Selbstbefriedigung beim Mann: Mehr als ein spaßiger Zeitvertreib

Trotz aller sexuellen gesellschaftlichen Entspannungen ist männliche Selbstbefriedigung heute immer noch in einer Ecke zwischen Tabuisierung und Teenager-Klamauk gefangen. Zu Unrecht eigentlich.

Man erkennt den Status der männlichen Selbstbefriedigung schon daran, wie Google damit umgeht: Sobald man „Männliche Selbstbe…“ eingibt, stellt die Suchmaschine das von ihr sonst so exzessiv betriebene Vorschlagen von Suchbegriffen gänzlich ein. Dabei ist es eine statistische Sache: rund 70 Prozent aller Männer befriedigen sich mindestens einmal wöchentlich – viele tun es auch häufiger, oft liest man sogar von 90 Prozent aller Männer, die es mindestens wöchentlich tun. Vielen ist dieses Verlangen auch schon buchstäblich in die Wiege gelegt. Und es gibt nichts, was daran verwerflich, ungesund oder anderweitig nachteilig wäre.

Masturbation oder Onanie?

Sieht man von „handfesteren“ Begrifflichkeiten wie dem umgangssprachlichen Wichsen/Wixen/Wixxen ab, gibt es für die männliche Selbstbefriedigung zwei „seriöse“ Begriffe, Onanieren und Masturbieren. Keiner davon ist falsch. Masturbation ist dabei einfach nur der geschlechtsübergreifende Begriff, wohingegen Onanie, angelehnt an die biblische Figur des Onan, sich nur auf männliche Selbstbefriedigung bezieht – und durch die historische Herleitung gleichzeitig eine gewisse Negativität mit sich bringt. Der biblische Onan wurde mit dem Tode bestraft, weil er „seinen Samen auf die Erde fallen ließ“. Zwar handelte es sich dabei eher um einen Fall von Coitus interruptus, jedoch bürgerte sich der Begriff für Selbstbefriedigung ein. 

Keine Schande, eher gesund

Über viele Jahre, in Deutschland bis noch in die 1980er, war Onanie negativ behaftet. Nicht nur von einem moralischen Standpunkt („mangelnde Selbstkontrolle, viehische Triebe…“), sondern auch einem pseudowissenschaftlichen. Rückenmarkschwund, Gehirnerweichung, Haarwuchs auf den Handflächen… viele Männergenerationen wurden dank solcher pseudomedizinischen Panikszenarien regelrecht bestohlen.

Sie wurden um die Erfahrung gebracht, ihre Sexualität aus der Sicherheit ihres eigenen Zuhauses zu entdecken. Ohne Angst vor Spott. Tatsächlich ist das auch heute noch einer der wichtigsten Faktoren der Onanie: Je öfter Man(n) sie betreibt, desto besser lernt er sich kennen. Er trainiert sein Durchhaltevermögen, kann seine Orgasmen besser kontrollieren. Salopp formuliert, jedes Solo ist ein wichtiges Training fürs eigentliche Match. Und nicht nur das: Nur durch Masturbation finden (junge) Männer auch erst heraus, was sie erregt.

Hinzu kommt ein regelrechtes Füllhorn an medizinisch bewiesenen Vorteilen des „Handbetriebes“:

  1. Nur Selbstbefriedigung hat eine Orgasmusgarantie. Und je häufiger ein Mann kommt, desto geringer sein Risiko für Prostataerkrankungen
  2. Es werden Endorphine freigesetzt, welche die Stimmung stark verbessern und zum Stressabbau beitragen
  3. Die Beckenmuskulatur wird durch das automatische Anspannen trainiert. Das senkt vor allem im höheren Alter das Risiko für Harninkontinenz
  4. Herz und Kreislauf werden gefordert und trainiert. Zudem werden bei einer durchschnittlichen „Session“ etwa 150 Kalorien verbrannt.
  5. Häufiges Onanieren verbessert die Spermienqualität, weil der Körper immer wieder neue, „frische“ produzieren muss.
  6. Die Produktion von Testosteron wird gesteigert.

Bei letzterem ist es übrigens optimal, zweimal wöchentlich zu onanieren. Häufiger oder seltener sorgt jeweils wieder dafür, dass der Testosteronspiegel absinkt.

Do’s

Prinzipiell ist bei der Masturbation alles erlaubt, was nicht schadet. Doch für ein optimales Erlebnis gibt es durchaus noch Möglichkeiten, sich zu verbessern.

Der wohl wichtigste Faktor ist Zeit und Ruhe. Nur wer nicht unter Druck oder Angst vor Aufdeckung steht, kann sich wirklich so entspannen, wie es vonnöten ist. Eine Viertelstunde sollte in jedem Fall eingeplant werden. Die Zeit sollte Man(n) auch nutzen, um es sich bequem zu machen. Sprich, die Kleider abzulegen, ist nicht die schlechteste Idee.

Doch es muss nicht immer die Couch sein. Im Gegenteil, wie es die Deutsche Wichsanleitung „So machst du es dir richtig“ formuliert: „Im Auto, in einer dunklen Ecke im Park, im Wald oder fernab des Sichtbereichs deiner Nachbarn kannst du dir auf der eigenen Terrasse ein unvergessliches Erlebnis verschaffen. Hole dir den Kick und lebe deinen Fetisch dort aus, wo dich die Lust überkommt“. Grenzen sollte man nur dort setzen, wo Unbeteiligte gestört werden könnten – das könnte eine Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses nach sich ziehen.

Natürlich kann man sich alleine mit einer Hand absolut optimal befriedigen. Allerdings sollte man Sexspielzeuge nicht generell verbannen. Erst recht, weil die Industrie mittlerweile Männer als potente Zielgruppe entdeckt hat. Mit Toys wie der „Fleshlight“ wird Onanie noch intensiver – für den Anfang reicht aber auch ein neutralgeformter Vibrator, mit dem man einfach Penis und Hoden ein wenig zusätzlich stimuliert.

Übrigens: Es hat absolut nichts mit Homosexualität zu tun, auch als Heterosexueller den Anus(-bereich) in sein Spiel mit einzubeziehen. Das gesamte Areal ist von sehr vielen Nervenenden durchzogen und somit bei jedem Mann eine erogene Zone. Und wer sich in der Badewanne entspannt, einen Finger auf Entdeckungstour schickt und die Spitze im Anus Richtung Penis krümmt, wird automatisch seine Prostata entdecken und damit eine neue, für viele enorm lustvolle Spielart der Onanie.

Dont’s

Schmerz ist ein Signal des Körpers dafür, dass das, was man gerade beim Masturbieren anstellt, ungesund ist. Wer sich an diese simple Regel hält, wird nie körperliche Probleme bekommen. Das bedeutet also, alles, was man in sein Spiel mit einbezieht, sollte dafür gedacht und nicht nur umfunktioniert sein. Das gilt für Analspielzeuge generell ebenso wie für deren Durchmesser im Speziellen und auch Dinge, mit denen man den Penis reizen will.

Ferner ein guter Ratschlag: Häufiges Onanieren ist nicht schlimm, wenn dies jedoch mit ebensolchem Pornokonsum einhergeht, kann durchaus die eigene Sexualität leiden:

  • Die gezeigten (und gesuchten) Szenen werden mit der Zeit immer extremer. Wo am Anfang noch Standard-Pornos ausreichen, wird später immer öfter härteres Material benötigt, um Erregung zu erfahren.
  • Insbesondere der Konsum professioneller (konträr zu Amateur-) Pornos kann die Selbstwahrnehmung (wegen der meist sehr gut „bestückten“ männlichen Darsteller) sowie die partnerschaftliche Sexualität (wegen der pornographischen Spielarten, die meist extremer als die der Wirklichkeit sind) nachhaltig und nachteilig beeinflussen.
  • Die Phantasie verkümmert. Das kann dazu führen, dass man irgendwann ohne die optische (voyeuristische) Stimulation kaum noch erregt wird. Gleichsam verliert man auch die Fähigkeit, durch Alltagssituationen (etwa die leichtbekleidete Partnerin) erregt zu werden, wenn in Pornos die Darstellerinnen beinahe ausnahmslos „verdorbener“ sind.

Ab und zu Pornos zu konsumieren ist nicht schlimm. In der Hauptsache sollte Man(n) jedoch mithilfe seiner Phantasie masturbieren – sofern es die überhaupt benötigt.

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