Rolf Morrien: Optionsscheine bieten zurzeit bessere Rendite-Chancen als Hebel-Zertifikate

Die von den Banken in ganzseitigen Anzeigen beworbenen Hebel-Zertifikate gehören zu den interessantesten Neuprodukten der letzten Jahre, sind aber kein "Wunderinstrument". Eine Untersuchung der Bewertungskennzahlen zeigt, dass klassische Optionsscheine in der aktuellen Börsensituation bessere Rendite-Chancen bieten. Ähnlich attraktiv waren Optionsscheine zuletzt im Jahr 1996 bewertet.
Die Werbeargumente der Banken zu Gunsten der Hebel-Zertifikate ähneln sich sehr oft: Da der Kurs eines Optionsscheins nicht nur vom Basiswert abhängt, sondern auch vom Zinsniveau, von der Dividende und besonders von der erwarteten zukünftigen Schwankungsstärke (implizite Volatilität), ist der Optionsschein nicht so einfach zu berechnen wie ein Hebel-Zertifikat.

Die Abhängigkeit von der Schwankungsstärke muss für Anleger jedoch kein Nachteil sein. Im Gegenteil: Steigende Schwankungen führen auch zu steigenden Optionsschein-Kursen. Daher sind in Zeiten extrem starker Schwankungen – wie zuletzt Anfang 2003 – Hebel-Zertifikate tatsächlich überlegen. An ruhigen Börsentagen, wie wir sie aktuell erleben, bieten dagegen Optionsscheine bessere Chancen.

Speziell in der sehr unruhigen Phase von Januar bis März 2003 waren Hebel-Zertifikate auf Aktien und Aktien-Indizes vorteilhaft. Ab September 2003 verlor die Börse jedoch an Dynamik. Das schlägt sich im DAX-Volatilitätsindex (V-DAX) nieder. Je geringer der V-DAX, desto geringer ist die erwartete Schwankungsstärke des DAX. Von Oktober 2002 bis heute ist der V-DAX von 58 auf aktuell 20 Punkte abgestürzt. Davon profitieren Anleger, die jetzt in Optionsscheine einsteigen möchten, gleich doppelt: Sie müssen heute eine deutlich geringere Risikoprämie zahlen, und steigt der V-DAX auf 30 Punkte, gewinnen Optionsscheine zusätzlich an Wert.

Optionsscheine sind daher zurzeit das Anlage-Instrument der Stunde. Sie eignen sich als spekulative Beimischung für ein gut strukturiertes Wertpapier-Depot. Der Depot-Anteil aller Derivate mit Hebel-Wirkung (Optionsscheine und Hebel-Zertifikate) sollte auf maximal 10% bis 20% begrenzt werden.

Rolf Morrien ist Chefredakteur des "Depot-Optimerer".