Börsenwissen kompakt: Goodwill

In der Konjunkturkrise 2008/2009 rückte der "Goodwill" vieler Unternehmen in den Fokus. Es wurde befürchtet, dass die Konzerne hohe Abschreibungen tätigen müssen, da die Berechnungen des Goodwills zu optimistisch gewesen sind. Was aber ist überhaupt ein Goodwill?

Als Goodwill wird die Differenz zwischen dem bezahlten Kaufpreis für ein Unternehmen und dem Substanzwert dieses Unternehmens bezeichnet. Ein Goodwill entsteht also bei Übernahmen (Sie können den Ablauf einer Übernahme in meiner Themenreihe "Vom Erstgebot bis zum Squeeze-Out" nachlesen).

Der Goodwill ist somit der Aufpreis auf den Substanzwert, den ein Käufer bereit war, für ein Unternehmen zu zahlen. Ein solcher Aufpreis kann durchaus berechtigt sein und kommt häufig vor.

Typische Goodwill-Posten sind immaterielle Werte wie der Firmenruf und die Marken. Ein Beispiel: Ein chinesischer Billigproduzent kauft eine traditionsreiche europäische Automarke für 1 Mrd. Euro, obwohl die Fabrikhallen, Maschinen, Vorräte und Grundstücke nur 600 Mio. Euro wert sind.

Der chinesische Billiganbieter ist also bereit, mehr als den Substanzwert zu zahlen. Die Differenz von 400 Mio. Euro ist in diesem Beispiel der Goodwill. Der Billiganbieter zahlt den Aufpreis, weil er hofft, von der Traditionsmarke zukünftig profitieren zu können (Image-Gewinn, höhere Preise, Patente, qualifizierte Mitarbeiter, Kundenbeziehungen).

Der Goodwill wird von den Unternehmen jährlich auf seine Angemessenheit überprüft. Ergibt die Prüfung, dass der Wert gefallen ist, muss abgeschrieben werden. Für unser Beispiel wäre das der Fall, wenn der Ruf der europäischen Automarke an Glanz verliert und die Autopreise gesenkt werden müssen (= sinkende Gewinnmarge).

Bilanzierung des Goodwills
Die Berechnung des Goodwills ist komplex. Denn in die Berechnung fließen neben Ruf und Marke auch die zukünftigen Einnahmen des Unternehmens ein. Kommt es dann zu einem Wirtschaftsabschwung, sinken die Einnahmen und somit auch der Substanzwert.

Je niedriger der Substanzwert, desto größer die Gefahr, dass der einst gezahlte Aufpreis (Goodwill) zu groß und nicht gerechtfertigt war. Wenn der Goodwill kaufmännisch nicht mehr zu rechtfertigen ist, muss der Käufer den Wert in der Bilanz nach unten korrigieren (abschreiben).

Bei der Bilanzanalyse wird u. a. der Goodwill mit dem Eigenkapital verglichen. Da der Goodwill einen immateriellen Vermögensgegenstand darstellt, muss darauf geachtet werden, dass dieser Anteil, besonders im Falle von Abschreibungen, nicht zu hoch ausfällt.

Übersteigt der Wert des Goodwills das Eigenkapital, ist Vorsicht geboten. Abschreibungen können im schlimmsten Fall das Eigenkapital vollständig vernichten. Das Überleben des Unternehmens ist dann massiv gefährdet. Daher der Tipp für die Aktien-Auswahl: Meiden Sie Unternehmen, die mehr Goodwill als Eigenkapital aufweisen.