Woran Sie Mobbinghandlungen erkennen können

Seelische Gewalt gibt es in unterschiedlichen Ausprägungen seit jeher in allen Gesellschaften: Schwächere werden von Stärkeren schikaniert, gequält und unterdrückt. Forschungen belegen, dass dieses Phänomen in unserer Arbeitswelt in den letzten Jahren zugenommen hat. Wir bezeichnen es mit dem Begriff „Mobbing“.

Doch werden inzwischen fast alle zwischenmenschlichen Schwierigkeiten in der Arbeitswelt mit diesem Begriff umschrieben. Handelt es sich aber jedes Mal um Mobbing, wenn Personen am Arbeitsplatz schikaniert, angegriffen oder sozial ausgegrenzt werden? Damit solche Angriffe als Mobbing bezeichnet werden können, müssen sie folgende Merkmale aufweisen:

  • die Angriffe müssen sich wiederholen,
  • sie müssen regelmäßig erfolgen, zum Beispiel mehrmals wöchentlich,
  • sie müssen über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen, zum Beispiel ein halbes Jahr,
  • sie müssen irgendwann zu einer Eskalation führen und
  • den Betroffenen nach anfänglichem Widerstand in eine unterlegene Position bringen.

Abgrenzung von Mobbing und Konflikt

Wenn beide Streitparteien gleich stark sind und wenn es sich um einen isolierten Vorfall handelt, also keine Systematik erkennbar ist, liegt ein herkömmlicher Konflikt vor. Mobbing ist immer ein Konflikt, aber nicht bei jedem Konflikt handelt es sich automatisch um Mobbing.

Unterschiedliche Bereiche, in denen Mobbing stattfindet

  • Angriffe im kommunikativen Bereich,
  • Angriffe auf zwischenmenschliche Beziehungen,
  • Angriffe auf das soziale Ansehen,
  • Angriffe auf die Qualität der Lebens- und Berufssituation,
  • Angriffe auf die Gesundheit.

Im Folgenden werden diese Bereiche genauer charakterisiert.

Angriffe im kommunikativen Bereich

Der Vorgesetzte oder Kollegen

  • lassen den Betroffenen nicht zu Wort kommen oder unterbrechen ihn andauernd.
  • kritisieren ständig seine Arbeitsleistung.
  • bedrohen ihn mündlich oder schriftlich.
  • schreien ihn an und beschimpfen ihn.
  • verweigern direkt oder indirekt den Kontakt mit ihm.

Angriffe auf zwischenmenschliche Beziehungen

  • Vorgesetzte und/oder Kollegen sprechen nicht mehr mit dem Betroffenen und/oder er lässt sich nicht mehr ansprechen.
  • Vorgesetzte und/oder Kollegen schneiden ihn und behandeln ihn wie Luft.
  • Die Geschäftsleitung fordert das Kollegium auf, nicht mehr mit dem Betroffenen zu kommunizieren.
  • Die Kollegen meiden die räumliche Nähe mit dem Betroffenen. Unter Umständen wird er in ein anderes Büro oder an einen anderen Arbeitsplatz versetzt.

Angriffe auf das soziale Ansehen

Vorgesetzte und Kollegen

  • verbreiten Gerüchte über den Betroffenen.
  • machen ihn lächerlich oder beleidigen ihn.
  • unterstellen ihm, psychisch krank zu sein.
  • machen sich über eine eventuelle Behinderung lustig.
  • machen den Betroffenen hinter seinem Rücken schlecht.
  • imitieren seinen Gang, seine Stimme oder seine Gesten.
  • machen sich über sein Privatleben lustig.
  • machen sich über seine Nationalität lustig.
  • greifen seine religiöse oder politische Überzeugung an.
  • beurteilen seine Arbeitsleistung in falscher oder kränkender Weise.

Angriffe auf die Qualität der Lebens- und Berufssituation

  • Die zugewiesenen Aufgaben sind sinnlos, unter Niveau oder kränkend und erniedrigend.
  • Die Vorgesetzten weisen dem Betroffenen überhaupt keine Arbeitsaufgaben mehr zu.
  • Die zugewiesenen Aufgaben überfordern den Betroffenen, sodass sie nicht bewältigt werden können.
  • Der Betroffenen erhält ständig neue Aufgaben und/oder zu viel, um sie bewältigen zu können.
  • Umgekehrt wird ihm im Extremfall jegliche Beschäftigung am Arbeitsplatz genommen.

Angriffe auf die Gesundheit

  • Androhung von körperlicher Gewalt.
  • Anwendung „leichter“ Gewalt, dem Betroffenen einen Denkzettel verpassen.
  • Reale körperliche Misshandlung, zum Beispiel Schläge.
  • Zwang zu gesundheitsschädlicher Arbeit.
  • Sexuelle Belästigungen und Handgreiflichkeiten.
  • Beschädigung von Arbeitsutensilien oder privatem Besitz des Betroffenen, um ihn einzuschüchtern, zu verunsichern oder körperlich zu gefährden.

Am häufigsten werden Mobbinghandlungen verübt, die sich negativ auf das soziale Ansehen einer Person auswirken. Dazu gehört vor allem das Streuen von Gerüchten. Auch beliebt sind Handlungen, die die fachliche Kompetenz und die Leistungs- und Einsatzbereitschaft des Betroffenen in Frage stellen. Dann folgt oft die Verweigerung von Informationen und zuletzt Isolierung und offene Ausgrenzung.

Mobbinghandlungen auf einen Blick

  • Mobbing ist eine zielgerichtete Handlung mit dem Ziel, den Betroffenen aus der jeweiligen Firma hinauszudrängen.
  • Als Mobbing gelten Handlungen, die wiederholt, über einen längeren Zeitraum hinweg und systematisch erfolgen.
  • Mobbinghandlungen greifen unter anderem die Kommunikation, die Arbeitsbeziehungen, das Ansehen einer Person im jeweiligen Betrieb und/oder die Arbeitssituation des Betroffenen an.
  • Mobbing ist kaum messbar, da es meist verdeckt geschieht.
  • Mobbing schädigt direkt oder indirekt die Gesundheit des Betroffenen.
  • Mobbing dauert im Schnitt 15 bis 18 Monate, kann sich aber im Einzelfall auch über mehrere Jahre hinziehen.

Ist Ihnen nun klarer, ob Sie von Mobbing betroffen sind?

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