Was sagt die Fluktuationsquote eigentlich aus?

Mit der Fluktuationsquote wird ermittelt, wie hoch der Anteil der Mitarbeiter ist, der im Vergleich zur duchschnittlichen Belegschaft jährlich das Unternehmen verlässt. Bei aller Detailgenauigkeit, die zur Ermittlung notwendig ist, wird oft nicht gesehen, dass die Aussagekraft dieser Kennzahl doch recht beschränkt ist.

Ein oft gehörter Kritikpunkt am Personalcontrolling ist, dass es meist nur Vergangenheitsdaten aufbereitet und dadurch keine Steuerungsimpulse liefert. Natürlich muss sich das Personalcontrolling an Daten halten, die in der Vergangenheit entstanden sind, die "hohe Kunst" besteht jedoch darin, aus ihnen zukunftsorientierte Steuerungshinweise abzuleiten. Die Fluktuationsquote ist dafür denkbar ungeeignet.

Zwar kann aus den Fluktuationsquoten der vergangenen Jahre mit einiger Unsicherheit eine Prognose für das laufende Jahr oder das Folgejahr abgeleitet werden. Diese Ableitung basiert jedoch dann auf Daten, die wiederum ihre Ursache viele Monate vor ihrer Entstehung hatten. Konkret: Wenn ein Austritt wirksam wird –also in die Fluktuationsquote einbezogen wird- hat eine lange Prozesskette ihren Abschluss gefunden. Vor dem Austritt steht die Kündigung mit entsprechender Kündigungsfrist.

Davor existiert eine Zeit der beruflichen Neuorientierung bis zum Kündigungsentschluss. Und bis zu dieser Entscheidung, sich neu zu orientieren, haben die eigentlichen Auslöser schon mindestens einige Monate gewirkt. Bei durchschnittlichen Erhebungszeiträumen und Kündigungsfristen kann man davon ausgehen, dass zwischen Ursache und Wirkung ein Zeitraum von bis zu zwei bis drei Jahren liegen kann. Will man dann allen Ernstes noch aus der Fluktuationsquote einen Rückschluss auf die derzeitige Motivationslage ziehen?

Anhand eines Beispiels soll dies verdeutlicht werden:

Januar 2005: Ein Mitarbeiter empfindet die Führungssituation zunehmend als unangenehm und leidet unter dem Arbeitsdruck.

Juni 2006: Er beschließt, dass es so nicht weitergehen kann, studiert den Arbeitsmarkt und bewirbt sich.

Oktober 2006: Er hat eine neue Stelle gefunden und kündigt sein Arbeitsverhältnis. Seine Kündigungsfrist beträgt ein halbes Jahr zum Quartalsende.

Juni 2007: Er tritt aus dem Unternehmen aus

Januar 2008: Die Fluktuationsquote für das Jahr 2007 wird ermittelt. Die Ursache für die in ihr enthaltenen Daten sind drei Jahre alt.

Mit diesem deutlichen, aber nicht praxisfernen, Beispiel sollte sichtbar werden, dass man andere Indikatoren suchen muss, wenn man Informationen für motivationsbedingte Austritte sucht. Eine Fluktuationsquote erlaubt solche Aussagen nicht. Besser geeignet sind hier beispielsweise zeitnah durchgeführte und ausgewertete Befragungen (Mitarbeitermeinungsumfragen) oder die Verwendung von Kündigungseingangsdaten statt der Austrittsdaten (bei langer Kündigungsfrist gewinnt man hier bereits ein halbes Jahr).

Natürlich ist es weiterhin legitim, Fluktuationsquoten zu ermitteln. Wichtig ist nur, dass man sich über die Begrenztheit ihrer Aussage und über Gestaltungsmöglichkeiten und Alternativen klar ist.