Albtraum Frauenarzt – das muss nicht sein

Er begleitet uns ab der Pubertät quasi ein Leben lang: Der Gang zum Gynäkologen. Mindestens als unangenehm, wenn nicht sogar als beschwerlich wird der Weg dorthin beschrieben, daran gewöhnen können sich die meisten Frauen nicht, denn normalerweise lassen wir Andere nur in klar sexueller Absicht an unsere intimsten Körperteile. Der Blick zwischen die Beine hat also immer etwas von einer Grenzverletzung. Sie können sich den Gang zum Frauenarzt aber erleichtern.

Frauenärzte wissen das, sie stellen sich darauf ein und versuchen sich zu diesen Ängsten irgendwie professionell zu verhalten. Aber wie?

Ein Arzt, eine Ärztin, die kühl-distanziert mit verschränkten Armen und Beinen und versteinertem Gesicht unseren Sorgen lauscht ist für die meisten Frauen genauso unannehmbar wie einer, der durch  unangemessene Berührungen und neugierige Fragen zu privat wird.

Aus dem Bedürfnis heraus, sich nicht mit einer Form von sexueller Spannung auseinandersetzen zu müssen, wählen viele Frauen eine weibliche Gynäkologin. – Keine Garantie für ein Vertrauensverhältnis, aber diese Möglichkeit gibt vielen Patientinnen mehr Sicherheit.

Aus meiner Beratungsarbeit mit Frauen kenne ich unzählige Probleme, die Frauen davon abhalten, einen Gynäkologen aufzusuchen, nachdem sie schlechte Erfahrungen gemacht haben. Aus solchen ergeben sich allgemeine, aber auch ganz spezifische Kriterien, nach denen sie die Qualität einer gynäkologischen Behandlung beurteilen:

Ein guter Gynäkologe …

  • kann zeitnah Termine anbieten
  • hat keine Wartezeiten, die über 30 Minuten hinausgehen
  • hat eine blitzsaubere und freundlich wirkende Praxis, mit abgeschirmten Behandlungsstühlen, Kabinen zum Umziehen etc., die Diskretion ermöglichen
  • nimmt sich vor der körperlichen Untersuchung Zeit für ein Gespräch, bei dem die Frau vollständig bekleidet bleiben kann
  • sorgt dafür, dass nur so viel Kleidungsstücke abgelegt werden müssen, wie für die jeweilige Untersuchung nötig sind (also Hose oder Rock und Slip bei der Untersuchung der Vulva, hier können die Oberteile anbehalten werden bzw. bei der Untersuchung der Brust dann jeweils nur das Ablegen des Pullovers und BHs, während die Hose anbehalten werden kann.
  • erklärt, was und zu welchem Zweck er es tut
  • hat ein warm temperiertes Behandlungszimmer
  • hat gewärmtes Untersuchungsbesteck
  • führt das Gespräch über die medizinischen Maßnahmen im Anschluss an die Untersuchung, wenn die Frau wieder bekleidet ist
  • ist zugewandt und freundlich, wenn er mit starken Emotionen seiner Patientin konfrontiert wird
  • ist sicher in der Gesprächsführung, fragt ggf. neutral , aber direkt  nach, auch wenn es sich um Tabuthemen, wie die sexuellen Beziehungen bzw. Sexualpraktiken der Patientin handelt
  • ist in der Lage, einfühlsam kulturspezifische Besonderheiten bezüglich der Sexualität und Paarbeziehung  zu erfragen und in der Behandlung zu berücksichtigen
  • ist mutig und offen, wenn es um den Verdacht sexueller Gewalt geht und kann Hilfemöglichkeiten vermitteln
  • versteht sich in allen angrenzenden Themen auch als Vermittler zu flankierenden Hilfestellungen wie Hebammen, psychologischen Beratungsstellen, Fachkliniken u. ä.
  • nimmt eine neutrale und wertfreie Grundhaltung mit, wenn es um die sexuellen Neigungen seiner Patientinnen geht, um im Raum stehende Schwangerschaftsabbrüche, Sterilisationen usw. zu besprechen.

Hauptverantwortlich für unsere Gesundheit: Wir selbst!

Viele Gynäkologen starten voller Elan in ihre Praxis und erleben dann ihrerseits immer wieder die Grenzen ihrer Hilfemöglichkeiten, weil die Patientinnen, die sie behandeln, aus ihrer Sicht nicht genügend zum Erfolg der Behandlung beitragen.

Die Hauptverantwortung  für ihr Wohlbefinden trägt  die „Körperinhaberin“ selbst. Je besser ihre Beobachtungsgabe ist, je genauer sie ihren Körper und dessen Funktionen kennt und je angstfreier  und selbstbewusster sie mit sich und ihrer Sexualität umgeht, umso leichter kann (sexuelle)  Gesundheit gelingen.

Je genauere und detailliertere Informationen Sie Ihrem Frauenarzt geben können, um so spezifischer und gezielter kann er seine Diagnose  stellen und Sie behandeln. So ist es zum Beispiel fast unerlässlich, einen Zykluskalender zu führen und dem Arzt möglichst genau zu beschreiben, wie die Periode verläuft und wie Sie sich dabei fühlen, wann und welche Beschwerden Sie subjektiv wahrnehmen und wie Sie damit umgehen. Vereinbaren Sie Termine beim Gynäkologen nicht während der ersten drei Tage der Blutung.

Für die Anamnese, also die Aufnahme Ihrer Krankengeschichte können sie ihrem Gynäkologen wertvolle Hinweise geben, wenn Sie sich bei Mutter und ggf. Großmutter nach familiären gynäkologischen Erkrankungen in der Herkunftsfamilie erkundigen. Notieren Sie sich alles und informieren Sie ihn darüber.

Fassen Sie Mut und sprechen Sie mit Ihrem Frauenarzt darüber, wenn Sie Probleme in Ihrer Sexualität haben, bzw. auf jeden Fall dann, wenn Sie Beschwerden durch Sexualität haben. Oft kann der Frauenarzt Tipps geben oder mit ihrem Partner ein gemeinsames Gespräch führen, was für Sie selbst sehr entlastend sein kann.

So gut wie alle sexuell übertragbaren Krankheiten müssen bei beiden aktiven Sexualpartnern behandelt werden, weil es ansonsten einen sogenannten Pingpongeffekt geben kann, bei dem sie sich immer wieder bei Ihrem Sexualpartner anstecken. Auch hier ist ein gemeinsames Gespräch hilfreich und entlastet Sie von der alleinigen Verantwortung.

Geben Sie Ihrem Frauenarzt einen Vertrauensvorschuss und wechseln Sie, wenn Sie unzufrieden sind.

ALLES GUTE!

Bildnachweis: Zsolnai Gergely / stock.adobe.com