Weihnachtsgeld: Wann haben Mitarbeiter einen Anspruch? (Teil 1)

Entgegen einer immer wieder gehörten Meinung haben Mitarbeiter keinen automatischen Anspruch auf Weihnachtsgeld. Erforderlich ist für die Zahlung von Weihnachtsgeld eine sogenannte Anspruchsgrundlage. Diese drei Anspruchsgrundslagen für Weihnachtsgeld sollten Sie kennen.

In vielen Unternehmen steht die Entscheidung an, ob in diesem Jahr Weihnachtsgeld gezahlt wird. Nicht in jedem Fall ist es den Unternehmen möglich, Weihnachtsgeld zu zahlen. Aber Sie sind auch nicht in jedem Fall dazu verpflichtet.

Weihnachtsgeld aufgrund eines Tarifvertrages
In vielen Tarifverträgen, insbesondere auch in sog. Manteltarifverträgen, finden sich Bestimmungen über die Zahlung von Weihnachtsgeld. Sofern der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, müssen Sie unter den dort genannten Voraussetzungen das Weihnachtsgeld in der im Tarifvertrag bestimmten Höhe zahlen. Prüfen Sie dazu insbesondere folgende Punkte:

  1. Ist der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis überhaupt anwendbar (beidseitige Tarifbindung, Allgemeinverbindlicherklärung (AVE), Verweis im Arbeitsvertrag)?
  2. Zählt der Mitarbeiter zu den Arbeitnehmern, die laut Tarifvertrag einen Anspruch auf das Weihnachtsgeld haben? Prüfen Sie dazu insbesondere im Tarifvertrag definierte Wartezeiten oder Stichtage (es erhalten nur solche Arbeitnehmer Weihnachtsgeld, die am… im ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen).
  3. Für welche Zeiträume erhalten Mitarbeiter Weihnachtsgeld? Achten Sie dabei besonders auf Wartezeiten und Zeiten von ruhenden Arbeitsverhältnissen (z. B. Elternzeiten), für die Sie möglicherweise nicht zahlen müssen.
  4. Gibt es eine Klausel, wonach in schlechten wirtschaftlichen Zeiten Weihnachtsgeld nur gekürzt oder gar nicht gezahlt werden muss? Liegen die Voraussetzungen dieser Kürzung / Streichung tatsächlich vor?

Weihnachtsgeld aufgrund des Arbeitsvertrages
Wenn Sie Weihnachtsgeld nicht aufgrund einer tarifvertraglichen Regelung zahlen müssen, prüfen Sie auch, ob Sie möglicherweise zur Zahlung durch den Arbeitsvertrag verpflichtet sind. Ist das dort bestimmt, kommen Sie an der Zahlung nicht vorbei. Die oben unter 2. und 3. genannten Aspekte gelten entsprechend.

Weihnachtsgeld und Freiwilligkeitsvorbehalt
Sie sind mit einem klaren und verständlichen Freiwilligkeitsvorbehalt in einem Formulararbeitsvertrag, der einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig ausschließt, grundsätzlich in der Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen Sie zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung wie Weihnachtsgeld gewähren.

In vielen Arbeitsverträgen finden sich daher Klauseln, wonach es sich bei diesen Zahlungen um eine freiwillige Leistung handelt, aus denen auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch entstehen soll. Das ist zulässig wie das BAG z. B. im Urteil vom 30.7.2008, Az.: 10 AZR 606/07, entschieden hat.

Allerdings kommt es für die Wirksamkeit der Verpflichtung, Weihnachtsgeld nur freiwillig zu zahlen, entscheidend auf die konkrete Formulierung an. Das BAG hat in dem o. g. Urteil folgende Klausel für nicht eindeutig und damit unwirksam gehalten.

“§ 5 Sonstige betrieblichen Leistungen 

Der /Die Angestellte erhält Weihnachtsgratifikation in Höhe des Bruttogehaltes / nach den tariflichen Bestimmungen 3 / nach den betrieblichen Vereinbarungen 3 / als betriebliche Leistung mit Rechtsanspruch 3 . Ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation besteht nicht. Wird eine solche gewährt, stellt sie eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers dar 3 .

2   In Betracht kommen Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Fahrgelderstattung, Essenszuschuß, Ertragsbeteiligung, Altersversorgung, Wohngeld.

3   Nichtzutreffendes streichen."

Diese Klausel ist nach Ansicht des BAG nicht klar und verständlich im Sinne des in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerten Transparenzgebots, soweit sie einerseits einen Anspruch der Klägerin auf eine Weihnachtsgratifikation in Höhe ihres Bruttogehalts begründet, andererseits einen solchen Anspruch ausschließt. Im Ergebnis besteht dann ein Anspruch auf Weihnachtsgeld.

Weihnachtsgeld kraft Gewohnheitsrechts / betrieblicher Übung
Aber auch, wenn Sie weder durch einen Arbeitsvertrag noch durch einen Tarifvertrag zur Zahlung verpflichtet sind, können Sie sogar ohne schriftliche Regelung zur Zahlung von Weihnachtsgeld verpflichtet sein. Anspruchsgrundlage für das Weihnachtsgeld ist dann die sog. betriebliche Übung, eine Art arbeitsrechtliches Gewohnheitsrecht.

Anspruch auf Weihnachtsgeld bei dreimaliger vorbehaltloser Zahlung
Unter einer betrieblichen Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen Ihre Arbeitnehmer schließen können, dass ihnen eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden solle.

Ob eine für Sie bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Weihnachtsgeld an Ihre Arbeitnehmer entstanden ist, muss deshalb danach beurteilt werden, inwieweit diese aus Ihrem Verhalten unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf Ihren Bindungswillen schließen durften.

Für jährlich an die gesamte Belegschaft gezahlte Gratifikationen besteht die Regel, dass eine dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt (ständige Rechtsprechung, z. B. BAG vom 28.Juni 2006, Az.:10 AZR 385/05).

Allerdings können Sie die Entstehung einer solchen betrieblichen Übung vermeiden, indem Sie im Arbeitsvertrag eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Leistung von Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld ohne rechtliche Verpflichtung erfolgt. Dies genügt § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB mit der Folge, dass kein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf solche künftige Leistungen entsteht.

Ergänzend sollten Sie bei der Zahlung darauf hinweisen, dass diese "freiwillig und ohne Rechtsanspruch für die Zukunft“ erfolgt. Diesen Hinweis können Sie z. B. in die Gehaltsabrechnung aufnehmen.