Potenzmittel bei Prostatavergrößerung – zwei Fliegen mit einer Klappe?

Seit 2012 ist der Phosphodiesterase-5-(PDE-5)-Hemmer Tadalafil, anfangs eingeführt unter dem Handelsnamen Cialis, zur Behandlung von Männern mit benigner Prostatahyperplasie (BPH) zugelassen und seit 2014 prinzipiell auch erstattungsfähig. PDE-5-Hemmer wurden ursprünglich nur zur Behandlung von Erektionsstörungen eingesetzt. Damit können nun also theoretisch Prostatavergrößerung und Potenzstörungen mit einem Medikament behandelt werden, zumal bekannt ist, dass unter BPH-Patienten eine Potenzstörung häufiger auftritt. Klingt gut? Ja, aber immer der Reihe nach.

Die medikamentöse Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung haben wir schon in einem anderen Beitrag besprochen. Hier gibt es noch eine sehr interessante Ergänzung.

Wirkmechanismus

Bei einer Prostatavergrößerung verengt sich der Teil der Harnröhre, der durch die Prostata verläuft. Durch eine Hemmung des Enzyms PDE-5 mit Hilfe von Substanzen wie Tadalafil kann die Konzentration des sogenannten cyklischen Guanosinmonophosphat (cGMP) in der Zelle erhöht und so dessen Aktivität gesteigert werden. Dies führt zu einer vermehrten Entspannung von glatten Muskelzellen. Ein Effekt, den man sich bei erektionssteigernden Medikamenten für eine vermehrte Durchblutung des Penis zunutze gemacht hat. Aber nicht nur die Gefäße in den Schwellkörpern des Penis werden weitgestellt, sondern es entspannt sich auch die Muskulatur der Prostata. Dadurch vermindert sich der Druck auf die Harnröhre und der Urin kann leichter abfließen.

Wie erfolgreich ist die Behandlung?

In der subjektiven Wahrnehmung des Patienten, gemessen an standardisierten Fragebögen, kam es in großen Studien zu einer Verbesserung der Beschwerden um etwa 30 Prozent. Auch der messbare Harnstrahl verbesserte sich etwas. Ein Effekt auf die Prostatagröße und den Restharn wurde nicht beschrieben. Ob dem Voranschreiten einer BPH langfristig vorgebeugt werden kann, müsste in Studien über einen längeren Beobachtungszeitraum untersucht werden. Typische Nebenwirkungen der Medikation sind Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen und Hitzewallungen.

Dosierung

In Europa sind mit Sildenafil (bekannt als Viagra), Tadalafil (Cialis) und Vardenafil (Levitra) gleich drei verschiedene PDE5-Inhibitoren zur Therapie der Erektilen Dysfunktion (ED) verfügbar. Sildenafil ist außerdem zur Therapie von Bluthochdruck der Lunge zugelassen.

Auf Grund des langsamen Abbaus im Körper eignet sich aber nur Tadalafil fu?r die einmal tägliche Einnahme. Zugelassen für die Behandlung bei Prostatavergrößerung wurde die Dosis von 5 mg Tadalafil täglich als niedrig dosierte Dauertherapie. Eine Dosis von 2,5 mg pro Tag konnte keine überzeugenden Ergebnisse liefern. Höhere Dosen (10 und 20 mg) zeigten ein höheres Risiko für Nebenwirkungen.

Erstattung

Bevor nun dieser Artikel aufgrund seiner unverkennbaren Brisanz eine virale Verbreitung im Internet findet, muss ich leider kräftig Wasser in den Wein gießen und die Fakten zur Erstattungsfähigkeit durch die Krankenkassen offenlegen:

Wird Tadalafil nämlich nur zur Behandlung von Potenzstörungen verschrieben, ist das Medikament in Deutschland nicht erstattungsfähig und der Patient muss die Kosten selbst tragen. Anders verhält es sich, wenn der Arzt das Medikament gegen Prostatavergrößerung verschreibt. Da hier nicht nur die Steigerung der Lebensqualität, sondern die Behandlung eines Krankheitsbildes im Vordergrund steht, können im Einzelfall die Kosten von den Krankenkassen erstattet werden. Die Dauertherapie mit Tadalafil ist jedoch deutlich teurer als alle gängigen Therapien. Darum muss der Arzt die Verordnungsnotwendigkeit begründen, beispielsweise, wenn die Standardtherapie mit Alphablockern Nebenwirkungen wie niedrigen Blutdruck, Störungen beim Samenerguß, Magen-Darm-Probleme oder Sehstörungen verursacht. Diese erhöhten Verordnungskosten werden dann in einem Prüfverfahren von den Kostenträgern im Zweifel patientenbezogen untersucht.

Verordnungswünsche von Patienten, die mit Hinweis auf eine mögliche BPH ein Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion ergattern möchten, werden also in der Regel abgeschmettert.

Zum Schluß aber noch eine gute Nachricht: Seit November 2017 ist der Wirkstoff Tadalafil nun als Generikum verfügbar und damit deutlich günstiger geworden. Auch als generisches Arzneimittel bleibt Tadalafil jedoch rezeptpflichtig. Es muss also bei Patientenwunsch weiterhin die Notwendigkeit der Einnahme von einem Arzt überprüft und das Mittel auf Rezept verordnet werden.

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