Blutegeltherapie: mit einem alten Verfahren heilen

Dass Blutegel gerne bei Krampfadern eingesetzt werden, ist bekannt. In den letzten Jahren wird die Blutegeltherapie nicht nur von Heilpraktikern angewandt, sondern sie findet auch wieder verstärkte Verwendung bei Ärzten und in Krankenhäusern. Denn der Blutegel auch bekannt als "Hirudo medicinalis" kann weit mehr, als nur Krampfadern behandeln.

Blutegeltherapie vor 100 Jahren und heute

Die Blutegeltherapie war Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts sehr stark in Verruf geraten. Dies lag einerseits daran, dass die „moderne“ Medizin immer mehr die Erfahrungs- und Volksheilkunde verdrängte und neben einigen durchaus fragwürdigen Behandlungsmethoden auch bewährte Verfahren wie zum Beispiel Blutegeltherapie und Schröpfen in die Ecke des Aberglaubens und der Kurpfuscherei gedrängt wurden.

Ein anderer Grund, warum die Behandlung mit Blutegeln in Verruf geriet, lag an dem sogenannten „Vampirismus“. Die französischen Ärzte Broussais und Bouillard entwickelten eine „verbesserte“ Methode, in der bis 80 Tiere in einer Sitzung an einem Patienten angesetzt wurden. Da man pro Blutegel mit einem durchschnittlichen Blutverlust von circa 10 ml rechnet ist leicht zu verstehen, warum es zu Todesfällen in Folge von Blutegeln kam.

In der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wurden in Frankreich circa 100 Millionen Blutegel eingeführt und verwendet. Neben den schon erwähnten Todesfällen wegen „Überdosierung“ führte dies dazu, dass der medizinische Blutegel in Mitteleuropa ausstarb. Die Egel, welche heute in den Bächen und Weihern gefunden werden, sind nicht die medizinischen Blutegel, Hirudo medicinalis, sondern kleinere Gattungen, wie zum Beispiel der Leberegel.

Die Therapie mit Blutegel wurde danach lange nur von Heilpraktikern und wenigen Ärzten durchgeführt, die sich das Wissen über die gesundheitsfördernde Wirkung dieser kleinen Tierchen erhalten hatten.

Das Speichelsekret des Blutegels enthält heilende Bestandteile

Im Speichel des medizinischen Blutegels sind verschiedene wirksame Bestandteile enthalten. Er wirkt

  • Blut verdünnend
  • entzündungshemmend
  • entzieht Blut
  • beschleunigt den Lymphstrom
  • Schmerz stillend

Am bekanntesten ist das Blut verdünnende Hirudin. Während einer Blutegeltherapie verliert der Patient pro Egel circa 5 ml But und weitere 5 ml werden langsam über die nächsten 24 Stunden als Nachblutung abgesondert. Diese Nachblutung wirkt entschlackend auf das Zwischenzellgewebe und führt dazu, dass Lymphflüssigkeit vermehrt abfließen kann und mit dem Blut ausgeschieden wird.

Diese Entschlackung ist der Grund, warum Blutegel so erfolgreich zur Therapie von Venen- und Lymphstau eingesetzt werden können. Denn auch tiefsitzende Venen werden von Druck der Lymphe befreit, und frisches Blut kann wieder nachfließen, so entsteht wieder eine relativ normale Blutzirkulation.

Durch den kontrollierten Blutverlust werden die weißen Blutkörperchen, angeregt, sich schneller zu vermehren. Diese Leukozyten sind ein wichtiger Bestandteil der körpereigenen Abwehr. Sie gelangen wieder an Orte im Gewebe, die vor dem Einsatz der Blutegel schlechter durchblutet waren.

Dort töten sie Bakterien ab und binden Giftstoffe. Auch bereits bestehende Eiterherde können so behandelt werden. Durch die Nachblutung fließen die Giftstoffe direkt über die Bisswunden ab. Die Nieren, welche normalerweise durch massive Ausscheidung von Schlackenstoffen zusätzlich belastet werden, werden so geschont.

In diesen Fällen kann eine Blutegeltherapie helfen

Blutegeltherapie wird als unterstützende Therapie angewendet bei:

  • Arthrosen z. B.: Knie-und Daumensattelgelenksarthrose
  • Blutergüssen
  • Bluthochdruck
  • Durchblutungsstörungen – Offenes Bein
  • Furunkel und Karbunkel
  • Gallenblasenentzündung
  • Gürtelrose
  • Hämorrhoiden
  • Kopfschmerzen und Migräne
  • Mandelabszess
  • Muskelverspannungen, Muskelverhärtungen
  • Probleme durch Monatsblutungen
  • Rheuma – Gicht
  • Sehnenscheidenentzündung
  • Tennisellbogen
  • Tinnitus
  • Venenentzündung – Krampfadern
  • Wechseljahrsbeschwerden
  • und weitere

Der Einsatz von Blutegeln darf nicht ohne medizinischen Rat und nur unter Aufsicht eines Arztes oder Heilpraktikers durchgeführt werden. Bevor eine Blutegeltherapie angewandt wird, müssen verschiedene Risikofaktoren ausgeschlossen werden.

Eine Blutegelbehandlung darf nicht immer eingesetzt werden

Es gibt auch Erkrankungen bei denen eine Behandlung mit Blutegeln nicht durchgeführt werden darf.

  • angeborener oder erworbener Blutkrankheit
  • gleichzeitiger Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamenten
  • Knochenmarkssupression und Anämie (Blutarmut)
  • blutigen Magengeschwüren, erosiver Gastritis, Magengeschwüren mit Blutungsneigung
  • akute Infektionskrankheiten und Fieber
  • schwerwiegende instabile Organerkrankungen
  • Einnahme von Medikamenten die die Immunreaktionen unterdrücken und starke Allergieneigung, speziell Eiweißallergien
  • bekannte Allergien gegen Inhaltsstoffe des Speichels der Blutegel
  • Neigung zu Blutungen
  • überschießende Bindegewebsvermehrung
  • allgemeinen und örtlich begrenzten Wundheilungsstörungen

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