Die elektronische Sehprothese

Die Verbindung von lebenden Zellen und elektronischen Schaltkreisen wird langfristig die Grenze zwischen menschlicher und maschineller Intelligenz überwinden. Der Wunschtraum, den Menschen elektronisch aufzurüsten, hat eine neue Dimension erreicht. Nach Herzschrittmachern und Hörhilfen, die immer winziger und zugleich effizienter werden, ist eine Sehprothese das Wunder der Medizintechnologie.
Neuroinformatiker, Mikroelektroniker und Materialforscher haben die erste elektronische Sehprothese erfolgreich getestet. Und auch Gelähmte dürfen Hoffnung schöpfen: Eine neuartige Implantattechnik überbrückt zerstörte Nerven.
Rund drei Millionen Menschen leiden an der Erbkrankheit Retinitis Pigmentosa, die zur Erblindung führt. Ihnen könnte in Zukunft ein Retina-Implantat helfen. Das ist eine lernfähige Sehprothese, die die Funktionen der geschädigten Netzhaut überbrückt. Teil der neuartigen Sehhilfe ist eine Hightech-Brille, in die eine winzige Videokamera und ein Encoder integriert sind. Der Encoder rechnet die Bildinformationen in nerventaugliche Signale um. Diese werden anschließend drahtlos zu einem Empfänger im Auge übertragen und über implantierte Mikrokontakte an die Nerven der Netzhaut weitergegeben.

Das Besondere an dem Implantat: Durch winzige Löcher können die Zellen hindurchwachsen und eine feste Verbindung zwischen Gewebe und Sehprothese entwickeln. Im Tierversuch hat sich diese biochemische Fixierung bereits bewährt. Die Forscher des Fraunhofer-Instituts berichten, dass es bei sechs blinden Testpatienten erste Erfolge gab.

In mehreren Jahren dürften auch andere Sehprothesen breite klinische Anwendung finden. Zum Beispiel:

Mikrophotodioden, die unter die Netzhaut implantiert werden, oder Mikro-Elektroden, die direkt ins Auge eingepflanzt werden.

Bei Gelähmten werden chipgesteuerte und vom Gehirn aus kontrollierte Implantate bald ersetzen, was die Natur nicht mehr zustande bringt. Mikrodrähte sollen Restsignale der natürlichen Rückenmarknerven zu eingepflanzten Verstärkern führen und so die Bewegungsabläufe verbessern.

Auch Alzheimer-Kranke, Schlaganfall-und Epilepsie-Patienten dürfen auf Linderung ihrer Symptome hoffen. US-Forscher sind dabei, mit Neuro-Bio-Chips eine Hirnprothese zu entwickeln, die geschädigte Teile des Gehirns ersetzt.