PR-Kodex „Code de Lisbonne“ – Verhaltensregeln des Berufsstandes

„Jeder Versuch, die Öffentlichkeit oder ihre Repräsentanten zu täuschen, ist nicht zulässig“, lautet Artikel 15 des Code de Lisbonne. Er ist ein Verhaltenskodex der PR-Branche. Über seine Einhaltung wacht in Deutschland der Rat für Public Relations (DRPR).

Der Code de Lisbonne gibt PR-Leuten einheitliche Verhaltensregeln mit auf den Weg. Zusammen mit dem Moralkodex Code d‘Athens und den Sieben Selbstverpflichtungen der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) bildet er den normativen Rahmen des Berufsstandes. Neben allgemeinen Regeln formuliert er auch spezifische Verhaltensnormen zum Beispiel im Umgang mit Auftraggebern, Öffentlichkeit, Medien und Berufskollegen.

 

Sie sollten den Code de Lisbonne im aktuellen Wortlaut kennen und Ihre Öffentlichkeitsarbeit seinen Grundsätzen unterordnen. Für besonders wichtig halte ich folgende Bestimmungen:

  • keine Verwendung falscher oder irreführender Informationen (Artikel 3)
  • Offenheit und klare Quellenbezeichnung (Artikel 4)
  • Diskretion und Loyalität gegenüber Auftraggebern (Artikel 6 ff)
  • Verbot der Täuschung (Artikel 15)
  • Regeln des Verhaltens innerhalb des Berufsstandes (Artikel 17 ff)

Der europäische Kodex für ein professionelles Verhalten in der Öffentlichkeitsarbeit (Code de Lisbonne) ist 1978  auf einer Generalversammlung Confederation Europeenne des Relations Publiques (CERP) in Lissabon angenommen worden. Die Deutsche Version, die vom Berufsverband DPRG schrittweise 1980 und 1991 übernommen wurde, verzichtet unter anderem auf eine Anzeigepflicht bei Verstößen. Diese ist nach gängiger Auffassung mit deutschem Recht nicht vereinbar.

Der Verhaltenskodex passt sich mitunter auch der Wirklichkeit an. So habe ich in meiner PR-Ausbildung zum PR-Berater (DAPR) in den neunziger Jahren noch gelernt, dass Public Relations niemals erfolgsabhängig bezahlt werden dürfen. Die Branche versuchte sich so ursprünglich u.a. gegen zu einseitige Absatzorientierung zu schützen. Die Praxis sah aber schon damals anders aus. Anstelle von Honoraren für unabhängige Beratung traten mehr und mehr Erfolgsprovisionen. 2001 wurde der Artikel 11 des Code de Lisbonne, der erfolgsabhängige Bezahlung verbot, auf Betreiben des Deutschen Rates für Public Relations europaweit aufgehoben.

Der Code de Lisbonne in der Praxis
In der Praxis begegnet Ihnen der Kodex eher selten. Manche PR-Agenturen nehmen in Ihrer Selbstdarstellung ausdrücklich darauf Bezug. Am ehesten finden Sie ihn im Zusammenhang mit Beschwerden, Rügen oder Verweise des PR-Rates.

Im Herbst 2008 hat sich der DRPR zum Beispiel in der Auseinandersetzung mit einem prominenten Berufskollegen auf den Code de Lisbonne bezogen. Hintergrund waren Aussagen von Professor Dr. Klaus Merten anlässlich des „PR-Careers Day 2008“. Er hatte sich dort kritisch zum Berufsbild Public Relations geäußert, denen er eine generelle „Lizenz zur Täuschung“ zuschreibt. (PR-Portal 2008, online).

In seiner Argumentation bezieht sich der PR-Rat in diesem aktuellen Fall pikanterweise zuerst auf Artikel 18 des Code de Lisbonne, der Berufskollegen Handlungen verbietet, die dem „Ansehen des Berufsstandes“ schaden könnte. Im weiteren verweist der DRPR auf Artikel 3 und 4, die Wahrhaftigkeit und Transparenz der Öffentlichkeitsarbeit anmahnen. Artikel 15, der Täuschung der Öffentlichkeit ausdrücklich verbietet, bleibt in diesem Zusammenhang unerwähnt.