Klassische Homöopathie: Heilung versus Unterdrückung von Symptomen

In der klassischen Homöopathie wird immer wieder vor der Unterdrückung von Krankheitssymptomen gewarnt, um nicht die Heilung zu blockieren. Was ist damit gemeint und warum ist es so wichtig, Unterdrückungen zu vermeiden?

Klassische Homöopathie: Symptome nicht vom Äußeren nach innen verschieben
Nach Hahnemann, dem Begründer der Homöopathie, sind die Krankheitssymptome, die ein Organismus entwickelt, nur die äußeren Zeichen der Krankheit, nicht die Krankheit selbst. Sie weisen lediglich darauf hin, dass im Inneren des Menschen etwas nicht in Ordnung ist. Er hat beobachtet, dass der Ursprung der Krankheit im Inneren liegt und sich zum Beispiel als Neurodermitis oder Asthma ausdrücken kann.

Diesen Zusammenhang erkennt auch die Schulmedizin, die diese Symptome und auch z. B. Heuschnupfen, als atopischen Formenkreis zusammenfasst. Hahnemann ging aber noch weiter: Für ihn waren die Namen der Krankheit nicht wichtig, um so mehr dagegen, dass Symptome nicht vom Äußeren des Organismus nach innen vertrieben wurden.

Heilung in der Klassischen Homöopathie
Heilung bedeutet mehr als nur das Verschwinden der Krankheitszeichen. Wenn zum Beispiel ein Kind mit Neurodermitis nach der ersten Verschreibung wieder in die Praxis kommt, wird zunächst gefragt, ob und welche Symptome in der Zeit seit der Mitteleinnahme aufgetreten sind. Daraus wird dann ersichtlich, ob die Heilung voranschreitet oder ob eine Unterdrückung stattfindet.

Ist der Hautausschlag besser oder gar verschwunden, möglicherweise nach einer Erstverschlimmerung und das Kind ist ausgeglichen, schläft gut, hat Entwicklungsschritte gemacht und außer vielleicht einem Infekt keine neuen Symptome entwickelt, ist dies für den/die HomöopathIn ein Zeichen, dass das homöopathische Mittel die Heilung unterstützt.

Nach Hahnemann ist echte Heilung nur durch die Harmonisierung der Lebenskraft möglich. Homöopathische Arzneimittel beeinflussen die Lebenskraft, regen die Selbstheilungskräfte des Kranken an, bringen ihn wieder ins Gleichgewicht und stärken somit die Lebenskraft. Der Mensch wird unterstützt, sich selbst zu heilen. 

Unterdrückung in der Klassischen Homöopathie
Stellt sich jedoch heraus, dass zwar der Hautausschlag verschwunden ist, das Kind jedoch unausgeglichen, gereizt ist, schlecht schläft oder apathisch ist und zum Beispiel statt eines einfachen Infektes eine fiebrige Bronchitis entwickelt hat, so weiß der/die BehandlerIn, dass der Verlauf nicht in Richtung Heilung geht, sondern dass eine Unterdrückung von Symptomen stattgefunden hat. Die Krankheit hat sich von der äußeren Ebene (Haut) weiter nach innen verlagert (Lunge).

Die nächsten Fragen zielen dann darauf ab, herauszufinden, ob das gewählte homöopathische Mittel falsch gewählt war oder ob die Unterdrückung durch die Anwendung von Salben oder anderen Medikamenten hervorgerufen wurde. Wenn Krankheitssymptome nicht als Ausdruck des Menschen als Einheit gesehen werden, sondern als lokal begrenzte Störung gewertet werden, führt die Behandlung leicht zu Unterdrückung.

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Unterdrückung durch schulmedizinische Behandlung mit Antibiotika oder Kortison hervorgerufen wurde oder durch ein nicht gut gewähltes homöopathisches Arzneimittel oder durch andere Heilmethoden.

Deshalb verschreiben gut ausgebildete, klassisch arbeitende HomöopathInnen keine Komplexmittel oder mehrere Einzelmittel zur gleichen Zeit. Auch die Gabe von homöopathischen Arzneien nach so genannter bewährter Indikation (z. B. Mittel A für Beschwerde X, Mittel B für Beschwerde Y), kann zu Unterdrückungen führen. 

Wegweiser für die Heilung
Durch das Verlagern der Krankheit nach innen, immer mehr zu den zentraleren Organen besteht die Gefahr, dass sich immer ernstere Krankheitszustände bilden (= entgegen der Hering’schen Regel. Diese Zusammenhänge werden von Homöopathen und anderen ganzheitlichen Heilweisen schon seit Jahrhunderten beobachtet.

Die Hering’sche Regel fasst sie zusammen: Der Körper heilt von oben nach unten, von innen nach außen, von den lebenswichtigen Organen zu den weniger lebenswichtigen Organen (d. h. die Haut heilt zuletzt) und in chronologisch umgekehrter Reihenfolge (d. h. die zuletzt entstandenen Symptome heilen zuerst aus). Während der Heilung kommen alte unterdrückte Symptome wieder für eine begrenzte Zeit zurück, damit sie ausheilen können. 

Die Lebenskraft ist bestrebt, Symptome an den äußeren, weniger lebenswichtigen Organen zu manifestieren. Wenn ihr das verwehrt wird, entstehen Symptome an weiter innen gelegenen, zentraleren, lebenswichtigeren Organen, also Haut, Schleimhäute, Muskeln, Knochen, Sexualorgane, Lunge, Niere, Leber, Herz, Hormondrüsen, Nervensystem und Gehirn einschließlich der Psyche.

Wird also ein solcher Verlauf beobachtet, wird ein neues, besser passendes homöopathisches Mittel verschrieben und darauf hingewiesen, dass keine unterdrückenden Medikamente eingesetzt werden.  

Fazit
Bei einer einfachen Bekämpfung der Symptome, einer Unterdrückung werden nur die Symptome zum Schweigen gebracht oder bemäntelt, ohne dass die eigentliche Krankheit, die dahinter steckt, geheilt ist. Dem Körper wird durch eine unterdrückende Behandlung die Ausdrucksmöglichkeit der Krankheit und damit die Möglichkeit einer wirklichen Heilung genommen.

Entsprechend der Beobachtungen und Erfahrung der HomöopathInnen seit über 200 Jahren sucht sich die Lebenskraft irgendwann ein anderes Ventil, eine andere Ebene für den Ausdruck. In der Homöopathie geht man davon aus, dass sich der Organismus immer die Ausdrucksmöglichkeiten sucht, die ihn insgesamt am wenigsten beeinträchtigen.

So ist es zwar sehr unangenehm, wenn sich Symptome auf der Haut zeigen, aber weniger lebensgefährlich als ein Asthmaanfall. Unterdrückung kann dazu führen, dass sich Symptome an einem lebenswichtigeren Organsystem manifestieren.