Deutscher Rotwein jenseits vom Spätburgunder: Trollinger

Rotwein musste lange Zeit tief dunkel, üppig und konzentriert sein - am besten ein Blockbuster, der bereits mit dem ersten Schluck imponiert. Doch dieser Rotweinstil hat auch eine Kehrseite: man kann (und will) solche Weine nicht immer trinken. Sie eignen sich kaum als unkomplizierter Schoppen und sind oft sogar fürs Essen zu mächtig. Zum Glück gibt es Ausweichmöglichkeiten. Eine davon heißt Trollinger.

Trollinger, der trinkfreudige Lokalmatador

Trollinger ergibt einen meist leichten, frischen und fruchtbetonten Rotwein. Dunkle Farbe ist nicht seine Stärke, wohl aber ein hohes Maß an schnörkellosem Trinkgenuss. Immer mehr Weinliebhaber schätzen diesen sehr sympathischen, trinkfreudigen Stil – nicht nur in seiner Hochburg Württemberg.

Dort ist die Sorte so beliebt, dass Trollinger mit 21,4% sogar auf Platz 1 der Rebflächen landet, noch vor Riesling mit 18,4% (Quelle: Statistik des Deutschen Weininstituts, Bestockte Rebflächen 2007). Auch im angrenzenden Kraichgau (Baden) gibt es nennenswerte, wachsende Bestände.

Trollinger, der Inbegriff bodenständiger Weinkultur

In Württemberg wird der Trollinger meist offen ausgeschenkt. Er ist Sinnbild für das schwäbische Viertele, einen Viertelliter Wein, und steht damit für eine ausgeprägte und gepflegte regionale Weinkultur. Trollinger wird nicht nur als Rotwein, sondern auch als Weißherbst (ein hellgekelterter Wein einer roten Rebsorte, eine spezielle Art des Rosé) bereitet.

Darüber hinaus findet er sich oft in Rotwein-Cuvées wieder, meist mit seinem angestammten Partner Lemberger. Und sogar ein Sportereignis ist nach ihm benannt, der seit 2001 jährlich stattfindende Heilbronner Trollinger-Marathon.

Trollinger, der helle Rote aus Tirol

Württemberg jedoch ist nicht die ursprüngliche Heimat des Trollinger. Sein Name leitet sich aller Wahrscheinlichkeit von „Tirolinger“ ab. Tatsächlich befindet sich heute die größte Anbaufläche dieser Rebsorte in Südtirol. Dort ist die Rebsorte seit den Zeiten der alten Römer heimisch und wurde wohl auch von diesen nach Germanien gebracht.

In Südtirol wird die Sorte Vernatsch genannt, die italienischen Bezeichnung ist Schiava. Vor allem um den Kalterer See wird Vernatsch angebaut, und auch einer der bekanntesten Rotweine Südtirols, der St. Magdalener, wird hauptsächlich aus Vernatsch gewonnen.

Trollinger, Luthers stärkender Tropfen

Von den historischen Trollinger-Fans ist Martin Luther (1483-1546) sicher der berühmteste. Luther, so berichtet der päpstliche Legat, soll sich im Jahre 1521 auf dem Reichstag zu Worms am Trollinger gestärkt haben. Ob dies vor oder nach seinen legendären Worten „Hier stehe ich. Gott helfe mir. Ich kann nicht anders.“ geschah, mit denen er sich weigerte, die in seinen Schriften vertretenen Ansichten zu widerrufen, ist hingegen nicht belegt.

Schon einmal Trollinger gegessen?

Wer Trollinger noch nie getrunken hat, hat die Sorte vielleicht schon einmal gegessen. Denn sie wird unter der Bezeichnung „Black Hamburg“, „Meraner Kurtraube“ oder „Brüsseler Treibhaustraube“ als Tafeltraube angeboten und extra dafür in anderen Ländern angebaut.

Das zeichnet den Trollinger aus

  • Der Wein hat eine leuchtende, meist hellrote Farbe und duftet ansprechend nach roten Früchten und Beeren.
  • Trollinger liefert in der Regel eher säurearme Weine, was ein weiterer Grund für seine Beliebtheit in seinen Hochburgen Württemberg und Südtirol ist.
  • Der Wein ist saftig und verdient ohne weiteres das – absolut als Kompliment gemeinte Prädikat „süffig“.
  • Trollinger ist kein Wein zum Lagern. Er ist jung und frisch am schönsten und kann auch, gerade im Sommer, leicht gekühlt getrunken werden (bei etwa 15-16º C).

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