Hochsensibilität

Zirka 15 % der Menschen und Tiere haben eine Hochsensibilität, also ein ausgeprägteres Wahrnehmungsvermögen, können Zusammenhänge besser erkennen und haben eine generell niedrigere Reizschwelle als andere Menschen.

Hochsensible Menschen sind sehr oft Emphaten und hatten evolutionsbiologisch vermutlich die Aufgabe, als Frühwarnsystem bei Gefahren zu agieren.

HSP – Hochsensible Personen

Erstmals wurde der Begriff HSP von der Psychologin Elaine N. Aron verwendet, um jene 15 % der Menschheit zu beschreiben, die ein ausgeprägteres Wahrnehmungsvermögen als der Rest der Menschheit besitzen.

Hochsensibel sein bedeutet, in jeder gegebenen Situation weitaus höhere Datenmengen zu erfassen und zu verarbeiten als andere.

Dies gilt nicht nur für Menschen. Auch unter Tieren wurde beobachtet, dass etwa 15 -20 % als „vorsichtiger“ gelten, dafür aber umso lernfähiger sind als ihre Artgenossen.

Probleme der HSP

Zurzeit hat Hochsensibilität kulturellen Gegenwind: Coolness, Belastbarkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Selbstvermarktung, Tempo und Flexibilität sind gefragt. Solidarität, Mitgefühl, Harmonie, Gewissenhaftigkeit, Rücksicht oder Vorausschau – diese Werte sind aus der Mode gekommen. Dadurch ergibt sich im heutigen privaten und Arbeitsumfeld eine Vielzahl von Problemen:

  • HSPs sind öfter Mobbing ausgesetzt.
  • Ihnen wird öfter der Vorwurf der Hypochondrie gemacht.
  • Ihnen wird oft ein unspezifisches Persönlichkeitsbild nachgesagt.  
  • HSP wird öfter mit Schüchternheit, Ängstlichkeit und/oder Introversion sowie mit ADS verwechselt.

Diese Probleme liegen am Unverständnis und Unvermögen der restlichen 85 %, sich tatsächlich in andere Personen einzufühlen. So nehmen Nicht-HSPs oft an, dass alle so sein müssten wie sie, und wenn eine/r anders ist, hat er/sie unredliche Motive. Damit werden HSPs jedoch schwer verletzt, denn diese neigen dazu, einem höheren Ziel zu dienen und sich selbst ständig weiterzuentwickeln, sind also hoch motiviert.

Hochsensible streben nach Vollkommenheit

Ein Manager, der eine bereits hochmotivierte Person mit den üblichen Strategien weiter motivieren will, erreicht damit genau das Gegenteil, nämlich Verweigerung, Trotz und schließlich Flucht.

HSP zu sein ist keine Krankheit

Hochempfindlichkeit ist weder Krankheit noch Makel, sondern eine normale und sinnvolle Spielart der menschlichen Art. In der Vielfalt liegt großes Potenzial für das soziale Wesen Mensch. Dadurch kommt den Hochsensiblen, speziell in der modernen Welt, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu.

Die Welt braucht wache, reife, informierte und selbstbewusste Hochsensible

In der vorindustriellen Zeit waren HSPs oft Schamanen, Künstler, Heiler und/oder spirituelle Helfer. Heute, in einer Zeit, in der das Handeln vor dem Denken (Bsp.: Einsatz von Atomwaffen ohne Kenntnis der Folgeschäden u.dgl.) üblich ist, werden HSPs sehr oft als psychisch labil abgestempelt. 

Das Subjekt zählt mehr als das Objekt

HSPs haben einen hohen Anspruch an sich selbst, sind Perfektionisten und mehr am Subjekt als am Objekt interessiert. HSPs erbringen weit schlechtere Leistungen, wenn sie sich beobachtet fühlen und werden daher, trotz ihrer Begabung, oft schlechter bewertet.

Neigung zur Überstimulation und zum Burn Out

HSPs neigen zu Überstimulation, da sie aufgrund von Dienstverhältnissen oder gesellschaftlichen sowie familiären Verpflichtungen oft nicht selbst entscheiden können, wann sie sich zurückziehen, um ihre Wahrnehmungen zu verarbeiten.

Der nicht hochempfindliche Teil der Menschheit stellt eine HSP oft als soziophob hin, wenn sie sich mehr als andere zurückziehen möchte. Deswegen neigen die meisten HSPs auch zum Burn Out. In dem Bestreben, wie die anderen auch zu sein und gar nicht wissend, dass sie aus genetischen Gründen gar nicht anders können, reiben sich die HSPs oft auf.

HSPs nehmen mehr Eindrücke wahr als Nicht-HSPs

Zum Beispiel blenden die meisten Menschen den andauernden Verkehrslärm irgendwann aus ihrem Bewusstsein aus. Die HSP allerdings hört nicht nur den Verkehrslärm, sondern auch Gesprächsfetzen, Vogelgezwitscher, Kinderweinen, Hundewinseln und alles, was sonst noch im täglichen Leben passiert.

Sie riecht auch mehr als die Nicht-HSP und kann so durch beispielsweise Benzingeruch weit mehr beeinträchtig werden, mitunter bis zur Übelkeit. Eine Überstimulation äußert sich manchmal in Erschöpfung, manchmal in Depression, kann aber durch gezielte Entspannung und Beschränkung der Kontakte auf ein Minimum wieder ins Lot gebracht werden.

Leben als HSP

Was die HSP braucht, ist Ruhe, um die Eindrücke verarbeiten zu können. Überstimulation kann sich auch in einem uneinheitlichen Persönlichkeitsbild äußern. Viele HSPs versuchen, sich an die Menschen um sie herum anzupassen, hören aktiv zu und übernehmen Standpunkte von anderen – quasi zur Probe. Wenn sie dann wieder zu ihrer eigenen Meinung zurückkehren, werden sie oft als wankelmütig bezeichnet.

Eine HSP muß sich zurückziehen können, wenn sie es möchte

Das Leben als HSP ist durch die Wahrnehmungsvielfalt weit bunter und interessanter als das der Nicht-HSPs, jedoch müssen HSPs darauf achten, sich ausreichend Rückzugsräume einzurichten, um die Zeit und die Ruhe zu haben, die Menge an Einrücken, die sie aufnehmen, auch zu verarbeiten. Solche Rückzugsphasen werden oft von Nicht-HSPs als soziophob oder auch als Faulheit betrachtet.

Selbstmanagement 

HSPs können mit Selbstmanagement ein in unserer aktuellen Gesellschaft normales Leben führen, sofern sie ihre Eigenheiten akzeptieren und danach handeln. Obwohl nicht jeder HSP sich seine Rahmenbedingungen einfach frei wählen kann, sollte sie es zumindest versuchen und sich seine Verarbeitungszeiten schaffen. Tut sie es nicht, drohen Burn Out, Depressionen und Psychosen durch die Reizüberflutung.

Weitere Informationen zur Hochsensibilität unter:

Hier können Sie einen Selbsttest machen.

Buchtipps:

  • Dr. Marianne Skarics: „Sensibel kompetent. Zart besaitet und erfolgreich im Beruf.“ Festland Verlag
  • Manfred Lütz: „Irre! – Wir behandeln die Falschen – unser Problem sind die Normalen“ Gütersloher Verlagshaus
  • Georg Parlow: „Zart besaitet: Selbstverständnis, Selbstachtung und Selbsthilfe für hochempfindliche Menschen“ Festland Verlag

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