Saisongemüse: Goethes Lieblingswurzel, das Teltower Rübchen

Im Südwesten von Berlin, bereits in Brandenburg, liegt das Städtchen Teltow. Hier ist die Heimat einer unscheinbaren Delikatesse, einer weißen Wurzel, die es einst zu europaweiter Begehrtheit gebracht hat: das Teltower Rübchen (Brassica rapa L. ssp. rapa f. teltowiensis). Die Feinschmecker des 18. und 19. Jahrhunderts schätzten den ausdrucksvollen, feinwürzig-süßen und zugleich pikanten Geschmack der "Märkischen Rübe" sehr. Einer ihrer bekanntesten Fans war der Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe.

Vom Schicksalsschlag zum Exportschlager
Der Dichterfürst lernte das Teltower Rübchen bei einem Besuch in Berlin kennen. Er war von dem Gemüse so begeistert, dass er es sich fortan nach Weimar schicken ließ. Dass Goethe das Teltower Rübchen über den Weg lief, verdankt er dem Tatendrang der Teltower Bauern. Als im Jahre 1711 ein verheerendes Feuer ihre Heimatstadt heimsuchte, setzten sie für den Wiederaufbau und wirtschaftlichen Neuanfang auf eben diese kleine kegelförmige Rübe.

Bis dato wurde das Teltower Rübchen eher für den Eigenverbrauch angebaut. Jetzt kurbelten die Bauern die Produktion stark an – mit Erfolg. Das Gemüse kam in Preußens Hauptstadt gut an und verbreitete sich alsbald auch in anderen Städten. Bis nach Lissabon und Moskau wurde es exportiert. Selbst in französischen Adelskreisen, von Napoleons Soldaten als "navets de Teltow" (Rüben aus Teltow) mitgebracht, genoss das Gemüse hohes Ansehen.

Vom Niedergang zur Renaissance
Nach dem zweiten Weltkrieg allerdings begann der Abstieg der Wurzel. Der traditionelle Markt Berlin wurde zunehmend immer unerreichbarer. Außerdem passte das Teltower Rübchen nicht mehr in das landwirtschaftliche Verständnis der DDR.

Die bäuerlichen Kleinbetriebe wurden aufgelöst, und für die neuen volkseigenen Großbetriebe war die Wurzel nicht mehr interessant. Denn sie liefert nur geringe Erträge und ist obendrein noch schwierig anzubauen. Sie lässt sich nicht maschinell ernten, sondern muss per Hand aus dem Boden herausgehackt werden. Dafür gab es nun nicht mehr genug Erntehelfer.

Erst nach dem Ende der DDR begann man sich an das einst begehrte Teltower Rübchen zu erinnern. Hobbygärtner hatten das Gemüse weiterhin gepflegt. Es dauerte noch ein paar Jahre, dann waren die ersten Wurzeln wieder in größerer Zahl da und wurden stolz auf der Grünen Woche in Berlin 1999 präsentiert. Noch ist die Produktion gering, Tendenz aber stetig steigend.

Tipps zum Teltower Rübchen

  • Die Saison beginnt im Oktober und geht bis in den März hinein. Kaufen Sie die Teltower Rübchen aber nicht zu früh. Wie bei anderem Gemüse – Grünkohl oder Pastinaken beispielsweise – schmecken die Rübchen nach dem ersten Frost besser. Vorher können sie einen leichten Bitterton haben.
  • Die Rübchen sollten nicht dicker als 5 cm im Durchmesser sein. Sonst können sie holzig und nicht so mehr so fein im Geschmack sein.
  • Die Schale der Rübchen sollte nicht verschrumpelt sein.
  • Achten Sie auch darauf, dass die Wurzeln fest und nicht gummiartig biegsam sind. Dann sind die Rübchen falsch gelagert worden.
  • Da Teltower Rübchen nicht leicht zu bekommen sind, können Sie auch auf Vorrat kaufen. Lagern Sie die Wurzeln dann kühl, dunkel und am besten in Sand.
  • Tipps zur Zubereitung: Teltower Rübchen werden – geschält und klein geschnitten – traditionell mit Zucker karamellisiert und mit Gemüse- oder Fleischbrühe gar gedünstet. Sie können sie natürlich auch mit Weißwein ablöschen oder wie Karotten zubereiten.
  • In jedem Fall sind Teltower Rübchen eine exzellente Beilage zu jeder Art von Fleisch, vom Steak bis zum Braten, vom Hähnchen bis zur Gans. Sehr gut passen die Wurzeln auch zu Wildgerichten.

Weitere Informationen, Rezepte und Bezugsquellen finden Sie hier:
Förderverein für das Teltower Rübchen e.V.
pro agro – Verband zur Förderung des ländlichen Raumes im Land Brandenburg e.V.