Wann kann Sport dem Herzen schaden?

Herzpatienten bekommen in der Regel die Empfehlung, mehr Sport zu treiben. Aber nicht immer sind Sport und Bewegung die richtigen Mittel, um das Herz zu kräftigen. Für bestimmte Menschen kann es sogar besser sein, keinen Sport zu treiben.

Wahrscheinlich haben Sie auch schon gehört, dass man Sport treiben sollte, wenn man sein Herz schützen will. Überall liest man, dass Sport das Herz stärkt und Bewegung ein geschwächtes Herz wieder in Schwung bringen kann. Diese Regel könnte möglicherweise bald nicht mehr grundsätzlich gelten. Denn bei einigen Menschen kann Sport das Herzinfarktrisiko erhöhen.

Sport ist gut fürs Herz…

Das soll jetzt nicht heißen, dass Sport dem Herzen schadet. Tatsächlich können die meisten Menschen von regelmäßiger Bewegung extrem profitieren. Durch Sport sinkt der Blutdruck, die Durchblutung wird angeregt und auch bestimmte Prozesse im Körper, die für das Herz wichtig sind, oder die Blutfettwerte werden positiv verändert. Insofern gilt die Empfehlung Sport zu treiben, für die meisten Menschen. Aber eben nicht für alle.

…oder doch nicht?

Schon in den 90er Jahren fiel Professor Claude Bouchard aus Baton Rouge (USA) im Rahmen einer Studie mit gesunden Menschen auf, dass sich bei rund acht Prozent der Testpersonen einige Risikofaktoren für einen Herzinfarkt durch ein fünfmonatiges, regelmäßiges und kontrolliertes Training verschlechterten. Bouchard ging diesem unerwarteten Ergebnis nach und wertete fünf weitere Studien aus, um Gewissheit zu bekommen (PLoS ONE 2012; online 30. Mai).

Insgesamt konnten die Mediziner so die Daten von fast 1.700 Probanden analysieren und herausfinden, wie groß das Risiko ist, dass ein langfristiges Trainingsprogramm dem Herzen auch schaden kann, auf wie viele Personen das zutrifft und welche Werte davon betroffen sind. Untersucht wurde der Einfluss auf den Blutdruck, der Blutfettwerte (Triglyzeride, Cholesterin) und des Nüchtern-Insulinspiegels.

Jeder Zehnte ist betroffen

Bei der Auswertung stellten die Mediziner fest, dass sich für jeden dieser vier Parameter bei jeweils mehr als zehn Prozent der Beteiligten eine Verschlechterung eingestellt hat, die sich negativ auf die Herzgesundheit auswirkt.

So stieg bei jedem Zehnten der systolische Blutdruck um 10mmHg, die Triglyzeride um 36,7 mg/dl oder mehr, der HDL-Cholesterinspiegel sank um mindestens 4,6 mg/dl und der Nüchtern-Insulinspiegel stieg um 3,4 ?U/l.
Bei rund sieben Prozent der Probanden verschlechterten sich sogar zwei Werte deutlich.

Dass die reine Bewegung für die schlechteren Werte verantwortlich ist, konnten die Forscher klar feststellen. Denn sie schlossen weitere mögliche Faktoren wie Belastungsintensität, Geschlecht, Hautfarbe, mangelnde Fitness oder die Einnahme von Medikamenten als Gründe für die Verschlechterung der Werte aus.

Jetzt wollen die Forscher herausfinden, welche Gründe dafür verantwortlich sind, dass bei einigen Menschen Bewegung zu einer Verschlechterung der Herzgesundheit führen können.

Trotzdem zum Sport gehen

Bis die Wissenschaftler eine Antwort gefunden haben, heißt das aber nicht, dass man sich als Vorsichtsmaßnahme besser auf die Couch legen sollte. Denn man muss den Umkehrschluss ziehen. Wenn bei zehn Prozent eine Verschlechterung eintritt, verbessern sich bei 90 Prozent die Werte. Zudem verschlechtert sich nur ein Wert, während sich die anderen drei durch Bewegung positiv verändern.

Insofern profitieren die Herzen der meisten Menschen von Sport. Man sollte aber auch als aktiver Mensch regelmäßig seine Herzgesundheit checken lassen. So kann man auf Nummer sicher gehen, dass die Bewegung das Herz auch stärkt.

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