Validation – Umgangsempfehlungen beim verborgenen Ich

In der Phase des verborgenen Ichs wird es sehr schwer, an die Persönlichkeit heranzukommen und das Ich-Erleben des Erkrankten zu verstehen. Wohldosierte und gezielte Reizangebote, ohne zu überfluten, sind gefragt. Die Frage danach, wie bestimmte Angebote sinnvoll stimulierend gemacht werden können, hängt von vielen Faktoren seiner Wahrnehmungsgewohnheiten ab.

Im Anschluss an die Phase des verirrten Ichs wird es für die Pflegenden und die Angehörigen immer schwieriger, einen Zugang zum demenzkranken Menschen zu finden, der sich auf dem sicheren Terrain von Rationalität, Sprache, Berechenbarkeit, Zweckmäßigkeit, Zielgerichtetheit und gewissen Vorstellungen von Zivilisation bewegt.

Das Ich zieht sich scheinbar in eine zeitlose, innere Welt zurück und ist für andere und für den Betroffenen selbst(!) gewissermaßen verborgen. Es fällt schwer Zugang zu finden. Die Orientierung ist in allen Aspekten betroffen oder gestört. Er findet sich immer weniger zurecht und zeigt oft Unruhezeichen, ist ständig in Bewegung.

Auch die Wahrnehmung äußerer wie innerer Reize ist diffus, verwirrend und zunehmend gebrochen oder gestört. Ein zielgerichtetes Handeln ist nicht mehr möglich und er ist weitestgehend von Hilfe abhängig oder muss konkret angeleitet werden, sofern noch genügend körperliche Ressourcen vorhanden sind.

Zu viele verschiedene Reize überfordern ihn und er kann sich auch nicht mehr dagegen wehren, wenn ihm etwas unangenehm ist, da er gar nicht mehr identifizieren kann, was es ist, das "stört" und weil ihm sprachliche Mittel kaum noch zur Verfügung stehen. Bei guter Beobachtung und guter Kenntnis des demenzkranken Menschen kann es aber den Pflegenden gelingen, nonverbale Signale und Mimik richtig zu deuten.

Diese Phase des verborgenen Ichs ist gekennzeichnet durch ständige Bewegung und Anzeichen innerer Unruhe. Da die Wahrnehmung des eigenen Körpers stark reduziert ist und sein Ausdrucksvermögen allgemeinen Regeln nicht mehr folgen kann, fokussiert sich sein "Selbsterfahren" in der Regel auf den Kanal, den er in seinem Leben vornehmlich genutzt hat.

Wahrnehmungskanäle

Optisch orientierte Menschen wird man natürlich am ehesten über Fotos, Bilder und noch mehr über textarme Filme erreichen. Farben können "reizvoll" sein.
Akustisch ausgerichtete Menschen reagieren am besten auf Stimmen und Musik. Rufen und wiederholte Einwortsätze sind besonders typisch.

Haptisch oder kinästhetisch orientierte Menschen werden viel mit den Händen erfahren. Berührungen kommen bei ihnen besonders gut an. Dabei können verankerte Berührungen, also solche Berührungen, die im Leben häufig stattfanden und mit positiven Gefühlen verbunden sind, gezielt in bestimmten Situationen eingesetzt werden.

Olfaktorisch ausgerichtete Menschen werden Pflegende am besten mit Gerüchen, ätherischen Ölen und leckeren Gerichten stimulieren können.

Sein verborgenes Ich versucht der demenzkranke Mensch genau darüber zu erreichen und auch Pflegende finden so am ehesten Zugang. Allerdings müssen sie es bewusst und gezielt ansprechen, denn von sich aus, zeigt der Demenzkranke in dieser Phase kaum Eigeninitiative. Das heißt, dass Pflegende von sich aus Angebote machen müssen und nicht warten (reagieren) sollten bis der Demenzkranke aktiv wird.

Neben einer ruhigen und überschaubaren Atmosphäre mit wohl dosierten Reizen können Snoezelen und Basale Stimulation besondere Wirkung zeigen. So bedeuten laute und ständig wechselnde Umgebungsgeräusche und schnelle Bilder aus dem Fernsehen eine absolute Überforderung. Sie brauchen im Gegenteil sehr langsame Bilder und eindeutige und eher kontinuierliche Reize. Vieles spricht aus diesem Grund auch dagegen, dass demenzkranke in dieser Phase zusammen mit anderen Bewohnern, die nicht oder nur leicht dement sind, zu betreuen!

Augenkontakt

Der Blick ist in der dritten Phase ist nicht zielgerichtet, sondern haftet gern beim Betrachten eines Gegenstandes. Es fällt sehr schwer, den Blick mit dem demenzkranken Menschen auszutauschen, geschweige denn zu halten. Eine eingehendere Konzentration des Blicks ist nicht mehr möglich.

Sitzposition

Die Körperhaltung ist eher entspannt, aber oft in ständiger Bewegung. Ein Alltagsgespräch über mehr als ein bis zwei kurze Sätze ist nicht mehr möglich. Der Wortschatz reduziert sich drastisch und meist sind nur noch gleichbleibende Einwortsätze möglich.

Um den demenzkranken Menschen in seinem verborgenen Ich noch zu erreichen, sollte man sehr nah bei ihm sitzen, aber man sollte ihm nicht seine gesamte Person mit Blicken aufzwingen.  Immer wieder zu beobachten ist, dass viele demenzkranke Menschen in dieser Phase noch sehr gut auf Tiere, insbesondere Hunde, reagieren.

Berührung

Langsame und vertraute, körperliche Berührung sollte unbedingt zielgerichtet eingesetzt werden. Man beginnt sozusagen in dieser Phase über den Körper vermehrt mit dem demenzkranken Menschen zu kommunizieren. Allerdings braucht es Erfahrung und Einstimmung auf den Bewohner, um zu spüren, welche Berührungen wohltuend oder aktivierend sind.

Lesen Sie mehr über die Phasen der Kommunikation mit Demenzkranken.