Was Sie zur Höhe von einer Vertragsstrafe bei Kündigungen wissen sollten

Der Fachkräftemangel ist in aller Munde. Daher überlegen immer mehr Arbeitgeber, wie sie insbesondere Mitarbeiter auf Schlüsselpositionen an das Unternehmen binden können. Neben attraktiven Leistungen bieten auch Regelungen zu einer Vertragsstrafe hierfür Möglichkeiten. Das LAG Schleswig-Holstein hat den Spielraum für Sie als Arbeitgeber bei der Höhe der Vertragsstrafe gerade neu definiert. Lesen Sie hier mehr.

Keine Vertragsstrafe ohne vertragliche Grundlage

Zunächst ist es für Sie wichtig zu wissen, dass die Vertragsstrafe eine vertragliche Grundlage benötigt. Damit verpflichtet sich der Arbeitnehmer bei bestimmten Verstößen einen im Vorhinein definierten Schadensersatz (Vertragsstrafe) an Sie zu zahlen. Für Sie hat das den Vorteil, dass Sie nicht im Einzelnen nachweisen müssen, in welcher Höhe ein Schaden entstanden ist.

Keine Vertragsstrafe ohne vertragliche Grundlage

In dem Fall des LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 28.02.2012 – 1 Sa 235 b/11) sah der Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafe für den Fall vor, wenn der Arbeitnehmer die Kündigungsfrist nicht einhielt. Diese Regelung war wie folgt formuliert:

§ 9 Vertragsstrafe
Im Falle der vertragswidrigen Beendigung des Anstellungsverhältnisses ist die Gesellschaft berechtigt, eine Vertragsstrafe in Höhe von 2 Monatsgehältern nach § 3 Abs. 1 zu verlangen. Darüber hinaus ist die Gesellschaft berechtigt, auch einen weitergehenden Schaden geltend zu machen.

§ 10 Beendigung des Anstellungsverhältnisses
(1) Die Kündigungsfrist beträgt 30 Tage zum Monatsende. Verlängert sich die vom Arbeitgeber einzuhaltende Kündigungsfrist kraft Gesetzes, so gilt dies auch für eine Eigenkündigung von ….

Der Arbeitnehmer war als Vertriebsleiter und rechte Hand der Geschäftsführung eingestellt. Er hatte Prokura. Zu seinen Aufgaben zählten die Kundenbetreuung und die Neukundenakquise, die er maßgeblich steuerte. Das seit 2004 bestehende Arbeitsverhältnis beendete er durch Eigenkündigung zum 31.10.2010 unter Einhaltung einer 30-tägigen Kündigungsfrist. Der Arbeitgeber verlangte daraufhin eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei Monatsgehältern und bekam von den Richtern am Landesarbeitsgericht Recht.

Höhe der Vertragsstrafe = Länge der Kündigungsfrist

Als allgemeine Grenze für die Höhe der Vertragsstrafe gilt die Länge der Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses. Darüber hinausgehende Vertragsstrafen sind grundsätzlich unzulässig. Dieser Grundsatz würde dazu führen, dass in dem konkreten Fall die Vertragsstrafenregelung unwirksam gewesen wäre. Denn die Kündigungsfrist hätte nur 30 Tage betragen, die Vertragsstrafe sah aber zwei Monatsgehälter vor.

Nach diesem Grundsatz wäre nur maximal ein Monatsgehalt als Vertragsstrafe zulässig gewesen. Die Richter folgten dem Argument nicht. Sie stellten zunächst fest, dass aufgrund der Betriebszugehörigkeit die Kündigungsfrist verlängert gewesen ist. Die Einhaltung einer nur 30-tägigen Kündigungsfrist war daher vertragswidrig und geeignet, die Vertragsstrafe fällig zu stellen. Auch gegen die Höhe der Vertragsstrafe hatten die Richter keine Bedenken.

Eine höhere Vertragsstrafe ist ausnahmsweise dann zulässig, "wenn das Sanktionsinteresse des Arbeitgebers im Falle der vertragswidrigen Nichterbringung der Arbeitsleistung vor der rechtlich zulässigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der Arbeitsvergütung bis zur vertraglich zulässigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses dokumentiert, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt."

Übersetzt bedeutet das, dass Sie eine höhere Vertragsstrafe verlangen dürfen, wenn Sie aufgrund außergewöhnlicher Umstände ein besonderes Interesse daran haben, dass der Mitarbeiter seine vertraglichen Pflichten erfüllt.

Diese Argumente waren entscheidend

Das nahmen die Richter in dem Fall des LAG Schleswig Holstein an. Denn für den Arbeitgeber war es entscheidend jederzeit einen qualifizierten Vertriebsleiter zu beschäftigen, da er als Dienstleistungsbetrieb im Bereich der Logistik im besonderen Maße von der Erbringung dieser Arbeitsleistung abhängig ist. Dementsprechend ist es für den Arbeitgeber wichtig, dass ein neuer Vertriebsleiter umfangreich eingearbeitet wird.

Anderenfalls droht der Verlust von Kunden durch Abwanderung zu Mitbewerbern. Kundenkontakten und Kundenpflege sind wichtig, so dass ein neuer Vertriebsmitarbeiter in jedem Fall zunächst einmal bei den bestehenden Kunden eingeführt werden muss. In diesem Zeitraum ist der Arbeitgeber typischerweise auf die weitere Tätigkeit des bisherigen Vertriebsleiters angewiesen.

Da der Vertriebsleiter derjenige ist, der maßgeblich für den Umsatz des Arbeitgebers verantwortlich ist, droht bei dessen Ausscheiden stets ein massiver Umsatzverlust.

Worauf Sie bei einer Vertragsstrafe unbedingt achten sollten

  • Vereinbaren Sie eine Vertragsstrafe immer schriftlich.
  • Regeln Sie eindeutig, in welchen Fällen die Vertragsstrafe fällig wird.
  • Wenn es um die Vertragsstrafe wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist geht, ist grundsätzlich die Vertragsstrafe analog zu der Kündigungsfrist zu bemessen.
  • Nur ausnahmsweise ist bei besonders wichtigen Mitarbeitern eine höhere Vertragsstrafe zulässig. Hier sollten Sie sich im Einzelfall beraten lassen. Denn wenn Sie eine zu hohe Vertragsstrafe vereinbart haben, ohne dass die Voraussetzungen dafür vorliegen, führt das nicht dazu, dass die Vertragsstrafe reduziert wird. Vielmehr ist die gesamte Vertragsstrafenregelung unwirksam.