Sexueller Missbrauch – So setzen Sie Ihre Rechte durch

Viele Missbrauchsopfer sind über Jahre oder gar Jahrzehnte so traumatisiert, dass sie den Missbrauch komplett verdrängen. Oft wird erst viele Jahre später im Rahmen einer Psychotherapie der Missbrauch wieder in Erinnerung gebracht. Lesen Sie hier, wie Sie dennoch Ihre Rechte geltend machen können.

Die rechtliche Seite des sexuellen Missbrauchs

Sexueller Missbrauch stellt für das Opfer nicht nur ein traumatisierendes Erlebnis dar, das zu psychischen Krankheiten führen kann, sondern hat auch eine rechtliche Dimension. Schließlich hat das Opfer Anspruch auf Schmerzensgeld, sowie auf Ersatz von eventuell angefallenen Behandlungs- und Therapiekosten.

  • Beispiel: Einer meiner Mandanten wurde als Kind sexuell missbraucht. Diesen Missbrauch hatte er komplett verdrängt. Er konnte sich nur daran erinnern, dass er eine starke Abneigung gegen seinen Vater hatte. Er wurde als Erwachsener verhaltensauffällig und unterzog sich einer Therapie. Dabei stellte sich heraus, dass er als Kind über Jahre hinweg von seinem Vater sadistisch missbraucht worden war.

Wenn der Missbrauch erst im Erwachsenenalter wieder zu Bewusstsein kommt, stellt sich die Frage, ob und wie nach so langer Zeit noch Rechte geltend gemacht werden können.

Achten Sie auf die Verjährung möglicher Ansprüche

Nach neuem Recht verjähren Ansprüche grundsätzlich innerhalb von nur drei Jahren. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie als Erwachsener keine Ansprüche mehr geltend machen können, wenn Sie etwa als Kind sexuell missbraucht wurden. Denn die Verjährung beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in welchem Sie Kenntnis vom Täter und von der Tat erlangen.

Hinzu kommt noch, dass Ansprüche in der Verjährung gehemmt sein können, wenn sie z. B. zwischen Ehegatten oder Lebenspartnern oder zwischen Eltern und Kindern entstanden sind.

  • Beispiel: Die Ehefrau wird von ihrem Mann vergewaltigt. Ansprüche auf Schmerzensgeld sind in der Verjährung gehemmt, solange die Ehe besteht.

Zudem bestimmt § 208 BGB, dass Ansprüche wegen der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung generell in der Verjährung gehemmt sind, bis das Opfer das 21. Lebensjahr vollendet hat. 

So helfen die Gerichte den Opfern von sexuellem Missbrauch

Die Gerichte haben sich mit dem Problem auseinandergesetzt, dass manche Missbrauchsopfer den Missbrauch, den sie z. B. als Kind erlebt haben, psychisch bedingt vergessen.

  • Beispiel: Ein Junge wurde erstmals 1988 vom Nachbarn missbraucht und hatte diesen Missbrauch sodann verdrängt. Erst als Erwachsener erfährt er im Jahr 2005 von seiner Schwester, dass auch sie vom Nachbarn missbraucht worden war. Nun wird ihm erstmals bewusst, dass er selbst ebenfalls missbraucht wurde.

Der BGH hatte über einen solchen Fall zu entscheiden (Urteil vom 04.12.2012, Az.: VI ZR 2017/11). Das Gericht war der Auffassung, dass die Verjährung der Ansprüche des Missbrauchsopfers hier erst ab dem Jahr 2005 zu laufen begann. Denn durch die Traumatisierung aufgrund des Missbrauchs war es nachvollziehbar, dass der Junge den Missbrauch vollständig verdrängt hatte und erst durch den Bericht seiner Schwester wieder daran erinnert wurde.

Ein solches psychisch bedingtes Verdrängen des Missbrauchs kann im Prozess durch einen Sachverständigen nachgewiesen werden. 

Unterschreiben Sie als Opfer nicht vorschnell eine Schweigeverpflichtung

Manche Täter bzw. deren rechtliche Vertreter bieten dem Opfer eine finanzielle Entschädigung an, wenn es sich im Gegenzug dazu verpflichtet, über den Missbrauch in der Öffentlichkeit Stillschweigen zu wahren. Vor allem soll so auch die Einleitung von strafrechtlichen Ermittlungen unterbunden werden.

Eine solche Verpflichtung sollten Sie nicht ohne vorherige anwaltliche Beratung unterschreiben. In jedem Fall empfiehlt es sich, dass Sie sich ausreichend Bedenkzeit einräumen lassen, bevor Sie unterschreiben. 

Erkundigen Sie sich über die Höhe des Schmerzensgeldes

Ebenfalls anzuempfehlen ist eine vorherige anwaltliche Beratung, wenn Ihnen von der Gegenseite eine Abfindung angeboten wird, falls Sie auf weitere Rechte verzichten.

Ein auf Sexualdelikte spezialisierter Anwalt wird Sie darüber beraten können, welches Schmerzensgeld der Höhe nach angemessen ist und gegebenenfalls auch die nötigen Verhandlungen mit der Gegenseite übernehmen.

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Stand: 01.02.2013