Keine Angst vorm Kuckuck – was Gerichtsvollzieher dürfen

Wenn der Gerichtsvollzieher kommt, ist dies selten ein Grund zur Freude. Doch ein Anlass zur Panik muss die Visite noch lange nicht sein. Ihre Rechte und Pflichten im Umgang mit Gerichtsvollziehern erfahren Sie hier.

Allein schon der Begriff "Gerichtsvollzieher" weckt ungemütliche Assoziationen. Verschuldung, Wohnungsöffnung, Zwangsversteigerung und Ähnliches werden damit verbunden. Doch wer seine Rechte kennt, nimmt den Gerichtsvollziehern ihren angeblichen Schrecken.

Muss ich den Gerichtsvollzieher überhaupt in meine Wohnung lassen?

Ja und Nein. Zuerst muss Ihnen ein Titel gebracht oder geschickt werden. Diese Urkunde ist im Prinzip ein Zwangsvollstreckungsbescheid. Nur wenn der Schuldner den Titel kennt, darf ein Gerichtsvollzieher tätig werden. Beim ersten Besuch des Gerichtsvollziehers müssten Sie ihn theoretisch nicht in Ihre Wohnung lassen. Doch dies bringt niemandem etwas, denn der Gerichtsvollzieher wird wiederkommen.

Falls er zwei Mal vergeblich versucht hat, Ihre Wohnung zu betreten, oder Sie ihn ignoriert haben, kann der Gläubiger die Zwangsöffnung beantragen. Dann wird der Gerichtsvollzieher sich mit einem Schlosser gewaltsam Zutritt zur Wohnung verschaffen. Die Kosten für diese Operation tragen Sie.

experto-Tipp: Lassen Sie den Gerichtsvollzieher beim ersten Besuch in Ihre Wohnung. Je mehr Kooperation Sie zeigen, umso besser das Endresultat. Wenn Sie nicht gerade einen guten Grund haben, den Besuch beim ersten Mal abzulehnen, erreichen Sie durch das Ausweichen leider nichts.

Muss ich Auskunft über meine Verhältnisse geben?

Wie erwähnt, macht es wenig Sinn, dem Gerichtsvollzieher den Zutritt zur Wohnung zu verweigern. Was Sie jedoch verweigern können, ist Ihre Aussage. Solange der Gerichtsvollzieher Ihnen keine eidesstattliche Versicherung abnimmt, ist dies Ihr gutes Recht. Falls es dann zur eidesstattlichen Versicherung kommt, müssen Sie genau und wahrheitsgemäß Auskunft über Ihre Verhältnisse geben. Falls Sie dies nicht tun, machen Sie sich strafbar.

Eine eidesstattliche Versicherung ist nicht erstrebenswert, da man für drei Jahre im Schuldverzeichnis des jeweiligen Amtsgerichts geführt wird. Oft bietet sie aber eine mögliche Lösung, denn für diese drei Jahre lässt Sie jeder vernünftige Gläubiger in Ruhe. Dies hängt damit zusammen, dass die Kosten für erfolglose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen vom Gläubiger vorgestreckt werden müssen.

experto-Tipp: Sprechen Sie offen und freundlich mit dem Gerichtsvollzieher. Oft macht es mehr Sinn sich auf eine Ratenzahlung einzulassen, manchmal ist die eidesstattliche Versicherung der einzige Weg. Da der Gerichtsvollzieher die Interessen beider Seiten vertritt, kann er Ihnen durchaus eine Hilfestellung geben.

Was darf gepfändet werden?

Grundsätzlich darf alles gepfändet werden, was nicht unter § 811 Zivilprozessordnung (ZPO) – "Unpfändbare Sachen" fällt. Unpfändbar sind danach "die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt dienenden Sachen" (§ 811, Abs.1 ZPO), also Küchengeräte, Kleidung, Betten, Wohnlauben und Ähnliches.

Somit gehören zu "Unpfändbaren Sachen" Dinge, die die individuelle Existenz sichern, sowie "bei Personen, die aus ihrer körperlichen oder geistigen Arbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur Fortsetzung dieser Erwerbstätigkeit erforderlichen Gegenstände" (§ 811, Abs.5 ZPO), also beispielsweise Computer von Studenten oder ähnliche, zur Ausübung des Berufs notwendige Gegenstände.

Was allerdings passieren kann, ist die sogenannte Austauschpfändung. Denn, so § 811a  Abs.1 ZPO: "Die Pfändung einer nach § 811 Abs. 1 Nr. 1, 5 und 6 unpfändbaren Sache kann zugelassen werden, wenn der Gläubiger dem Schuldner vor der Wegnahme der Sache ein Ersatzstück, das dem geschützten Verwendungszweck genügt, oder den zur Beschaffung eines solchen Ersatzstückes erforderlichen Geldbetrag überlässt."

Im Klartext: Wenn der Student einen hochwertigen Computer besitzt, kann dieser durch einen minderwertigen vom Gläubiger ersetzt werden. Dieser dient hinreichend der Ausübung der Tätigkeit, während das hochwertige Gegenstück gepfändet wird.

Aber vieles was nicht unter "Unpfändbare Sachen" fällt, wird oftmals nicht mit dem Pfandsiegel versehen. So ist zum Beispiel ein DVD-Player zwar nicht notwendig für eine "bescheidene Lebensführung", jedoch liegt sein Wert in keinem Verhältnis zu den Kosten der Pfändung, Verwahrung und etwaigen Versteigerung.

Leben Sie mit einem Partner zusammen, ist natürlich das Eigentum des Partners nicht pfändbar. Auch das alleinige Vermögen des Ehepartners ist vor Pfändung geschützt – wenn nichts anderes vereinbart wurde.

experto-Tipp: Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob ein gepfändeter Gegenstand auch tatsächlich gepfändet werden durfte, können Sie gegen die Maßnahme mit einer Vollstreckungserinnerung vorgehen. Dies können Sie fristlos schriftlich oder in der Geschäftsstelle des zuständigen Amtsgerichts tun.

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