Reisemängel richtig reklamieren – Was rechtfertigt eine Reklamation?

Wollen Sie in einem Hotelzimmer wohnen, in dem vor lauter Schimmel der Putz von der Wand platzt. Oder das eine aufstrebende Wohnanlage verspricht und eine Großbaustelle hält? Wohl kaum! In solchen Dingen ist es ratsam und aussichtsreich, wegen Reisemängeln zu reklamieren. Doch sind nicht alle Fälle so eindeutig.

Verletzungspech auf hoher See
Pech hatte ein Rentner, der eine Kreuzfahrt machte. Per Lautsprecherdurchsage wies die Besatzung auf zu erwartenden starken Wind und dementsprechenden Seegang hin. Alle Passagiere wurden ermahnt, sich gut festzuhalten. Der Rentner versuchte dies offenbar an einem Duschvorhang, stürzte und verletzte sich schwer.

Das Landgericht Bremen (Az. 7 O 124/03) wies in seinem Urteil die Klage des Mannes zurück und verwies darauf, dass die Teilnehmer einer Kreuzfahrt auf dem Meer mit Seegang und einem entsprechend schaukelnden Schiff zu rechnen hätten. Ebenso urteilte das Amtsgericht München (Az. 274 C 234427/00), dass der Veranstalter einer Kreuzfahrt auf das Wetter keinen Einfluss habe. Möchten Sie also einen Reisemangel reklamieren, so sollten Sie sich vergewissern, ob es sich wirklich um einen Reisemangel handelt.

Wann ein Reisemangel wirklich vorliegt
Nach § 651c, Abs. 1 BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, "die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern."

Beachten Sie, dass nach Gesetz ein Reisemangel nicht vom Verschulden des Veranstalters abhängt. Jedoch tritt neben dem subjektiven Reisemangel und der schriftlichen Zusicherung im Prospekt beziehungsweise Vertrag auch die objektive Frage danach, ob der Reisende das Vorhandensein einer Leistung erwarten darf.

Wenn etwa ein Nichtmuslim am Urlaubsort gezwungen wird, sich in der Öffentlichkeit an die islamischen Fastenregeln zu halten, so stellt dies nach Meinung des Landgerichts Dortmund einen Reisemangel dar (LG Dortmund BeckRS 2008, 13517; zit. nach Grunewald / Peifer, Verbraucherschutz im Zivilrecht; Berlin Heidelberg 2010; S. 118).

Beachten Sie jedoch, dass Sie Mängel nicht geltend machen können, wenn ihre Kenntnis zum Allgemeinwissen gehören (etwa durch Zeitungslektüre) oder sie zum "allgemeinen Lebensrisiko" gehören (z. B. Terroranschläge).

Unterscheiden Sie außerdem zwischen Unannehmlichkeiten und Reisemängeln. Eine lärmende Disko wird nur eine Unannehmlichkeit darstellen, wenn sie zwar laut ist, aber zur allgemeinen Nachtruhe ihren Betrieb einstellt. Haben Sie jedoch keine Kenntnis davon, dass Sie mitten in einem Vergnügungsviertel mit nächtlichem Party-Betrieb untergebracht werden, so kann ein Reisemangel vorliegen.

Fazit der experto-Redaktion: Ein Reisemangel liegt grundsätzlich immer dann vor, wenn nicht gehalten wurde, was man Ihnen versprochen hat. Dabei sollten Sie nicht von Ihrem Erwartungsniveau ausgehen. Hier geht es um einen fiktiven durchschnittlichen Reisenden, der im Regelfall Sicherheit, Bequemlichkeit und Erholung erwarten darf.