Arztbehandlungsfehler richtig abklären

Die Zahl der gerichtlichen Auseinandersetzungen wegen möglicher Behandlungsfehler durch Ärzte nimmt in Deutschland stetig zu. Doch bevor es zum Prozess gegen einen Arzt kommt, muss der Patient Klarheit darüber erlangen, ob überhaupt ein Behandlungsfehler vorliegt. Lesen Sie hier, welche Möglichkeiten Sie haben, um Behandlungsfehler feststellen zu lassen.

Sie brauchen Klarheit über eventuelle Behandlungsfehler

Einer meiner Mandanten kam zu mir und sagte, er fühle sich von seinem Zahnarzt schlecht beraten. Er hatte Sofortimplantate bekommen, welche nun ständig Schmerzen bereiteten. Trotz mehrfacher weiterer Nachbehandlungen konnten die Beschwerden nicht abgestellt werden.

Wenn Sie wie mein Mandant ständig Schmerzen nach einer medizinischen Behandlung haben, stellt sich die Frage, ob Ihr Arzt einen Fehler gemacht hat oder ob Ihre Beschwerden "schicksalhaft" sind.

Wichtig: Der Arzt schuldet nicht den Behandlungserfolg, sondern nur eine lege artis durchgeführte Heilbehandlung. Manche Probleme nach einer Behandlung können aber auf die Unwägbarkeiten des menschlichen Körpers zurückzuführen sein. 

Holen Sie eine Zweitmeinung ein

Der erste Schritt, um festzustellen, ob Ihrem Arzt ein Behandlungsfehler unterlaufen ist oder ob Ihre Beschwerden "schicksalhaft" sind, besteht darin, dass Sie durch einen anderen Arzt eine Zweitmeinung einholen.

Mein Mandant ging zu einem anderen Zahnarzt. Dieser entdeckte bei den Zahnimplantaten einige Mängel: Es war zu viel Knochenaufbaumaterial im Mund, zudem ging der zweite Zahnarzt davon aus, dass zumindest ein Implantat wieder entfernt werden musste. Der Verdacht eines Behandlungsfehlers liegt in so einem Falle nahe. 

Besorgen Sie sich ein Gutachten

Die Zweitmeinung eines anderen Arztes zeigt Ihnen, ob Ihr erster Arzt einen Behandlungsfehler gemacht hat. Doch wenn Sie gegen Ihren Erstbehandler rechtlich vorgehen wollen, brauchen Sie etwas Handfestes – am besten ein Gutachten.

Bei den Ärzte- und Zahnärztekammern können Sie als Patient kostenlos ein Schlichtungsverfahren beantragen, wenn Sie den Verdacht eines Behandlungsfehlers haben. Die Gutachterkommission der (Zahn-)Ärztekammer erstellt ein Gutachten, in welchem geklärt wird, ob ein Behandlungsfehler vorliegt.

Wer gesetzlich krankenversichert ist, erhält zudem Unterstützung durch seine Krankenkasse, wenn er gegen seinen Arzt Schadensersatzansprüche durchsetzen will. Über die Krankenkasse können Sie daher ebenfalls ein kostenloses Gutachten erstellen lassen.

Wer nicht gesetzlich krankenversichert ist, kann neben dem schon erwähnten Schlichtungsverfahren vor der (Zahn-)Ärztekammer auch vor Gericht ein selbstständiges Beweisverfahren beantragen. Hier beauftragt das Gericht einen Gutachter, der prüft, ob Behandlungsfehler unterlaufen sind. 

Holen Sie sich anwaltlichen Rat ein

Ergibt das von Ihnen eingeholte Gutachten einen Behandlungsfehler, so sollten Sie sich durch einen auf Arzthaftungsrecht spezialisierten Anwalt beraten lassen. Ihr Anwalt kann prüfen, ob Ihre Ansprüche schon verjährt sind und die Höhe des Ihnen eventuell zustehenden Schmerzensgeldes berechnen.

Schon während des Schlichtungsverfahrens vor der (Zahn-)Ärztekammer empfiehlt es sich, Schriftsätze durch einen Rechtsanwalt abfassen zu lassen. Ihr Anwalt kann die Gutachterkommission auf potenzielle Behandlungsfehler hinweisen.

Bevor Sie Ihren Arzt wegen eines Behandlungsfehlers verklagen, sollten Sie – durch einen Rechtsanwalt – den Arzt mit dem durch ein Gutachten dokumentierten Behandlungsfehler konfrontieren. Ihr Anwalt tritt mit Ihrem Arzt in Verhandlungen und unterbreitet dem Arzt einen Vergleichsvorschlag, der auch eine Regelung über die Ihnen entstandenen Kosten enthalten sollte. 

Wenn der Arzt "mauert": Gehen Sie vor Gericht

Früher hatten viele Patienten noch Angst davor, die "Götter in Weiß" zu verklagen. Inzwischen sind aber auch in Deutschland Patienten aufgeklärter und selbstbewusster. Wenn ein Behandlungsfehler gutachterlich bestätigt wurde, haben Sie keine Veranlassung, Ihren (Zahn-)Arzt zu verschonen, sondern sollten Schadensersatz einklagen.

Schließlich steht Ihnen für möglicherweise über Monate oder gar Jahre hinweg erlittene Schmerzen ein angemessenes Schmerzensgeld zu. Sprechen Sie mit Ihrem Anwalt darüber. 

Stand: 29.10.2012