Eine Wachstumsstory: Die Prostata

Die Prostata – was für ein Organ! Fast jeder kennt es, kaum jemand weiß, wozu es gut ist. Bekannt ist gerade noch, dass es sich bei der Prostata um ein Männerorgan handelt. Man kann sagen: Die Prostata ist als unbekanntes Organ weltbekannt. Die Stunde der Prostata schlägt leider erst dann, wenn sie Probleme verursacht. Erst mit zunehmender Größe wächst das Interesse an Funktion und Lage der Prostata.

Schutz für die Spermien

Die Prostata produziert zusammen mit den Samenblasen ein Sekret, das den Samenzellen Nahrung liefert und sie vor dem sauren Milieu in der Scheide schützt. Dabei handelt es sich um einen Mix aus Fruchtzucker sowie Enzymen und Mineralstoffen. Das Sekret verlässt den Körper des Mannes beim Samenerguss. Was vorne herausschießt (Ejakulat genannt) ist also zu einem guten Teil das Sekret der Prostata, die auch Vorsteherdrüse genannt wird. Genau betrachtet ist ihre Funktion sogar über-lebenswichtig. Denn ohne das Sekret der Vorsteherdrüse könnten sich die Samenzellen (Spermien) nicht fortbewegen. Eine Fortpflanzung wäre damit unmöglich, da keine Samenzelle je eine Eizelle im Körper der Frau erreichen würde. Dass nur 0,5 Prozent des gesamten Ejakulats aus Spermien besteht und der Rest Samenflüssigkeit aus Prostata und Samenblasen ist, sei hier nur am Rande erwähnt.

Ein Organ, das früh in Rente geht

Die Prostata benötigen wir somit nur in der Phase unseres Lebens, in der wir uns fortpflanzen möchten. Die übrige Zeit im Leben, die wir mit Samenerguss verbringen, ist reiner Zeitvertreib. Spass an der Freud´, sozusagen. In Zahlen ausgedrückt liest sich der Spass so: Bei durchschnittlich 7000 Ejakulationen von je circa 5 ml liegt die Lebenszeitleistung der Prostata in einem Männerleben bei etwa 35 Litern Sekret.

Wenn die Prostata also irgendwann nicht mehr zur Fortpflanzung gebraucht wird, warum bildet sie sich dann nicht einfach zurück und tut stattdessen das Gegenteil? Kaum ist sie ihrer Funktion enthoben, fühlt sie sich offenbar vernachlässigt und macht mit zunehmendem Alter durch Größenwachstum, bösartige Veränderungen oder Entzündungen auf sich aufmerksam. Es reicht ihr offenbar nicht, dass man sie auch ohne Funktion weiter Vorsteherdrüse nennt.

Gut versteckt im kleinen Becken

Soviel zunächst zur allgemeinen Lage. Nun zur genauen Lage – die der Prostata nämlich. Sie liegt genau dort: tief im kleinen Becken, über dem Beckenboden, hinter dem Schambein, unter der Harnblase, vor dem Enddarm und umschließt dann auch noch ringförmig die Harnröhre. Nehmen Sie einen kleinen Trichter und legen Sie eine Kastanie hinein. Dann bekommen Sie schon einen ganz guten Eindruck von Lage und Funktion. Wer jedoch glaubt, sie sei durch ihre Position vor äußeren Einflüssen gut geschützt, der irrt. Die Nähe zur Dammregion (zwischen Hodensack und After) macht sie anfällig für Nässe und Kälte oder auch mechanische Irritationen, hervorgerufen zum Beispiel durch Fahrradfahren. Auch für Bakterien, die die Harnröhre hoch wandern, ist sie eine willkommene erste Raststation.

Eine Herausforderung für Arzt und Patienten

Durch diese besondere Lage gestaltet sich auch ihre Behandlung schwierig. Will man ihr operativ von vorne zu Leibe rücken, versteckt sie sich hinter dem knöchernen Schambein. Bei Bestrahlungen schmiegt sie sich hinten an den allzu strahlenempfindlichen Enddarm an. Und bei einer ärztlichen Offensive über den natürlichen Weg der Harnröhre wird die Intaktheit des Schließmuskels unter der Prostata oder der Harnblase über der Prostata gefährdet.

Verkehrte Welt

In den Augen eines Urologen ist die Prostata trotz ihrer Unzulänglichkeit und Unzugänglichkeit ein »Segen«. Sorgt sie doch dafür, dass er niemals arbeitslos werden kann, da Millionen Männer unter ihrem organischen Größenwachstum leiden. Dieses Wachstum und die Therapiemöglichkeiten müssen wir uns in weiteren Artikeln noch genauer betrachten.

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