Spekulationsgeschäfte – Gehören Aktien und Zertifikate dazu?

Besitzer einer Rechtsschutzversicherung, die sich im Zuge der Lehmann-Pleite von ihren Finanzberatern falsch beraten fühlten, wollten diese verklagen und dafür ihre Rechtsschutzversicherung beanspruchen. Sie erhielten meist Absagen. Dabei handelt es sich bei Zertifikaten, wie sie von Lehmann-Brothers ausgegeben wurden, wie das Amtsgericht Mannheim feststellte, keineswegs um Spekulationsgeschäfte.

Lehmann-Zertifikate – Urteil ist kein "alter Hut"?

Ein Versicherter, der bei der NRV Neue Rechtsschutz nach alten Versicherungsbedingungen versichert war, hatte in Lehmann-Zertifikate investiert. Nach diesen Versicherungsbedingungen ist der Handel mit Effekten und die Beteiligung an Kapitalanlagemodellen nicht ausgeschlossen. Trotzdem wollte der Versicherer die rechtliche Vertretung nicht übernehmen. Er verwies darauf, dass die Zertifikate Spekulationsgeschäfte seien und wurde verklagt (Amtsgericht Mannheim, Az. 12 C 274/09).

Die Lehmann-Zertifikate waren als besonders sichere Anlage beworben worden. Die typischen Gefahren von Spekulations- und Termingeschäften lägen nicht vor. Bei Termingeschäften ist es beispielsweise möglich, dass weitere Mittel aufgebracht werden müssten, um die bisherige Anlage nicht zu gefährden.

Der Versicherer kam dem Urteil zuvor und erteilte dem Versicherten eine Deckungszusage. Auch andere Versicherer können nach dieser Argumentation nun wohl in ähnlichen Fällen erfolgreich mit Deckungsschutzklagen belegt werden. Für Anleger in Lehmann-Zertifikaten ist es allerdings jetzt zu spät, da die Verjährungsfrist von drei Jahren ab dem Verkauf der Anlage berechnet wird und somit abgelaufen ist.

Warum Aktien keine Spekulationsgeschäfte sind

Auch Aktien fallen nicht unter den Begriff des Spekulationsgeschäfts. So entschied das Oberlandesgericht Köln (Az., 9 U 17/06). Der Versicherer hatte sich hier bei seiner Ablehnung der Deckungszusage darauf berufen, dass Aktiengeschäfte im Einkommensteuerrecht als Spekulationsgeschäft klassifiziert wurden. Das Einkommensteuerrecht stellte hierbei auf die Erwirtschaftung von Erträgen in kurzen Zeiträumen ab.

Die Richter argumentierten, dass der Ausschluss in Versicherungsbedingungen sich demgegenüber auf Geschäfte bezieht, die wegen des hohen wirtschaftlichen Risikos nicht zu den versicherten Gefahren zählen. Der Zeitraum innerhalb dessen eine Kapitalanlage besessen wird, steht aber in keiner Verbindung zu dem ihr innewohnenden Risiko.

Inzwischen dürfen aber auch Versicherte, deren Versicherungsbedingungen einen Ausschluss von Effektenhandel beinhalten, hoffen. Das OLG München entschied im Herbst 2011, dass ein Ausschluss von Deckungsschutz für Klagen aufgrund von Geschäften etwa des Effektenhandels missverständlich sei, da es für "Effekten" keine Legaldefinition gebe.