Tiefbauarbeiten: Nicht immer kann der Nachbar haftbar gemacht werden

Wird ein Neubau zwischen einer bestehenden Bebauung erstellt, ist die Gefahr groß, dass diese durch die Bauarbeiten Schaden nimmt. Hierzu zählen alle Einwirkungen auf den Baugrund (Aushub der Baugrube, Absenken von Grundwasser zur Durchführung von Gründungsarbeiten. Schäden an der Nachbarbebauung können durch das Einrammen von Pfählen entstehen, die der Sicherung der Baugrube gegen Einsturz dienen.

In all diesen Fällen stellt sich dann die Frage: Wer haftet in einem solchen Fall dem geschädigten Nachbarn?

Hierbei muss im Wesentlichen zwischen zwei Anspruchsgrundlagen unterschieden werden: Schadenersatz (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 909 BGB) oder nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB). Ein Bauherr ist gegenüber dem Eigentümer des Nachbargrundstücks nämlich dann zum Schadenersatz des hieraus entstandenen Schadens verpflichtet, wenn dessen Grundstück schuldhaft in der Weise vertieft wird, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert. Der Eigentümer des Nachbargrundstücks kann hierbei von jedem Schadenersatz verlangen, der das Grundstück vertieft bzw. daran mitgewirkt hat.

Im Klartext: Hierunter fallen also nicht nur der beauftragte Architekt, der Statiker oder die ausführenden Bauunternehmer, sondern auch der Eigentümer des zu bebauenden Grundstücks. Bei der Vertiefung selbst genügt jede Einwirkung auf das zu bebauende Grundstück, die zur Folge haben könnte, dass der Boden des Nachbarn zum Beispiel den Halt verliert oder dass hierbei sogar die Festigkeit der unteren Bodenschichten in ihrem waagerechten Verlauf beeinträchtigt wird (bspw. durch die Herausnahme der Bodensubstanz. Gleiches gilt bei der Veränderung des Bodenniveaus auf dem Nachbargrundstück aufgrund der Pressung des Untergrundes infolge des Eigengewichtes des Neubaus.

Schadenersatz

Schadenersatz kann auch in den Fällen geltend gemacht werden, wenn das Nachbargrundstück durch die Vertiefung die erforderliche Stütze verliert (Stützverlust). Diese bestimmt sich immer danach, welche Befestigung das Nachbarschaftsgrundstück nach seiner tatsächlichen Beschaffenheit benötigt.

Jeder, der ein Baugrundstück vertieft oder daran mitwirkt, muss von daher auch für die (evtl. besonderen) Befestigungsmaßnahmen die notwendige Sorgfaltspflicht walten lassen. Ansonsten muss eine Vertiefung unterbleiben. Besondere Sorgfaltspflichten gelten z. B. für die Standfestigkeit eines Nachbarhauses, wenn dieses in Anbetracht seines Alters, durch Kriegseinwirkung oder durch schlechte Bodenverhältnisse besonders beeinträchtigt ist.

Allerdings muss in diesem Zusammenhang stets der Nachbar beweisen, dass es aufgrund der Vertiefungsarbeiten zu einem Stützverlust und dadurch zu Schäden an seinem Grundstück bzw. Haus kam. Hierfür reicht jedoch der Nachweis, dass die Schäden in einem engen, zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit den Ausschachtungs- und Gründungsarbeiten auftraten. Einfacher ist hingegen die Beweislage, wenn bei den Ausschachtungs-, Gründungs- oder Unterfangarbeiten eindeutig gegen die einschlägigen DIN-Vorschriften verstoßen wurde. Hier muss dann der Verantwortliche darlegen und auch beweisen, dass die Schäden am Nachbargrundstück nicht auf die Verletzung der DIN-Vorschriften zurückzuführen sind.