Pilzgefahren und Erste-Hilfe bei Vergiftungen

Was ist zu tun, wenn tatsächlich eine Pilzunverträglichkeit oder –vergiftung eintritt? Welche Pilzgefahren und Schäden zeichnen sich ab, welche Maßnahmen sind zu ergreifen? Anleitungen geben Giftnotruf-Zentralen. Bis jedoch der sachkundige Arzt eintrifft, vergeht meist noch wertvolle Zeit. An dieser Stelle sind Erste-Hilfe-Maßnahmen hilfreich.

Pilzgefahren, die Sie kennen sollten
Es gibt unzählige Pilzarten. Nach europäischen Zahlen sind es ca. 5300 Arten europäischer Großpilze, darunter 160 Giftpilze und viele ungenießbare oder nicht hinreichend erprobte Arten. Nach globalen Zahlen geht man sogar von einem Verhältnis global existierender Großpilze zu davon essbaren von 10.000 zu 1.000 aus. Das heißt, 9.000 globale Arten sind nicht essbar und auch nicht unseren bekannten Speisepilzen zuzurechnen.

Diese 9.000 Arten bestehen neben den wichtigen 160 Giftpilzarten zumeist aus kleineren Pilzarten, von denen immer neue entdeckt werden. Damit ändert sich zwar das Wissen, nicht aber die Bedeutung für den Sammler.

, der ärztliche Notdienst, der Haus-Arzt oder das Krankenhaus zu alarmieren und konsultieren. In wichtigen Fällen (Therapieentscheidung bei schweren Pilzvergiftungen) ist es möglich, einen geprüften Pilzexperten zu Rate zu ziehen. Dieser kann aus übrig gebliebenen Pilzresten eine sichere Pilzbestimmung durchführen.

Symptome bei Pilzvergiftungen
Vergiftungssymptome und Latenzzeit   geben Hinweise auf mögliche verursachende Pilze. Bei Einnahme mehrerer verschiedener giftiger Pilze könnten kombinierte Vergiftungszeichen auftreten, die dann die beschwerdefreie Zeit nach der Pilzmahlzeit bis zum Ausbruch der Symptome nicht mehr als bestimmendes Kriterium zulassen.

Folgende Symptome treten häufig nach einer Pilzvergiftung auf: Übelkeit, Erbrechen, Benommenheit, Verwirrtheitszustände, Wahrnehmungsstörungen, Rauschzustände, Halluzinationen, Schweißausbrüche, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Herzrasen, Durchfall, Magenschmerzen, Bauchschmerzen, asthmatische Atembeschwerden.Giftpilze lassen sich unter toxikologischen Gesichtspunkten im wesentlichen einteilen nach: 

  • Pilzen, die besonders schwere Organschäden auslösen; 
  • Pilzen, die neben Gastroenteritis funktionelle Störungen im Bereich des Nervensystems und des Kreislaufs auslösen.

Das Auftreten von Symptomen nach Pilzgefahren ist zeitlich unterschiedlich
Je nachdem welcher Pilz der Auslöser war, ändert sich die Latenzzeit. Muscarinhaltige Pilze wie z.B. der Ziegelrote Rißpilz führen fast umgehend zu Übelkeit und Erbrechen (sehr kurze Latenzzeit). Bei anderen Pilzvergiftungen – vor allem durch die besonders gefährlichen Knollenblätterpilze – treten die Symptome frühestens nach sechs Stunden auf. In seltenen Fällen können Vergiftungsanzeichen auch nach mehr als 24 Stunden auftreten, z.B. bei Vergiftung mit dem Orangefuchsigen Schleierling.  

Der akute Fall einer Pilzvergiftung nach Missachtung von Pilzgefahren
Bis der sachkundige Arzt eintrifft oder der Weg zur Klinik absolviert ist, vergeht meist wertvolle Zeit, die entscheidend sein kann für die Rettung des Pilzvergifteten. Die Betroffenen sind vor allem zu beruhigen und stabil zu lagern. Folgende Erste-Hilfe-Maßnahmen sind in diesen Minuten hilfreich.

1. Maßnahmevorschlag A: Das Beste, so die Auffassung mancher Vertreter, sei, Magen und Darm zu entleeren, eventuell mit Auslösen des Brechreizes (starkes Salzwasser, Finger in den Rachen, Einlauf oder Rizinusöl). Allerdings nur dann, wenn die Pilzaufnahme höchstens sechs Stunden zurückliegt.    

2. Maßnahmevorschlag B: Andere Auffassungen raten von künstlichem Auslösen des Erbrechens ab, weil sie davon ausgehen, dass es die Lage des Vergifteten durch unsachgemäßes Vorgehen nur verschlimmern könne. Im Einzelfall kommt es darauf an, wie die Sachkenntnis des Helfenden ist, wie stark die Symptome sind, ob der Patient noch bei Bewusstsein ist und wie weit der Weg zur Klinik oder dem Arzt ist.

3. Bei Ohnmächtigen kann versucht werden, sie durch Bespritzen des Gesichtes wiederzubeleben. Falls dies nicht gelingt, wird die Person in einer speziellen Lage ruhig gestellt.  

4. Ruhigstellung: Der Vergiftete soll warm zugedeckt und stabil liegen (stabile Seitenlage, die den Ohnmächtigen in eine sichere Position bringt). Möglich ist auch die Bauchlage mit seitlicher Kopflagerung. Um den Verschluss der Atemwege durch Erbrochens oder Zurückfallen der Zunge zu verhindern, kann der Kopf überstreckt oder in Mittelstellung zurückdreht werden.

5.  Das Untersuchungsmaterial (Pilzreste sowie Erbrochenes) sind sicherzustellen, kühl und luftig aufzubewahren und unverzüglich dem Beauftragten für die Pilzaufklärung zu übergeben. Erbrochenes oder ausgepumpter Mageninhalt kann nur schwierig nach enthaltenen Pilzsporen identifiziert werden. Die Pilzreste sind daher äußerst wichtig.

6. Notizen über den Hergang anfertigen (sofern der Patient ansprechbar ist): Personalia des Pilzvergifteten , wann Pilze zubereitet, evtl. aufgewärmt, welche Mengen, Latenzzeit, Symptome, welche Pilze glaubt der Betroffene genossen zu haben, welche Erste-Hilfe-Maßnahmen wurden durchgeführt? 

7. Keine Hausmittel (Milch, Salzwasser, Kohletabletten) anwenden.

Alles Weitere ist dem behandelnden Arzt zu überlassen, der üblicherweise eng mit dem Pilzsachverständigen zusammen arbeitet. Das ist sinnvoll, weil die mannigfaltigen Giftarten spezielle Behandlungsmethoden erfordern, da jede Giftart spezifische Wirkungen auf den Patienten (Körper, Organe) hat. Deshalb ist die eindeutige Bestimmung der eingenommenen Pilzarten, in erster Linie aus den Pilz- oder Mahlzeitresten, das A und O für die Rettung des Vergifteten. 

Der Notfallarzt nimmt eine erste Elementar-Versorgung vor. Dabei wird nur dann eine Giftentfernung vor Einlieferung in die Klinik durchgeführt, wenn die Einnahme des Giftes mengenmäßig erheblich ist und deren Aufnahme unter der Zeitdauer von einer Stunde liegt. Durch die relativ kurzen Transportwege im modernen Rettungswesen wird generell davon abgeraten, dies noch vor der Klinikaufnahme durchzuführen. Je nach Einzelfall und Zustand des Pilzvergifteten wird bereits im Notfallwagen ein Gegengift verabreicht. Die Primärgiftentfernung mit Magenschlauch erfolgt dann sachgerecht in der Klinik, gekoppelt mit entsprechenden medizinischen Behandlungen.  

Ein weiterer wichtiger Schritt: VERGIFTUNGSZENTRALE VERSTÄNDIGEN! Leiteinrichtung in Vergiftungsfragen ist die Toxikologische Abteilung der II. Medizinischen Klinik der TUM (erste Einrichtung auf diesem Spezialgebiet in der BRD). In Zusammenarbeit mit der Berufsfeuerwehr München kann bei Giftunfällen eine toxikologische Versorgung vor Ort durchgeführt werden mit einem leitenden Notarzt aus der Toxikologischen Abteilung.

Zu den Forschungsschwerpunkten der TUM zählen auch Pilzvergiftungen. Die Arbeiten dieser Leiteinrichtung wurden im Buch "Vergiftung! Was tun?" zusammengefasst, um Ärzten und Apothekern eine Orientierungs- und Arbeitshilfe zu geben.  

Anlage: Adressenliste der Vergiftungs-Informationszentralen:

 81675 MÜNCHEN, Giftnotruf München, Tox. Abt. d. II. Med. Klinik rechts der Isar der TUM (Technischen Universität München), toxikologisches Labor, toxikologische Station mit Intensivstation, Ismaninger Straße 22, Prof. Dr. Thomas Zilker, Giftnotruf: (0)89 19240, Fax: 0 89/41 40-24 67, Leiteinrichtung in Vergiftungsfragen, e-mail: tox@Lrz.tum.de,   toxinfo München.

13437 BERLIN, Institut für Toxikologie, Giftnotruf Berlin, Oranienburger Straße 285, Tel: 030/19240, Fax: 0 30/3 06 86-7 21, e-mail: mail@giftnotruf.de, giftnotruf Berlin

53113 BONN, Informationszentrale gegen Vergiftungen der Rheinischen Friedrich -Wilhelm-Universität, Zentrum für Kinderheilkunde, Adenauerallee 119, Telefon: 02 28/1 92 40, Fax: 02 28/2 87-33 14, e-mail: ukkblb2@mailer.meb.uni-bonn.de, giftzentrale Bonn.

66421 HOMBURG/SAAR, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Landeskrankenhaus, Kirrberger Straße, Gebäude 9, Tel: 06841/19240, Fax: 0 68 41/16-83 14, e-mail: kigift@med.rz.uni-sb.de, giftzentrale Homburg.

99098 ERFURT, Gemeinsames Giftinformationszentrum der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt u. Thüringen, c/o Klinikum Erfurt GmbH, Nordheuser Str. 74, Tel: 03 61/7 30-7 30 oder 03 61/7 30-73 11, Fax: 03 61/7 30-73 17, e-mail: shared.ggiz@t-online.de, Giftzentrale Erfurt .

37075 GÖTTINGEN Giftinformationszentrum Nord, Pharmakol. u. toxikol. Zentrum der Universität Göttingen, Robert-Koch-Str. 40, Tel: 0551/19240, Fax: 0551/3831881, e-mail: Giznord@med.uni-goettingen.de, Giftzentrale Göttingen.

55131 MAINZ, Beratungsstelle bei Vergiftungen der II. Med. Klinik und Poliklinik der Universität, Langenbeckstr. 1, Tel: 06131/19240, Fax: 0 61 31/1 76-6 05, e-mail: Mai@giftinfo.uni-mainz.de, Giftzentrale Mainz.

79106 FREIBURG, Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg, Mathildenstraße 1, Tel: 07 61/1 92 40, Fax: 07 61/2 70-44 57, e-mail: giftinfo@uniklinik-freiburg.de, giftzentrale Freiburg.

90419 NÜRNBERG, Toxikologische Intensivstation d. II. Med. Klinik im Städt. Klinikum, Flurstr. 17, Tel: 09 11/3 98-24 51, Fax: 09 11/3 98-22 05, e-mail: muehlberg@klinikum-nuernberg.de, Giftzentrale Nürnberg.