Zeugnisaufbau – Die Leistungsbeurteilung (Teil 3)

In der Leistungsbeurteilung werden nun die Anforderungen mit den wirklichen Fähigkeiten und erbrachten Arbeitsergebnissen verglichen. Hier hat sich über einen sehr langen Zeitraum mit dem Zeugniscode ein Bewertungssystem nach Schulnoten eingebürgert, mit dem sich das Arbeitsengagement und die Arbeitsleistung nicht differenziert und angemessen beurteilen lassen. Der neue § 109 Abs. 2 der Gewerbeordnung regelt seit dem 01.01.2003 die Zeugnissprache und untersagt alle mehrdeutigen Beschreibungen und damit den Zeugniscode.

Der Zeugnisaufbau ist nicht gesetzlich bindend vorgeschrieben. Auch die Leistungsbeurteilung kann variabel gestaltet werden. Wichtig ist nur, dass die im Arbeitszeugnis von einem einstellenden Arbeitgeber erwarteten branchenüblichen Formulierungen enthalten sind, die Rückschlüsse über die Stärken und Fähigkeiten des Beurteilten ermöglichen.

Diese Notwendigkeit zieht sich von der Aufgabenbeschreibung weiter in die Leistungsbeurteilung fort. Damit bei der Zeugnisausstellung nichts vergessen wird, haben sich folgende Grundkomponenten bewährt:

  • Fähigkeiten (Denk- u. Urteilsvermögen, Auffassungsgabe, Kreativität, pädagogisches Geschick, sprachliches Ausdrucks- und Verhandlungsvermögen)
  • Fachkompetenz (Fachwissen und -können, Sprach-, EDV- u. Softwarekenntnisse, Weiterbildung)
  • Soziale Kompetenz (Lern-/Veränderungs- und Verantwortungsbereitschaft, zuverlässig, gewissenhaft, Kooperations- und Kommunikationsvermögen, Auftreten)
  • Arbeitsleistung (Arbeitsweise, Engagement, Initiativen, Motivation, Fleiß, Tempo, Wirtschaftlichkeit)
  • Ergebnisse (Qualität, Quantität, Zielerreichung, Unternehmensnutzen)
  • Besonders nennenswerte Arbeitserfolge

Bei Führungskräften ist es außerdem sehr wichtig, dass sowohl das Führungsverhalten (kooperativ) als auch die Führungsleistung (Impulsgeber, Unterstützer, Förderer) beschrieben werden. Wie und mit welchen Methoden organisiert die Führungskraft ihre und die Aufgaben des Teams. Wie hat sich ihr Verhältnis zu den ihr anvertrauten Mitarbeitern gestaltet.

Hier ist besonders darauf zu achten, wie lang das Arbeitsverhältnis andauerte und wie umfangreich die Personalverantwortung (Teamstärke, fachlich/disziplinarisch) war, damit ungewollt keine interpretierbaren Schwachstellen entstehen. Werden dazu keine Ausführungen im Arbeitszeugnis gemacht, ist das als "Leerstelle" zu werten, die negative Interpretationen zu lässt. Dagegen könnte der Arbeitnehmer klagen.

Erfolgt also in der Leistungsbeurteilung eine Gegenüberstellung von Anforderungen und erbrachten Arbeitsergebnissen (Resultaten), kann auf die althergebrachte "zusammenfassende Zufriedenheitsaussage" nach der Schulnotenklassifizierung verzichtet werden. Alle Fähigkeiten und Stärken des Mitarbeiters können so beschrieben werden, dass sich daraus das Arbeitsergebnis und damit der Nutzen für das Unternehmen herleiten lassen.

Wer gute Ideen hat, entwickelt Konzepte, die erfolgreich in die Praxis umgesetzt werden. Damit bleibt man automatisch bei der Wahrheit. Und mit einem aktiven Schreibstil formuliert man wohlwollend und beachtet die richtigen Zeitformen (Arbeitsleistung = Vergangenheit, Fachwissen/Können = Gegenwart). Denn es ist ja eher unwahrscheinlich, dass ein intelligenter Mitarbeiter mit seinem Ausscheiden aus der Firma plötzlich nicht mehr intelligent sein soll. Diese Fähigkeit behält er auch weiterhin.

Leser von Arbeitszeugnissen sind in der Regel Arbeitgeber, die Mitarbeiter für bestimmte Aufgaben suchen, deren fachliche Anforderungen und Inhalte sie definiert haben. Sie wollen vor allem wissen, mit welchen Fähigkeiten ein Bewerber ausgestattet ist und welchen Nutzen er damit einem Unternehmen gebracht hat. Nur so können sie einschätzen, ob dieser Bewerber zukünftig auch zu den eigenen Vorstellungen und Unternehmenszielen passen könnte.

Derart individuelle und differenzierte Leistungsbeurteilungen sind nur in Arbeitszeugnissen möglich, die ohne Zeugniscode, dafür aber realistisch und fair geschrieben wurden.

Im 4. Teil beschreibe ich das Sozialverhalten und den Zeugnisabschluss.