Das Thema „Bundespräsident Wulff“ bietet in den Schulen im Fach Politik eine gute Gelegenheit, über Vertrauen in und Interesse an Politik zu diskutieren. Nutzen Sie Wulffs erste Erklärung, um im Unterricht über moralische Integrität in der Politik zu diskutieren – wie, erfahren Sie hier.
Das Vertrauen in die Politik ist gebunden an das Vertrauen in die Personen, welche für die Politik verantwortlich sind: die Politikerinnen und Politiker. Stellen Sie die Frage, ob deren Wirken und Handeln im weitesten Sinne immer politisch ist? Haben politisch Tätige ein Recht auf Privatleben oder die Pflicht, auch privat immer politisch und moralisch integer zu handeln?
Vertrauen in die Politik ist Vertrauen in die Menschen und deren moralische Integrität
Nun kann man sagen: "Eine politisch tätige Person ist auch nur ein Mensch!" Selbstverständlich sind politisch tätige Personen auch nur Menschen und als solche machen sie Fehler. Hundertprozentige Fehlerlosigkeit verlangt auch niemand.
Doch wenn Fehler begangen werden, so sollten diese eingestanden und, wenn möglich, behoben werden. Diskutieren Sie die Frage, was im politischen Umfeld als Fehler gewertet werden kann, und was als unmoralisches Verhalten einzustufen ist. Fragen Sie auch nach Verhalten, was unentschuldbar wäre.
Untersuchen Sie die moralische Integrität von Wulff
Sind im Falle von Christian Wulff günstige Kreditbedingungen und kostengünstige Urlaube als Fehler zu werten oder als unmoralisch oder gar als unentschuldbar einzustufen?
Bei der Beantwortung dieser Frage geht es, wie Wulff selbst in seiner ersten Erklärung vom 22.12,2011, deren Wortlaut Sie hier finden können, "um Vertrauen in mich und meine Amtsführung."
Erwartet die Wählerschaft vorbildhaftes Verhalten vom "Landesvater"?
Die Vorwürfe, um die es derzeit geht, beziehen sich auf die Zeit, da Wulff als Ministerpräsident in Niedersachsen tätig war. Als "Landesvater" musste er vor allem politische Führungsarbeit leisten.
Fragen Sie Ihre Schüler, ob ein "Landesvater" auch als moralisch beispielhafte Instanz zählt? Ist nicht ein "Vater" immer ein Vorbild, auch ein "Landesvater"?
Aussagen von Wulffs erster Erklärung als Beispiel fehlender moralischer Integrität?
Drei Gesichtspunkte können anhand der Erklärung von Wulff untersucht werden:
- In seiner ersten Erklärung sagte Wulff: "Ich sehe ein, nicht alles, was juristisch rechtens ist, ist auch richtig." Was sagt er mit diesem Satz? Stellt sich bei dieser Aussage die Frage, wie weit es um die eigenen moralischen Einstellungen bei Wulff bestellt ist, wenn er moralisches Fehlverhalten erst sieht, wenn er mit der Nase darauf gestoßen wird?
- In der genannten ersten Erklärung betont Wulff, in seinen bisherigen Ämtern niemandem einen "unberechtigten Vorteil gewährt" zu haben – doch wie steht es um die eigene Vorteilsnahme? Können günstige Kreditkonditionen als Vorteilsnahmen gewertet werden? Kann es sein, dass Wulff günstige Kreditkonditionen als potentielle Vorteilsnahme gar nicht bewusst war?
- In seiner Erklärung hat Wulff darauf hingewiesen, Fragen nach "bestem Wissen und Gewissen beantwortet" zu haben. Doch wie umfangreich sollte das Wissen und Gewissen eines Menschen, der politisch als Ministerpräsident oder als Bundespräsident tätig ist, sein?
- Als Bundespräsident fertigt Wulff als letzte Instanz Gesetze ab. Er entscheidet, ob Gesetze Alltag für die Bevölkerung werden. Stellen Sie die Frage, ob das Vertrauen der Mehrheit der Bevölkerung in Wulff nachhaltig gestört sein könnte. Kann ihm die Bevölkerung ihm noch vertrauen, wenn er sich offensichtlich in Kreisen bewegt, deren Lebensalltag mit dem der Mehrheit der Bevölkerung nicht vergleichbar ist?