Märchen – pro und contra

Märchen, früher die erste Begegnung von Kindern mit Literatur, sind seit einiger Zeit sehr umstritten. Was spricht für Märchen, was dagegen? Sind sie magische Geschichten oder politisch unkorrekte Gewaltstorys?

Der Reiz von Märchen
Märchen sind fantasievoll und zeitlos. Sie beziehen sich nicht auf historische Ereignisse, sondern spielen in einer unbestimmten Zeit ("Es war einmal") und an einem unbestimmten Ort. In Märchen können Tiere sprechen und sich verwandeln. Die handelnden Personen sind entweder gut oder böse und erleben Abenteuer in fernen Königreichen. Das alles kommt der kindlichen Fantasie entgegen.

Was spricht für, was gegen Märchen?

"Märchen sind brutal"
Ein häufiger Kritikpunkt an Märchen ist die Brutalität: Die Kinder schubsen die Hexe in den Ofen, wo sie verbrennt, die Stiefmutter vergiftet Schneewittchen etc. Vielen Eltern sind Märchen daher zu brutal.

…aber gerecht:
Märchen-Befürworter jedoch sind der Meinung, dass Kinder diese Gewalt durchaus verarbeiten können, da Märchen stets gut enden – und die Strafe am Ende den Richtigen trifft. Da sie drastisch (und daher plakativ) ausfällt, können Kinder das "richtig" und "falsch" in den Märchen klar erkennen.
Warum sind die Strafen in Märchen oft so grausam? Ganz einfach: Ursprüglich waren Märchen für Erwachsene gedacht, die Strafen basieren u.a. auf Rechtsbräuchen des Mittelalters.

"Märchen vermitteln veraltete Rollenbilder"
Ein veraltetes Frauenbild ist der zweite große Punkt im Streit um die Märchen: Die Mutter kocht, die Prinzessin spinnt Wolle, die Männer ziehen hinaus in die Welt.

…aber auch sehr moderne!
In vielen Märchen sind es die Frauen, die handeln – Männer erscheinen in Märchen wie Schneewittchen oder Aschenputtel nur am Rande. Und Hänsel wäre ohne Gretel zweifelsohne im Ofen der Hexe gelandet. Er ist nur einer von vielen Brüdern in verschiedenen Märchen, die von ihrer Schwester gerettet werden.