Wie eine tarifliche Ausschlussfrist gewahrt wird

In vielen Tarifverträgen ist eine Ausschlussfrist geregelt. Diese kürzt gesetzliche Verjährungsregelungen ab. Forderungen müssen innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht werden, sonst sind sie verfallen. Das LAG Rheinland-Pfalz hat entschieden, welche Anforderungen an die Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs zu stellen sind. Die Entscheidung ist positiv für Arbeitgeber.

In dem Fall des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 14.3.2013, Aktenzeichen 10 Sa 516/12) ging es um die Forderung eines Arbeitnehmers. In dem Arbeitsvertrag war ausdrücklich auf tarifliche Ausschlussfristen hingewiesen worden. In dem einschlägigen Tarifvertrag heißt es:

"Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb von zwei Monaten (bei Ausscheiden ein Monat) nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch schriftlich ab, so muss der Anspruch innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung bzw. dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht werden. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen.“

Der Anwalt des Mitarbeiters hat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem ehemaligen Arbeitgeber mitgeteilt, "…, dass eine große Anzahl ihre Abrechnungen schlichtweg falsch sind …" Konkrete Zahlen wurden allerdings nicht genannt. Der Arbeitgeber lehnte Zahlungen ab. In der Klageschrift verlangte ein neuer Anwalt des ehemaligen Mitarbeiters erstmalig konkrete Forderungen.

Das ArbG hat in erster Instanz die Zahlungsklage abgewiesen. Denn der Kläger habe seine Forderung nicht innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht. Bereits die erste Stufe der tariflichen Ausschlussfrist sei nicht gewahrt.

Hiergegen wehrte sich der ehemalige Mitarbeiter vor dem LAG Rheinland-Pfalz. Allerdings verlor er auch in der Berufungsinstanz. Die Begründung des LAG Rheinland-Pfalz ist für Arbeitgeber, deren Arbeitsverhältnisse eine Ausschlussfrist beinhalten, positiv. Nicht jede Erwähnung einer Forderung reicht danach bereits, um als Geltendmachung dieser Forderung innerhalb der Ausschlussfrist gewürdigt werden zu können.

Ausschlussfrist nur gewahrt, wenn Forderung konkret beziffert ist 

Auch die Richter am Landesarbeitsgericht waren der Auffassung, dass der ehemalige Arbeitnehmer bereits die erste Stufe der tariflichen Ausschlussfrist nicht eingehalten hat. Die Richter wiesen darauf hin, dass die Geltendmachung zur Wahrung der Ausschlussfrist eine ernsthafte Leistungsaufforderung darstellen muss. Wenn es um einen Zahlungsanspruch geht, muss der Anspruch grundsätzlich nach Grund und Höhe angegeben werden. Eine ganz präzise Benennung des Betrages sei zwar nicht erforderlich. Eine ungefähre Bezifferung sei jedoch unerlässlich.

Was für die Wahrung der Ausschlussfrist nicht ausreichend ist

Nach Auffassung der Richter ist es nicht ausreichend, wenn der Gläubiger (der Arbeitnehmer) eine "korrekte Abrechnung" verlangt oder den Schuldner (den Arbeitgeber) zum "Überdenken" oder zur "Überprüfung" der Gehaltsabrechnungen
auffordert. Nur ausnahmsweise kann von einer Bezeichnung der Höhe des
geforderten Betrages abgesehen worden. Dies ist dann der Fall, wenn dem
Arbeitgeber die Höhe eindeutig bekannt ist oder für ihn ohne Weiteres
berechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung davon erkennbar ausgeht.

Tipp für Arbeitgeber

Wenn Ihnen eine in diesem Sinne nicht ausreichend präzise "Geltendmachung" vorgelegt wird, haben Sie grundsätzlich zwei Möglichkeiten zu reagieren:

Entweder Sie weisen den Arbeitnehmer darauf hin, dass seine Forderung nicht präzise genug geltend gemacht wurde oder Sie warten schlicht ab. Aus taktischen Gründen wird in der Regel der zweite Weg besser sein. Denn es ist Sache des Mitarbeiters, seine Forderungen ausreichend klar geltend zu machen. Sie müssen ihn nicht drauf hinweisen, dass er dies bislang versäumt hat. Weisen Sie darauf hin, so riskieren Sie, dass der Mitarbeiter seine Forderung noch innerhalb der Ausschlussfrist entsprechend ergänzt.