetorik gezeigt? Je schlecht über seine Parteigegner gesprochen? Niemals! Im Gegenteil: Generös lobte er ihr Wirken in mancherlei Hinsicht, ließ nicht völlig außer Acht, dass sie ihr Bestes gaben (aber das Beste war eben nicht genug), ließ keinen Zweifel daran, dass er vieles anders gemacht hätte und anders machen wird. Aber er zeigte sich niemals zynisch, bösartig, schadenfreudig oder aggressiv.

Aggressive Rhetorik wirkt unsympathisch
Um den eigenen Worten Nachdruck zu verleihen braucht es keine aggressive Rhetorik. Schadenfreude, Zynismus, Bösartigkeit – all das wirkt niemals sympathisch, selbst dann nicht, wenn es auf den eignen Gegner gemünzt ist.

Solche Eigenschaften sagen auch allzu viel Negatives über die Person aus, die sie zeigt. Unterm Strich sorgen sie also vor allen Dingen für eines: Dass derjenige, der sie äußert, extrem unsympathisch wirkt. So macht man sich keine Freunde. Nicht mal in einem Wahlkampf.

Verleihen Sie Nachdruck
Um Ihren Worten echten Nachdruck zu verleihen, dürfen Sie sich anderer Tricks bedienen. Besondere Wirkung zeigt z. B. die sogenannte "Anapher". Hierbei handelt es sich um Wiederholungen am Satzbeginn.

Beispiel: "Wir können die Arbeitslosigkeit senken. Wir können unsere Lage verbessern. Wir können die Armut bekämpfen. Ja, das können wir." Kommt Ihnen das bekannt vor? Ja sicher – richtig geraten! Obama bediente sich der Anapher in vielen seiner bekannten Reden. Ein weiteres Mittel ist immer die Verbindung mit der Hörerschaft. Zeigen Sie Gemeinsamkeiten auf, drängeln Sie sich niemals in den Vordergrund.

Die Verdienste der Anderen hervorheben
Denn keiner hört gerne zu, wenn sich jemand in Eigenlob ergeht. Wenn es Verdienste gibt, zeigen Sie auf, wo Ihr Publikum Anteil daran hat. Wenn Sie sich selber loben möchten, tun Sie dies niemals direkt.

Eine indirekte Möglichkeit ist, ein Zitat eines anderen Menschen über einen selber zu erwähnen. Dies sollte jedoch ebenfalls wohl dosiert geschehen. In dem Sie die Verdienste Ihrer Mitstreiter in den Vordergrund schieben, tun Sie sich selber den größten Gefallen. Denn Sie wirken sofort sympathisch, bescheiden und einnehmend. Wertschätzung zahlt sich aus!

Halten Sie also immer Ihre Gefühle im Zaum. Schimpfen Sie niemals über Ihre Gegner, Sie täten ihnen den größten Gefallen.