Was Stellenanzeigen über das ausschreibende Unternehmen verraten

Ähnlich, wie sich aus der Zeugnissprache bestimmte Beurteilungen herleiten lassen, so haben auch Bewerber bei der Sichtung von Stellenanzeigen die Möglichkeit, implizite Hinweise auf das Unternehmen und die dort vorherrschende Kultur und die Arbeitsbedingungen zu finden. Welche Formulierung welche Bedeutung hat, lesen Sie im nachfolgenden Artikel.

Unbedingter Wille zum Erfolg

Diese Formulierung findet sich oft bei Ausschreibungen für Call Center, Außendienstmitarbeiter und vielfach leider auch bei nicht näher spezifizierten Stellenausschreibungen, bei dem es vermutlich um den Verkauf von Lifestyle-Produkten geht (Haustürgeschäfte, Drückerkolonnen). Die Formulierung "Unbedingter Wille zum Erfolg" bedeutet entweder, dass Sie ein sehr niedriges Grundgehalt bekommen, das Sie nur über Provisionen angemessen aufstocken können. Mit anderen Worten: Nirgendwo sonst werden Sie für so wenig Geld so viel arbeiten können.

Jung, sofort abkömmlich – bisheriger Werdegang unwichtig

Meist verraten solche Unternehmen noch nicht einmal ihren Namen, sondern geben lediglich eine Telefonnummer und/oder den Namen eines Ansprechpartners an. Hier versuchen Drückerkolonnen und andere unseriöse Stellenanbieter häufig, sich die Not Arbeit suchender (junger) Menschen zunutze zu machen. Jeder halbwegs seriöse Arbeitgeber hat bestimmte Anforderungen an seine Mitarbeiter, deshalb sollten Sie von solchen Anzeigen von vornherein die Finger lassen.

Ein ausgeprägtes Organisationstalent

Diese Umschreibung findet sich häufig bei Sekretariats- oder Assistenzstellen und umschreibt dezent, dass Sie entweder hauptsächlich für die Reiseplanung/Terminkoordination Ihres Chefs verantwortlich sind oder dass Ihre Hauptaufgaben in Ablage und Registratur bestehen. 

Du bist jung, freundlich, redegewandt? bzw. Wir suchen Kommunikations- und Vertriebstalente!

Meist werden solche Anzeigen von unseriösen Call Centern geschaltet, in denen der Stelleninhaber den Angerufenen in aufdringlicher Weise nutzlose Produkte aufschwatzen soll, notfalls auch mit verbaler Manipulation ("Sie möchten doch auch zu den Ersten gehören, die das Produkt XY ins Haus geliefert bekommen, oder?" oder "Auch Sie haben doch Wünsche und Träume – die können Sie sich erfüllen, wenn Sie sich für nur 5 EUR im Monat bei unserer Gewinnspiel-Hotline registrieren lassen!").

Es ist Call Centern zwar mittlerweile verboten worden, wahllos Menschen zu kontaktieren, zu denen vorher keine Geschäftsbeziehung bestanden hat, aber viele Call Center setzen sich leider einfach darüber hinweg.

Sie wollen sich verändern? – Nicht nötig, wir wollen Sie so, wie Sie sind!

…Aber nur, wenn Sie auch zu den oben bereits erwähnten Kommunikations- und Vertriebstalenten gehören, die notfalls auch ihre eigene Mutter an den Teufel verkaufen würden.

Appelle an die soziale Ader des Lesers

Vielfach versuchen manche Sozialverbände oder Tierschutzvereine haupt- und nebenberufliche Mitarbeiter zu gewinnen und appellieren an die Tier- und Nächstenliebe, gerade im Bereich Senioren und behinderte Menschen. Meist werden jedoch eher Stellen für Scheinselbstständige angeboten, d. h. der Bewerber würde zwar im Namen des Verbandes oder Verein tätig und wäre auch weisungsgebunden wie bei anderen Arbeitsverhältnissen auch, aber er hätte im Gegensatz zu "echten" Selbstständigen keine Möglichkeit, Preise und Honorare für die eigene Tätigkeit selbst festzulegen.

Um das Ansinnen der Scheinselbstständig zu verschleiern, bei denen sich der betreffende Verband dann die Sozialabgaben für den Arbeitnehmer sparen würde, werden solche Stellen häufig als zweites berufliches Standbein oder Zuverdienst deklariert.

Bis 5.000 EURO nebenberuflich möglich!

Auch bei solchen Annoncen versuchen unseriöse Stellenanbieter, potentielle Opfer durch das Versprechen unrealistisch hoher Verdienstmöglichkeiten zu gewinnen. 5.000 EUR brutto verdienen viele Angestellte noch nicht einmal hauptberuflich, also kann von solchen Zahlen bei einem Nebenerwerb schon mal gar nicht die Rede sein. Meist wird auch in der Anzeige nicht näher spezifiziert, was das Unternehmen eigentlich anbietet.

Sollte es später zu Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Unternehmen kommen, weil der Angestellte nicht einmal annähernd den o. g. Betrag erwirtschaften konnte, versuchen solche Unternehmen sich damit rauszureden, dass in der Überschrift stand "bis 5.000 EUR"; schließlich wäre es dann nicht die Schuld der Firma, wenn ihr Mitarbeiter weit unter diesen Möglichkeiten geblieben ist.

Bei Anzeigen mit solchen Überschriften lohnen sich generell weder Telefon- noch Portokosten – egal, wie groß der Wunsch nach einem neuen Arbeitsplatz und einer finanziellen Verbesserung der eigenen Situation ist.